Economia | Skiverbindung

Rückzug, sonst Rekurs

Die Oberländer Gletscherbahn AG fordert, den Beschluss zur Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal aufzuheben. Andernfalls zieht man vor Gericht – mit Marinzen als Vorbild.
Rendering Kaunertal-Langtaufers
Foto: Oberländer Gletscherbahn AG

Das Wort “Rekurs” wollte Paul Jakomet Mitte November nicht in den Mund nehmen – noch nicht. Schließlich hatte die Landesregierung zu jenem Zeitpunkt noch über die skitechnische Verbindung zwischen Langtaufers und dem Nordtiroler Skigebiet Kaunertaler Gletscher entschieden. Als Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahnen AG steht Jakomet federführend hinter dem – umstrittenen – Projekt, das im Februar 2016 auf den Tisch gelegt wurde.

Man wolle die Entscheidung der Landesregierung abwarten, bevor man sich Gedanken über einen möglichen Rekurs mache, sagte Jakomet im November zu salto.bz. Einen Monat später war es so weit: Nach monatelangem Hinhalten beschloss die Landesregierung am 19. Dezember, das Projekt “in dieser Form” abzulehnen, wie Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte.
Und jetzt, eineinhalb Monate später, ist das R-Wort da. In einer Aussendung schreiben die Projektträger des grenzübergreifenden skitechnischen Zusammenschlusses: “Nach ausführlicher Prüfung aller vorliegenden Unterlagen hat die Oberländer Gletscherbahn A.G. die Aufhebung des Beschlusses der Südtiroler Landesregierung zur Ablehnung der skitechnischen Verbindung Langtaufers-Kaunertal im Selbstschutzwege beantragt. Vorsorglich ist auch ein Rekurs an das Verwaltungsgericht Bozen bereits in Vorbereitung.”

 

Vom Tisch in die Schublade…und wieder heraus?

Am Dienstag habe man dem Land Südtirol den Antrag auf “Aufhebung des Beschlusses im Selbstschutzwege” zugestellt, heißt es in der Aussendung. “Im Selbstschutzwege” deshalb, da man bei der Oberländer Gletscherbahn AG überzeugt sei, dass “eindeutige und hinreichende Gründe vorliegen, welche die Landesverwaltung dazu veranlassen sollten, den Beschluss aufzuheben bzw. zurückzunehmen”. Der Beschluss der Landesregierung vom 19. Dezember weise “schwerwiegende Rechtsmängel” auf, zeigt man sich überzeugt.

Im Wesentlichen seien es zwei Bereiche, die die Oberländer Gletscherbahn AG zu diesem Schritt veranlasst hätten, erklärt Geschäftsführer Jakomet: “Zum Ersten ist es nach Ansicht unserer Rechtsexperten aufgrund von Unvereinbarkeiten zur Verletzung von Antikorruptionsbestimmungen gekommen. Zum Zweiten sehen wir in einigen Teilen der Gutachten, die im Verfahren erstellt wurden, Widersprüche und unzureichende Begründungen.”

 

Vorbild Marinzen

Sollte die Landesregierung den Beschluss zu Langtaufers-Kaunertal nicht zurückziehen, will die Oberländer Gletscherbahn AG beim Verwaltungsgericht Bozen Rekurs dagegen einlegen. Und man rechnet sich gute Chancen auf Erfolg aus. “Wir gehen davon aus, dass die Ablehnung einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten wird”, erklärt Jakomet. Und zwar, weil das Verwaltungsgericht Ende 2017 in einem ähnlichen Fall die Ablehnung einer Skiverbindung aufgehoben und das Land Südtirol zum Kostenersatz zugunsten der Rekurssteller verurteilt habe.

Dieser Fall betrifft eine skitechnische Verbindung zwischen Kastelruth und der Seiser Alm. Die Marinzen GmbH hatte eine Machbarkeitsstudie für eine Anbindung des – seit Jahren stillgelegten – Skigebietes Marinzen an das Skiegebiet Seiser Alm vorgelegt. Am 4. Oktober 2016 hatte die Landesregierung das Projekt abgelehnt. Dagegen rekurrierte die Marinzen Gmbh. Erfolgreich. Am 29. November 2017 urteilten die Verwaltungsrichter, dass der Beschluss der Landesregierung samt aller Akte und Maßnahmen – darunter Gutachten des Umweltbeirates und der Abteilung Mobilität – aufzuheben sei.

 

Verhängnisvolle Doppelrolle

Eine Begründung für das Urteil war, dass im Zusammenhang mit dem Gutachten des Umweltbeirates die Antikorruptionsbestimmungen verletzt worden seien. Konkret ging es um die Rolle von Georg Simeoni. Der AVS-Präsident hatte als solcher gemeinsam mit dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz eine Eingabe gegen die Machbarkeitsstudie der Marinzen GmbH gemacht – war dann aber “als externer Sachverständiger und effektives Mitglied des Umweltbeirates” an der Erstellung des Gutachtens beteiligt. Simeoni wäre aber verpflichtet gewesen, sich zu enthalten, so die Richter in der Urteilsbegründung: “Die unrechtmäßige Zusammensetzung des Umweltbeirates bewirkt somit die Unrechtmäßigkeit sowohl des Gutachtens, als auch der Folgeakten und wirkt sich auch auf den angefochtenen Beschluss der Landesregierung aus, die sich dieses Gutachten zu Eigen gemacht hat.”

“Dieselben Problematiken liegen unter anderem auch beim Projekt Kaunertal-Langtaufers” vor, heißt es von der Oberländer Gletscherbahn AG. Auch bei ihrem Projekt gehe es um die Figur von AVS-Präsident Georg Simeoni, seine Einwände gegen die Skiverbindung und seine Rolle im Umweltbeirat, bestätigt Paul Jakomet salto.bz. Er vermutet einen Interessenkonflikt. “Aber nicht nur”, so Jakomet und verweist auf die weiteren Begründungen für das Urteil des Verwaltungsgericht im Falle des Rekurses der Marinzen GmbH.
Der Fall Marinzen-Seiser Alm sei mit jenem von Langtaufers-Kaunertal “identisch”, steht für Jakomet fest. Er erhofft sich, dass die Landesregierung von sich aus den Beschluss aufhebt. Denn sollte es zu einem Rekurs vor dem Verwaltungsgericht kommen, rechne er sich gute Chancen auf Erfolg für die Gletscherbahn AG aus – “absolut”, nickt Jakomet.

“Wenn man eh weiß, dass man verliert, wäre es doch sinnlos, vor Gericht zu ziehen”, meint Jakomet in Richtung Land. Würde die Landesregierung ihren Beschluss aufheben, “könnten dem Steuerzahler die Kosten eines Gerichtsverfahrens, das ein Rekurs nach sich ziehen würde, erspart werden. Sollte aber der Beschluss der Landesregierung nicht innerhalb der Rekurs-Fristen im Selbstschutzwege aufgehoben werden, werden wir als Oberländer Gletscherbahn AG Rekurs vor dem zuständigen Verwaltungsgericht einreichen”, betont er erneut.