Politica | Landtag

Weil Menschenrechte überall gelten

...auch dort, wo die Freiheit des Einzelnen eingeschränkt wird. Die Grünen bringen ein sensibles Thema in den Landtag und fordern besondere Garantenfiguren.
Foppa, Dello Sbarba, Valcanover
Foto: Salto.bz

Den beschließenden Teil ihres Antrags haben die Grünen bewusst offen formuliert. “Wir wollen eine Reflexion und eine Diskussion über Menschenrechte anstoßen”, erklärt Riccardo Dello Sbarba. Es ist ein Thema, das in der Öffentlichkeit “so gut wie tabu” ist, das er gemeinsam mit seinen Landtagskollegen Brigitte Foppa und Hans Heiss diese Woche in den Landtag bringt. Es geht um Freiheit, um Autonomie, um Selbstbestimmung – nicht in politischer Hinsicht, sondern um die eines jeden Einzelnen. Und darum, dass das absolute Recht darauf gewahrt wird.

 

Keine Kompromisse bei Menschenrechten

“Es gibt Einrichtungen, in denen die persönliche Selbstbestimmung völlig oder zum Teil eingeschränkt wird bzw. werden kann”, ruft Dello Sbarba ins Gedächtnis. An der Spitze stehen die Gefängnisse, wo ein Gerichtsurteil die persönliche Freiheit entzieht. Aber auch in Pflegeheimen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Langzeitpflegeanstalten, Seniorenwohnheimen, Einrichtungen für psychisch Kranke oder Menschen mit Beeinträchtigung kann es zur Einschränkung der individuellen Selbstbestimmung kommen. “Das sind Strukturen, die nach einer Logik funktionieren, die Probleme beschert und allzu selten zulässt, die Stimme der Nutzerinnen und Nutzer zu hören”, zeigt Brigitte Foppa auf. Beispielhaft erinnert sie an eine Grüne Landtagsanfrage zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen von Anfang 2017. Dort würde “oft gar aus rein zeitlogistischen Gründen” Zwangssedierungen angewandt, “um den Rhythmus der Bewohner an jenen der Einrichtung anzupassen”. Das berichtete Günther Kräuter, Österreichs Volksanwalt, bei einem Besuch in Südtirol im Sommer 2016.

In Österreich ist die Volksanwaltschaft für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte zuständig. Gemeinsam mit sechs regionalen Kommissionen werden überall dort, wo es zum Entzug oder zur Einschränkung der persönlichen Freiheit kommt oder kommen kann, regelmäßig Kontrollbesuche durchgeführt: Justizanstalten, Kasernen, psychiatrische Anstalten, Alten- und Pflegeheime, Krisenzentren, Wohngemeinschaften für Jugendliche, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. “Zum Teil wurden und werden sehr schwerwiegende Verletzungen von Menschenrechten festgestellt”, weiß Foppa. Auch in Südtirol habe die Volksanwältin Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen – doch deren Interventionsmöglichkeiten sind begrenzt.

Daher schlagen die Grünen in ihrem Beschlussantrag, der diese Woche im Landtag behandelt wird und der den Titel “Menschenrechte garantieren, auch wo die Freiheit eingeschränkt ist” trägt, vor, “in Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft geeignete gesetzliche Maßnahmen in die Wege zu leiten, um die präventive Menschenrechtskontrolle für alle Einrichtungen einzuführen, in denen Menschen mit einer bestimmten Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit leben”.

Speziell für das Bozner Gefängnis fordern Dello Sbarba, Foppa und Heiss eine Anwaltschaft für Häftlinge. In Italien ist eine solche Garantenfigur als Anlaufstelle und Überwachungsorgan gesetzlich vorgesehen. Die Autonome Provinz Trient hat im Juni 2017 eine solche Stelle geschaffen, in Südtirol fehlt sie bislang. “Diese Institution hätte die Aufgabe, die Strafvollstreckung auf lokaler Ebene zu überwachen sowie die Art und Weise der Vollstreckung (…) beaufsichtigen”, erklären die Grünen in ihrem Antrag. Noch innerhalb dieser Legislaturperiode soll die Landesregierung verpflichtet werden, einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer Häftlingsanwaltschaft für das Bozner Gefängnis einzubringen, verlangen die Grünen. Wofür sie Zustimmung von Fabio Valcanover bekommen. Der Rechtsanwalt und Vorkämpfer des Partito Radicale im Trentino ist am Dienstag für die Pressekonferenz nach Bozen gekommen und betont: “Die Menschenrechte müssen überall garantiert sein.”