Cultura | Salto Gespräch

"Man muss es versuchen"

Der Schriftsteller Kurt Lanthaler hat ein Buch über Südtiroler Sagen herausgebracht. Salto hat nachgefragt und kecke Antworten erhalten. Und eine Hörprobe.
Kurt Lanthaler
Foto: Gregor Khuen Belasi

Salto.bz: Sie feiern übermorgen, am 9. November, Ihren Geburtstag. Was wünschen Sie sich?

Kurt Lanthaler: Wunschlose Wünsche sind die schönsten. Denk ich grad. Und Frieden & Freude (un Appelkuchen) für jedermann. Oder so.

An den 9. November 1989 können Sie sich bestimmt gut erinnern, es fiel die Berliner Mauer. Welche Erinnerung haben Sie an diesen "Fall"?

Nur die besten. Ich saß in Berlin. Und hab erst am 10.11.1989 um ca 14:00 Uhr vom "Fall der Mauer" vernommen.

Sie haben im Folio Verlag das Sagenbuch "Der Nörgg, das Purzinigele und die Nichte der Nixe" herausgegeben. Welche der am Titel genannten Figuren ist Ihnen die liebste?

Normalerweise frage ich journalistisch zurück: "Haben Sie Kinder? Lesen Sie die Bibel (1. Buch der Könige, 3,16–28)?" In Ihrem Falle, Herr Hanni, da Sie mir als ernsthafter Mensch bekannt sind, antworte ich gern differenzierter. Mit : "Alle." Aber recht eigentlich: Die Nichte der Nixe.

 

In Ihrem Buch erzählen Sie alte Sagen neu. Wie neu können alte Sagen erzählt werden? 

Man muss es versuchen. (Zumal, wenn einem der geschätzte FolioVerlag den Auftrag dazu gibt.) Und dann wird man sehen. Im Grunde ist es nicht anders als immer: Es geht darum, Geschichten zu erzählen. Munter (und poetisch und wild) drauflos.

Einige der Sagen im Buch sind von Ihnen erdacht, beruhen also nicht strikt auf wahren Begebenheiten. Oder doch? Wahrheit oder Fake?

Bin grad nicht verfügbar, wenn es darum geht, "fake" und "wahr" zu definieren. Überlass ich gern anderen. Denen mit dem Wahrheits/Wahnsinns-Pachtschein. Als Lyriker kann man sich keinen Pachtzins nicht leisten. Man wildert, im Revier. Bei offenem Visier.

Falls sie gut sind, die Geschichten als solche, so im Allgemeinen, bringen sie auch immer wieder etwas Un-Heimliches mit sich. Meno male.

Wie ist die Sicht des Sagenerzählers auf Begriffe wie Glaubwürdigkeit, oder Echtheit?

Gibt es alles nicht. Wer sowas will, soll dem Karl den Felix den Wolff sein Zeuchs lesen. (Verbrecher, der. Hat die "Original"materialien verschwinden lassen. Auf daß sein Ingenium umsomehr erstrahle. Tsss.) Und überhaupt: Man lese (& Glückwunsch im Nachhinein) das, was Ulrike Kindl ebenso präzise wie scharf zu dem KFW seiner "Nationwerdung" herausgearbeitet hat, bei Gelegenheit mal nach.

 

Was unterscheidet die griechische Sagenwelt von jener der Alpen? Sie kennen beide Gegenden sehr gut…

Es finden sich ja, zumal in den heroisch/verklärenden Jahrzehnten 1880-1999 veröffentlichten "Sagen", regelmäßig Passagen (und also Schreibhaltungen), die Ausdruck von Klassenkampf (von Oben) und Missionierung (von sonstwo) sind: Alles nichts als ein einziger erhobner Finger. Dem kann man, wohlgemuth, den Nastra­din Chotzas entgegen setzen; einer Art griechischem Aberwitz-Macher. Oder eben den badiotischen Signur Mat aus unserem Folio-Band, ein vergnügter Fall von Anarchie. Wenn auch hungrig.

Welcher Sagengestalt würden Sie gerne ein Abendessen zubereiten? Und wie köstlich wäre das Mahl?

Eben dem Signur Mat. Zwei Portionen, allerdings; da dem Signur Mat jeweils auch sein Ruf vorauseilt. Und der ist auch hungrig. "Köstlich?" Fürs erste: Reichlich (wie der Piefke sagt. Respektive: Wollten.) Weil der Signur Mat hat, prëitambel, wirklichen, großen Arme-Leute-Hunger. Und dann? Tutres, eventuell.

Antrisch ist ein Begriff der im Zusammenhang mit der Neuerscheinung bemüht wird. Wie unheimlich sind die Geschichten wirklich?

Falls sie gut sind, die Geschichten als solche, so im Allgemeinen, bringen sie auch immer wieder etwas Un-Heimliches mit sich. Meno male. Gibt ja sonst nur zu lachen, in Zeiten von Pest und Cholera. Und Freiheits-Trallala. (Gehts(ch)impfen.)

Aus dem Buch

L mat e l porcel. Der Verrückte und das Schwein. Eine Hörprobe aus dem Buch. Gelesen von Kurt Lanthaler.