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Armut neben Freundlichkeit

Polizei, Gespräche über Dächer hinweg, Ungewissheit: Lagebericht aus einem Hotel in einem der ärmsten Bundesstaaten Indiens.
Patna
Foto: Privat

Wie (er-)leben Menschen anderswo die Corona-Krisensituation? Wir haben nachgefragt. Heute: Joachim T. aus Patna. Die 1,8 Millionen Einwohner zählende Metropole ist die Hauptstadt des Bundesstaates Bihar in Indien. Dort könnte der von der Regierung angeordnete Lockdown, der bis 14. April gilt, in den nächsten Tagen stufenweise gelockert werden.

 

Hier in Patna, Hauptstadt von Bihar (Indien) tritt die Polizei nicht wirklich aggressiv auf, normalerweise fährt sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit. Selten sieht man hier Polizeiautos. Als vor ein paar Tagen einer der Läden auf der gegenüberliegende Straßenseite die Rollos halb offen hatte, kam ein Polizist und drohte jenen im Laden mit dem Holzknüppel, bis er die Rollos wieder schloss. Als wir letztens das Hotel verließen, stand vor uns ein Bus voller Polizistinnen, einige saßen im Bus, die anderen unterhielten sich mit Bewohnern der Umgebung, uns beachteten sie kaum.

Bihar gehört zu den ärmsten Bundesstaaten von Indien, das zeigt sich auch in Patna, überall sieht man Menschen auf den Gehsteigen nur mit Decken zugedeckt schlafen. Die Regierung hat vor der Quarantäne versprochen, sich um alle zu kümmern und hier im Umkreis, wo wir wohnen, scheint es zu funktionieren. Vor unserem Hotel schlafen nach wie vor Menschen auf der Straße. Eine Ecke weiter leben ganze Familien in für mich dürftigen Unterkünften. Ich konnte beobachten, wie Polizei Essen verteilte.

Am Abend füllen sich die umliegenden Flachdächer mit spielenden Kinder und umher laufenden Menschen, die sich über die Dächer hinweg unterhalten...

Die Menschen sind zu uns, draußen wie auch im Hotel, nach wie vor sehr freundlich. Wir können zum Bazar einzukaufen oder zur Apotheke gehen, ansonsten sollten wir nicht raus. Meistens haben wir Internet und Strom. Wir sind noch fünf Gäste im Hotel (mit 105 Zimmern), wir haben Glück, dass es noch nicht geschlossen hat, wie der Rest. Die meisten Angestellten kommen aus Kalkutta. Für eine Reise von Patna nach Kalkutta braucht man eine ganze Weile und die Reise ist zur Zeit nicht möglich. Noch geht es uns gut und so wie es aussieht können wir am 15 April wieder anfangen zu arbeiten. Wir hoffen das Beste, wissen aber auch, dass sich die Situation schnell ändern kann.. Im indischen Fernsehen wird der Virus sehr thematisiert. Was anderswo in Indien los ist, bekommen wir nicht wirklich mit. Abgesehen von den Bewohnern sind die Straßen leer, am Abend füllen sich die umliegenden Flachdächer mit spielenden Kinder und umher laufenden Menschen, die sich über die Dächer hinweg unterhalten...