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Politica | Gemeindewahlen

10 Millionen Italiener an die Urnen

In fast 1000 Städten Italiens werden am Sonntag neue Gemeinderäte gewählt. Das Ergebnis könnte vor allem für Forza Italia, Lega und M5S ungünstig ausfallen

Am Sonntag sind fast 10 Millionen Italiener zu Gemeindewahlen aufgerufen. Es handelt sich um einen wichtigen politischen Stimmungstest für die in knapp einem Jahr fälligen Parlamentswahlen, von dem fast 1000 Gemeinden betroffen sind. Vier davon sind Regionalhauptstädte: Genua, Palermo, Catanzaro und L´Aquila. Weitere 22 sind Provinzhauptstädte, darunter Verona, Padua, Parma, Viterbo, Como, Görz und Alessandria.

Es steht ausser Zweifel, dass diese Kommunalwahl Auswirkungen auf die nationale Politik haben wird. Das gilt vor allem für die im Rechtsbündnis bestehenden Divergenzen und wachsenden Konflikte zwischen Lega und Fratelli d´Italia. Vieles deutet darauf hin, dass Salvinis Höhenflüge, sein Führungsanspruch im Rechtsbündnis, seine überzogene Forderung, persönlich mit Putin über den Krieg in der Ukraine zu verhandeln, einen argen Dämpfer erhalten könnten. Auch Forza Italia, für deren Parteichef Silvio Berlusconi die Staatsanwaltschaft im Ruby-Prozess letzthin sechs Jahre Haft gefordert hat, muss deutliche Verluste befürchten - was kaum verwundern kann. Dasselbe gilt für die von internen Dauerkonflikten gebeutelte Fünf-Sterne-Bewegung. Es ist keineswegs auszuschliessen, dass Melonis Fratelli d'Italia, die in Umfragen mit 21 Prozent bereits zur stärksten Partei Italiens aufgerückt sind, in den Gemeinden Norditaliens Lega und Forza Italia klar hinter sich lassen können. Symptomatisch für den Konflikt im Rechtsbündnis ist die Lage in Verona, wo der scheidende Bürgermeister Federico Sboarina, der als unabhängiger Kandidat auf der Liste von Forza Italia gewählt worden war, nun für die Fratelli d´Italia kandidiert - gegen den langjährigen Bürgermeister Flavio Tosi. Die letzthin immer deutlicher zur Schau gestellte Harmonie zwischen Salvini und Meloni ist offen demonstrierter Kälte gewichen. So erregt sich der Lega-Chef darüber, dass Fratelli D´ Ítalia in Parma nicht die Kandidatur des ehemaligen Bürgermeisters Pietro Vignali unterstützen - doch Fälle dieser Art häufen sich - etwa in Viterbo, Catanzaro, Messina und anderen wichtigen Städten: "A Parma un centrodestra compatto avrebbe vinto al primo turno", macht Salvini seinem Ärger Luft.. 

 

"L´uomo che riempiva le piazze adesso le scuota o le raffredda", frohlockt La Repubblica über Salvinis Misserfolg in Belluno, der Hauptstadt unserer Nachbarprovinz. Dort war auch Venetiens Präsident Zaia erschienen, um die Kandidatur des Bürgermeisters Oscar De Pellegrin zu unterstützen. Doch zwischen Zaia und Salvini ist längst nichts mehr wie es war.

Vieles deutet darauf hin, dass Salvinis Höhenflüge, sein Führungsanspruch im Rechtsbündnis, seine überzogene Forderung, persönlich mit Putin über den Krieg in der Ukraine zu verhandeln, einen argen Dämpfer erhalten könnten.

Zwei der wichtigsten Schauplätze dieser Wahl sind die Regionalhauptstädte Genua und Palermo. In der ligurischen Hafenstadt hat der scheidende Bürgermeister Marco Bucci gute Chancen, bereits im ersten Durchgang gegen seinen linken Herausforderer und Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Ariel Dello Strologo zu gewinnen. In Palermo kommt es zu einem offenen Duell zwischen dem parteilosen Uni-Rektor Roberto Lagalla für das Rechtsbündnis und dem Präsidenten der Architektenkammer, Franco Miceli. Auch der Fünf-Sterne-Bewegung drohen bei diesen Gemeindewahlen kräftige Verluste. Das kann nach dem internen Dauerstreit kaum verwundern. So hat der sizilianische Euro-Parlamentarier Dino Giarrusso nun die Gründung einer neuen Partei angekündigt. Und auch dem M5S-Chef Giuseppe Conte droht neues Ungemach: in den nächsten Tagen soll ein Gericht in Neapel erneut darüber entscheiden, ob Contes Führungsanspruch im M5S rechtlich haltbar ist. Eine Gruppe von Dissidenten hatte den Freispruch angefochten. Alptraum vieler Grillini sind freilich nicht nur die bevorstehenden Gemeindewahlen, sondern auch die bei der Parlamentswahl im nächsten Jahr fällige Reduzierung der Parlamentarier auf 600. Das Tagblatt La Repubblica kann die Genugtuung darüber kaum verbergen: "Tra i 5 Stelle non saranno rieletti 8 parlamentari su 10."

 

Gleichzeitiges Justiz-Referendum

 

Gleichzeitig mit der Parlamentswahl können die Wähler am Sonntag ihre Stimme auch bei 5 Volksbefragungen zu Problemen der Justiz abgeben. Dabei geht es um die Zusammensetzung des Obersten Richterrates Consiglio superiore della magistratura, dessen Wahl und die Bedingungen für entsprechende Kandidaturen sowie um getrennte Berufslaufbahnen für Richter und Staatsanwälte. Initiatoren des Referendums sind der Partito radicale und die Lega. Die Fragestellung auf den Stimmzetteln ist für Normalbürger kaum nachvollziehbar. Ein Beispiel: "Volete voi che sia abrogata la legge del 24 marzo 1958, nr. 195 (norme sulla costituzione e sul funzionamento del consiglio superiore della magistratura), nel testo risultante dalle modificazioni e integrazioni ad esso successivamente apportate, limitatamente alla seguente parte: art. 25, comma 3, limitatamente a 25 e non superiore a 50. I magistrati presentatori non possono presentare più di una candidatura in ciacuno dei collegi di cui al comma 5 in ciscuno dei collegi di cui al comma 2 dell art.23, nè possono candidarsi a loro volta?" 

Ziel des Referendums ist eine teilweise Abschaffung der Legge Severino über den Obersten Richterrat. Zu den 5 Fragestellungen erhalten die Wähler 5 verschiedenfarbige Stimmzettel. Die Initiatoren empfehlen 5 Ja-Stimmen. muss. Als wahrscheinlich gilt, dass auch dieser erneute Anlauf an der zu geringen Wahlbeteiligung scheitert.