Società | 50 Jahre 1968

The Sound of the Revolution

Summer of Love - Der Musik der 68er in Südtirol.
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Foto: edition raetia

Im Zuge der 68er-Bewegung wirbelte mancherorts ein neuer Wind das Südtiroler Musikverständnis auf. Verantwortlich dafür war das Zusammenspiel aus Medienrevolution, internationaler Musikindustrie und neuen Reiseformen Jugendlicher. Durch die Medienrevolution konnten amerikanische Rocksongs und deutsche Protestlieder im Radio gehört werden und die Musikindustrie vertrieb die Schallplatten der großen internationalen Ikonen auch in Südtirol. Ein junger Südtiroler, der sehr früh direkt mit dem Sound der 68er in Berührung kam, war Karlheinz Ausserhofer. Mit dem ersten Freiluftkonzert holte er 1969, im Jahr des „Summer of Love“, die Festivalkultur à la Woodstock auch nach Südtirol.

 

Dass es überhaupt dazu kam, ist sicherlich seinen unkonventionellen Reisen zu verdanken, auf denen er sein Organisationstalent schulte. Daumen raus und per Autostopp weg von Sand in Taufers, weg von den Eltern, weg vom Mief der Provinz. Für die damalige Zeit vollkommen untypisch verbrachte Karlheinz Ausserhofer die Sommer von 1961 bis 1967 in Hamburg. Geld hatte er nicht viel, aber er besuchte jeden Abend den legendären Star-Club in der Nähe der Reeperbahn. Dort, wo die Beatles auftraten und Chuck Berry. Über mehrere Jahre war der britische Musiker Tony Sheridan, einer der Begründer der Beatmusik, eine feste Größe im Star-Club. Die meisten englischen Bands durften in den Kneipen ihrer Heimat nur gewisse Musik spielen und die Sperrstunden waren viel früher festgesetzt, Verdienstmöglichkeiten gab es dort kaum. Damit sie erfolgreich werden konnten, mussten sie auch auf dem Kontinent Fuß fassen, und das geschah meist über Hamburg. Ausserhofer war erst 16 Jahre alt, als er in Hamburg Starluft schnupperte und Tony Sheridan live erlebte. Nachdem er in der Hafenstadt die großen Bands gehört hatte, kam er nach Bozen zurück und stellte fest, dass die deutschsprachigen Südtiroler eigentlich noch keine Musikszene hatten. Also fing er an, erste Nachmittagskonzerte im Circolo Stampa unter den Bozner Lauben zu organisieren. Die Gäste dafür sammelte er in der Museumstraße ein, indem er handgeschriebene Einladungen verteilte. 

 

Erste Partys: eine Sache von Kalle 

 

Interview mit Karlheinz Ausserhofer, Organisator der ersten Rockfestivals in Südtirol, heute Immobilienmakler 

 

Damit die Professoren in der Schule nicht wussten, von wem das Ganze ausging, habe ich geschrieben: „Eine Sache von Kalle“, das machte ich bei allen Plakaten. Der Name blieb mir. Den ersten großen Ball veranstaltete ich in Sand in Taufers. […] Mit The Satellites habe ich damals die Rockmusik ins Pustertal geholt, davor ist sicherlich keine Rockband hier aufgetreten. Das Ganze zog ich so provokativ wie möglich auf: Ich fragte in der Druckerei nach, was das größte Format sei, das sie drucken könnten. Das war 30x50 cm. Da ich wollte, dass der Name der Band groß draufstand, schlug ich vor, für das Plakat Quer- statt Hochformat zu verwenden. Und ich legte noch eins drauf: Wie viele Plakate würden denn durchschnittlich aufgehängt, wenn zum Beispiel die Musikkapelle einen Ball organisierte? Es hieß, etwa 20 bis 30 Stück. Ich erinnere mich, wie ich dann sagte: „Ich brauche 200.“ Der Inhaber machte große Augen und fragte, ob ich ganz verrückt sei.

 

Aber ich wollte Erfolg haben und es so machen. Als ich dann mit dem Lastwagen die Plakate verteilte, stand das ganze Tal kopf und es kursierten alle möglichen Gerüchte. Es hieß, jetzt würden die Beatles kommen usw. … Ich weiß noch, wie eine Kellnerin in einem Dorfcafé zu mir gesagt hat: „Karlheinz, wenn du wüsstest, was die Leute hier über dich erzählen, dürftest du dich nicht mehr auf die Straße trauen.“ Als dann der Ball losging, war bereits um 20 Uhr der Saal komplett voll – alle saßen schön brav an ihren Tischen. Da der Saal mitten im Dorf und im Erdgeschoss lag und die Fenster offen waren, standen die Dorfbewohner wie die Bremer Stadtmusikanten davor, um hineinzuschauen, was da passieren würde. Also fragte ich The Satellites, was denn das verrückteste Stück sei, das sie spielen könnten, und sie meinten: „Roll Over Beethoven von Chuck Berry.“ Also sagte ich ihnen, sie sollten das spielen. Sie zögerten zuerst, spielten aber dennoch gleich zum Start ihre drei rockigsten Stücke. Die Leute waren schon mal enttäuscht, weil auf der Bühne nicht die erwarteten Langhaarigen waren, sondern ganz normale Südtiroler Buben, die da brav standen und ein bisschen aufrührerisch spielten.

Beim vierten Stück sagte ich ihnen dann, sie sollten „Wohl ist die Welt so groß und weit“ spielen. Sie waren zwar verwundert, aber machten es tatsächlich. Damit war das Dorf wieder befriedet und auch die Umherstehenden zahlten den Eintrittspreis und kamen herein. Ich wollte damals mit dem Ball Geld verdienen, um meinen Eltern zu zeigen, dass es auch ohne Arbeit mit Pickel und Schaufel geht. Ich kann mich noch erinnern, wie ich nach dem Ball zu Hause auf meinem Bett das Geld zählte. Ich wusste, wie viel ich einnehmen musste, um meine Spesen zu decken. Also fragte ich meinen Vater, bevor er am Sonntag zur Frühmesse ging: „Papa, was verdient denn ein Zimmerer bei dir im Monat?“ Und er meinte: „Wenn er fleißig ist, 120.000 Lire.“ Ich entgegnete ihm dann mit Genugtuung: „Schau, ich hab letzte Nacht das verdient, was ein Zimmerer bei dir im Monat verdient.“ Das war meine Retourkutsche, weil es immer hieß, dass ich nur faul sei und nichts arbeiten würde. Er freute sich mit mir, aber wehe, wenn ich nicht Erfolg gehabt hätte. Nachdem ich dort meine ersten Erfahrungen mit den verschiedenen Genehmigungen, Meldungen und der S.I.A.E gemacht hatte, fing ich dann in Bozen damit an, Partys zu veranstalten.

 

 

Es ist eigentlich unglaublich, dass erst einer aus Sand in Taufers kommen musste, um in Bozen etwas zu organisieren. In Hamburg habe ich in den Clubs die Speaker genau beobachtet, das gefiel mir und lag mir selbst im Blut. Wenn mich jemand fragt, dann mache ich das heute noch gerne. Ich kann mich erinnern, wie mich der Roner Franz bei dem Ball in Sand in Taufers unterstützte und später in Tramin ein Popfestival veranstaltete. Da spielten vier bis fünf Bands an einem Abend und er wollte einen Speaker. Dass ich das mache, hatte sich schon herumgesprochen und ich hatte natürlich auch das entsprechende Outfit mit Sonnenbrillen usw. … Der Roner erzählte also den Mädels, dass ich schon in New York und Hamburg die Beatles angesagt hätte, und zeigte mein Foto herum. Um nicht baden zu gehen, nahm ich meine Freunde mit zum Festival und bat sie, mich anzufeuern.

Nachdem wir vor dem Auftritt beim Roner in der Schnapsbrennerei ein paar Schnäpse verkostet hatten, ging ich also mit meinem Hamburger Slang und einer Flasche Eierlikör auf die Bühne und kündigte die einzelnen Bandmitglieder an. Meine Freunde jubelten und alle anderen jubelten mit. Ich ging schließlich sogar auf die Knie, trank auf der Bühne aus der Schnapsflasche und heizte das Publikum weiter an. Auch in Brixen im Kolpingheim gab es eine Party. Ich kannte dort niemanden, aber die Veranstalter wollten mich als Speaker anstellen. Sie warteten in der Moro-Bar, unserem Treff in Bozen, auf mich und als ich kam, verneigten sie sich fast und sagten: „Grüß Gott, sind Sie der Herr Kalle?“ Ich musste lachen, schließlich war ich gleich alt wie sie. Ich sagte für ein Mittagessen zu und so wurde ich von Fete zu Fete herumgereicht. 

 

Am 16. August plante Karlheinz Ausserhofer auf dem Festplatz in Sand in Taufers das „Pop Time 69“, eines der ersten Rockfestivals in Südtirol. Die Bands, die daran teilnahmen, trugen so klingende Namen wie The Satellites aus Seis, The Monsters und The Yellow Stones aus Brixen. Ein Jahr später, 1970, organisierte er gemeinsam mit Hans Pohlin und Peter Baumgartner das „Free Festival“ auf dem Schlossberg in Bruneck. „Den Schlossberg als Location haben ja wir quasi erfunden. Das war für uns einfach der passende Ort“, erzählt Ausserhofer von einem der ersten Open Airs in ganz Oberitalien. Zwar war mit dem Festival ein Stück 68er-Flair in Südtirol zu spüren, doch nicht alle nahmen davon Notiz. Werner Menapace erinnert sich nur an eine selbst organisierte Veranstaltung in Tramin: „Ein Highlight fand am Ostermontag 1973 im Pfarrsaal von Tramin statt. Wir hatten eigentlich nur 100 Gäste erwartet, gekommen sind dann aber über 600. Auf dieser Veranstaltung haben vier bekannte Südtiroler Bands der damaligen Zeit gespielt. Generell gab es aber nur ganz sporadisch größere Veranstaltungen, eine derartige Szene gab es bei uns nicht.“ Für die Dorfbevölkerung in Tramin waren solche Veranstaltungen ein gefundenes Fressen und die Veranstalter wurden vor den Gemeinderat zitiert. Es war die Rede von Sodom und Gomorrha, besonders, weil einige die Nacht in ihren Schlafsäcken im Park beim Minigolf verbracht hatten. Drogen und Unzucht warf man der Jugend vor – kein Wunder, dass bei den Folgeveranstaltungen die Carabinieri penibel nach Verbotenem suchten. 

 

Rock in München

 

Die Musik war für 68 Aufruf, Erkenntnis, Bekenntnis und Rausch zugleich. Sie trug wesentlich zum Zusammengehörigkeitsgefühl der Generation bei und zirkulierte erstmals mit Leichtigkeit über verschiedene Ländergrenzen hinweg. Die Liedtexte sprachen den 68ern aus der Seele: „I Can’t Get No Satisfaction.“. So ähnlich könnte auch das Motto des Traminers Werner Menapace gelautet haben. Er besuchte in diesen Jahren über 300 Konzerte, die meisten davon in München, wo er studierte. Zu Hause musizierte er selbst in der Band „Bethlehem“. Mit Gleichaltrigen organisierte er Fahrgemeinschaften und oft auch Busse – die Musik, das war sein 68.

 

 

I Can’t Get No Satisfaction 

 

Der Schüler David Gurschler erzählt von der Begegnung mit Werner Menapace, Musiker und begeisterter Besucher von Rockkonzerten. 

 

Werner Menapace wurde 1950 in Tramin geboren. Ab 1960 besuchte er nach bestandener Aufnahmeprüfung neun Jahre lang das Franziskanergymnasium in Bozen. Wie die meisten Gymnasiasten, die von auswärts kamen, wohnte er unter der Woche in einem Schülerheim, weil das für die Eltern die finanziell unkomplizierteste Variante darstellte. Die fortschrittlicheren Eltern erlaubten ihren Kindern, sich in Bozen eine Wohnung zu suchen, und es gab durchaus auch Schüler, die zwischen Stadt und Wohnort hin- und herpendelten. Doch dies war eher die Ausnahme, weil die Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel noch nicht einheitlich geregelt waren. Der konservativen Einstellung der Patres entsprechend waren der Unterricht und der Alltag im Heim durch rigide Ordnung geregelt.

 

 

Neben Menapace waren unter anderen Alexander Langer, Hans Heiss und der spätere Politikwissenschaftler Günther Pallaver dort an der Schule. 1969 maturierte Menapace, das Medizinstudium in Innsbruck brach er jedoch nach einem Jahr wieder ab. In der Folge studierte er von 1970 bis 1974 in München Germanistik und Romanistik. Für ihn und seine Freunde war München zu dieser Zeit das Paradies, denn ihr gemeinsames Interesse und ihre Leidenschaft galten der Rockmusik. Bereits am Franziskanergymnasium war Werner Menapace mit der Rockmusik in Berührung gekommen, denn anlässlich einer Schülervorstellung wurde in Bozen ein zeitgenössisches Theaterstück mit moderner Musik aufgeführt. Im dazugehörigen Soundtrack war unter anderem auch „(I Can’t Get No) Satisfaction“ von den Rolling Stones zu hören. Dieses Lied löste in Menapace höchste Glücksgefühle aus und er begann, sich immer mehr für Rockmusik zu interessieren. In München besuchte er regelmäßig Konzerte der Beatles, der Rolling Stones, von Jimi Hendrix, Eric Clapton und vielen anderen bekannten Musikern der damaligen Zeit, oft sogar zwei- bis dreimal in der Woche. Heute noch hat er ein Album mit Konzertflyern, Plakaten, Eintrittskarten und Autogrammen, das die zahlreichen Konzerte dokumentiert.

 

Außer auf Live-Konzerten konnte man in den 60er- und 70er-Jahren nur im Radio oder auf Schallplatte Musik hören und so kaufte Werner Menapace bereits 1966 seine ersten Platten. Anfangs nur von den Beatles und Stones, doch mit der Zeit legte er sich eine beträchtliche Sammlung von über 1.500 LPs und Singles aller möglichen Spielarten der Rockmusik zu. Später kamen als Tonträger auch Spulentonbänder und Musikkassetten auf. Wenn Menapace mit seinen Freunden Musik im Radio hören wollte, mussten sie sich die entsprechenden Sender erst suchen. Bekannte Radiosender für Rockmusik Anfang der 70er-Jahre waren Freiheitsradio Prag, Rai-Sender Bozen (dank dessen Sendung „Über 18 verboten“) und das zweite italienische Hörfunkprogramm mit der Sendung „Bandiera gialla“. Menapace erinnert sich noch lebhaft daran, wie er zusammen mit seinen Kollegen regelmäßig Radiosendungen mithilfe eines Mikrofons aufzeichnete. Dabei mussten sie immer eine Decke über das Radio legen, um Störgeräusche zu vermeiden.

 

Die Rolle der Musik 

 

Musik hat schon damals verbunden, aber auch verschiedene Gruppierungen voneinander getrennt. Werner Menapace, der bis heute mit diversen Bands jener Jahre auftritt, beschreibt in einem Interview mit der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ aus dem Jahr 1999 sehr eindrücklich, welche Bedeutung für ihn die Musik hatte: „Dass das die famosen 68er gewesen waren – bei uns zwar mit einiger Verzögerung – erfuhren wir erst im Nachhinein von den Historikern. […] Wir lebten in der Auflehnung gegen eine Gesellschaft, mit der wir uns nicht identifizieren mochten. Ein wesentliches Kommunikationsmittel, das uns einte und mit dem Rest unserer Welt verband, war die Musik jener Zeit. […] Geblieben ist mir eine grundsätzliche Übereinstimmung mit den Ansichten und Überzeugungen von damals, eine Menge wichtiger Erfahrungen, Bezugspunkte und Beziehungen, das anhaltende Interesse für die ‚alternative Szene‘ sowie die Musik.“

Wie groß die kleine Welt in Südtirol damals sein konnte, belegen folgende Zeitzeugengespräche: Mit der Arbeitersinggruppe, die im Rahmen des SKZ entstanden war, hatte der Rocker Werner Menapace nichts am Hut. Umgekehrt verfolgen Renate Zonta und Annemarie Haas, zwei der Aktivistinnen jener Jahre, zwar noch heute die Karriere von Joan Baez, einer berühmten US-amerikanischen Folk-Sängerin der 68er-Bewegung, von den Festivals von Karlheinz Ausserhofer damals haben sie allerdings nichts mitbekommen. Die Musik jener Jahre spielte eine große Rolle für die Bewegung, wenn auch nicht für jeden der Akteure gleichermaßen und auch nicht für jeden dieselbe. Gottfried Solderer zum Beispiel war kein begeisterter Musikhörer, während Benno Simma, heute Architekt und Künstler, beide Pole miteinander vereinte: Damals war er Mitglied der Arbeitersinggruppe, aber auch begeisterter Beatles-Fan. Noch heute wirken die Einflüsse aus jener Zeit nach. So sind in seinen aktuellen Skizzenblöcken viele Spuren der 68er zu finden. Eine davon, eine kolorierte Zeichnung aus dem jüngsten Skizzenbuch Nr. 57 im Format 14 x18, heißt „Lucy in the sky with diamonds“ und ist der von ihm künstlerisch bearbeitete Titel eines Songs der Beatles. Dieser Song übte einen ganz besonderen Einfluss auf ihn aus und brachte für seine Tätigkeit als Musiker einen großen Sprung ins Neue. „Der Song stammt aus dem Jahre 1967 und da hatte ich gerade begonnen, an der Uni Venedig Architektur zu studieren und in meinen freien Stunden Gitarre zu lernen. Zudem hat das Lied irgendwie mit ‚Bewusstseinserweiterung‘ zu tun und manche sagen, dass von LSD die Rede sei …“

 

Die Arbeitersinggruppe 

 
Im Mittelpunkt der Arbeitersinggruppe, die ebenfalls in dieser Zeitspanne im Rahmen des Südtiroler Kulturzentrums gegründet wurde, stand das politische Lied. Dabei handelte es sich nicht um ein ästhetisches Kunstwerk, sondern um ein Mittel zum Zweck: um der Arbeiterbewegung zu dienen, um zu mobilisieren, um ihre Ziele aufzuzeigen und somit ihr Klassenbewusstsein zu stärken. Das SKZ gab auch Anweisungen heraus, wie man mit Volksliedern arbeiten kann. Irmtraud Mair betont dabei, dass keine Lieder mit untergeordnetem Charakter gesungen werden sollten, die die „Obrigkeit“ gerne hören würde, wie beispielsweise „Die lustigen Holzhackerbuam“. Diese würden den Berufsstand ins Lächerliche ziehen. Gesungen werden sollten autonome Lieder, die den Berufsstand stärken würden. Was die Arbeitersinggruppe neben der Ausrichtung zu einer 68er-Bewegung machte, waren der Aufbau und die Zielsetzung bei der Planung von Veranstaltungen. So war auf einem Flugzettel zu lesen, dass die Arbeitersinggruppe am Waltherplatz zu Arbeitstagen einlade; man solle seinen Schlafsack mitbringen sowie Instrumente. Über Methode und Inhalt werde vor Ort gemeinsam entschieden. Angesprochen wurden Interessierte mit „liebe Genossen“, den Abschluss des Flugzettels bildeten „liebe kommunistische Grüße“.
 
Wichtige Vertreter der Arbeitersinggruppe waren Benno Simma, Evelyn Andergassen und Richard Menghin. Angesprochen wurden Mitglieder beider Sprachgruppen. Die Lieder der Singgruppe kreideten meist konkrete Missstände an oder richteten sich gegen die Politik im Land, wie das Lied „Radikalenerlass“ verdeutlicht. Darin heißt es: 
Die feinen Hearn der Volkspartei 
dei möchtn gern wos 
dei hättn jo so furchtbar gern 
in Radikalnerloss! 
 
Und mit’n Franz Josef Strauß, 
do sein sie holt per du, 
der Brugger, der geaht ein und aus 
bei der CSU. 
Und isch dei ganze Gschicht jetzt aus, 
dann fong sie holt von vorne on! 
 
Vielleicht losst sich des mochn 
Jo so glabn sie, 
im Rahmen der Statuten 
von der Autonomie!“