Cronaca | Rechnungshof

Tentis Gala

Das Verfahren um die Millionen-Ausgaben zur Bewerbung Bozens zur Europäischen Kulturhauptstadt 2019 endet mit milden Urteilen. Am schwersten trifft es Katia Tenti.
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Foto: Salto.bz
Am Ende ist die Rechnung nicht allzu gesalzen.
Der Richtersenat am Rechnungshof hat gestern unter dem Vorsitz von Donata Cabras das Urteil im Verfahren um die gescheiterte Bewerbung Bozens zur Europäischen Kulturhauptstadt 2019 gefällt.
Zur Erinnerung: Das Projekt und die Idee ging vom italienischen Kulturressort aus. Die Landeshauptstadt Bozen sollte sich zusammen mit Venedig als Teil der Großregion „Triveneto“ für die Kulturhauptstadt 2019 bewerben. Während Venedig nur knapp 70.000 Euro für die Bewerbung ausgegeben hat, wurde in Südtirol ordentlich geklotzt.
Bereits im Vorfeld setzten Christian Tommasini und seine Spitzenbeamten über eine Million Euro ein, um die Kandidatur zu bewerben und der lokalen Bevölkerung und Wirtschaft schmackhaft zu machen. Am Ende aber endete das Ganze in einem Fiasko. Bozen überstand nicht einmal die Vorauswahl. Europas Kulturhauptstadt 2019 wird Matera sein.
 

Die Anklage

 
Nach mehreren detaillierten Eingaben zu den ungerechtfertigten Ausgaben trat schon bald der Rechnungshof auf den Plan. Die beiden Staatsanwälte Robert Schülmers und Alessia Di Gregorio eröffneten ein Verfahren in dem sie die unrechtmäßigen Ausgaben von rund einer halben Million Euro beanstanden.
Es geht dabei um den Auftrag an die Kulturgenossenschaft Coopertiva 19 über 309.000 Euro, einen Beitrag für Franzlab von 69.000 Euro, die Kosten für ein Beratervertrag mit dem Kultur-Organisator Peter Paul Kainrath und ein Gala-Essen im Bozner Museion organisiert von der Vereinigung Slow Food.
Die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof forderte deshalb über eine halbe Million Euro von Kulturlandesrat Christian Tommasini, seiner damaligen Ressortdirektorin Katia Tenti und den beiden Amtsdirektoren Antonio Lampis und Marisa Giurdanella plus Strafzahlungen zurück.


Das Urteil

 
Alle vier Angeklagten wurden am Freitag am Rechnungshof verurteilt. Die Thesen der Staatsanwaltschaft wurden vom Richtersenat aber nicht vollinhaltlich übernommen. Die Richter kamen zwar zum Schluss, dass die Bewerbung ein Fall von „klarer Geldverschwendung“ sei und „willkürliche, irrationale Ausgaben“ getätigt worden sind, schränkten den Schaden und damit auch die Schadenersatzzahlungen der vier Angeklagten aber deutlich ein.
Landesrat Christian Tommasini, als politisch Verantwortliche in alle Entscheidungen eingebunden, sollte laut Staatsanwaltschaft 120.000 Euro zurückzahlen. Am Ende sind es jetzt aber nur 491,51 Euro. Es handelt sich um die Spesen für ein Flugticket nach Bremen. Tommasini sollte dort das Museum für Integration besuchen, trat die Reise aber nie an. Offiziell weil der Landesrat krank wurde.
 
Auch die Anklage gegen Antonio Lampis und Marisa Giurdanella wurde deutlich abgeschwächt. Die beiden Spitzenfunktionäre im italienischen Kulturassessorat wurden verurteilt, die Kosten für ein Beraterhonorar zurückzuzahlen. Als sich das Scheitern der hochtrabenden Bemühungen bereits abzeichnete, hatte Peter Paul Kainrath einen Beraterauftrag (2.400 Euro) erhalten. Er sollte einen Weg finden, damit Tommasini & Co erhoben Hauptes aus dem Fiasko aussteigen können. Dieses Geld müssen Giurdanella und Lampis jetzt zurückzahlen.
 

Das Gala Essen

 
Deutliche härter getroffen hat es aber Katia Tenti. Die damalige Ressortdirektorin von Christian Tommasini, gegen die derzeit auch ein Strafverfahren am Landesgericht Bozen läuft, in dem sie beschuldigt wird, interne Informationen an ihren Partner dem Bozner Immobilien-Unternehmer Antonio Dalle Nogare weitergegeben zu haben, wurde zur Zurückzahlung von 50.028 Euro verurteilt.
Der Grund: Tenti hatte ein üppiges, edles Gala-Diner im Museion organisiert. Durchgeführt von der Vereinigung Slow Food sollte das Essen die Bevölkerung, Unternehmer und Entscheidungsträger für die Kandidatur sensibilisieren. Das Essen war nach den Richtern „ein opulentes und elitäres Fest, das einem beschränkten Kreis vorbehalten war.
Einer der besonderen Schönheitsfehler: Tenti hatte die Organisation des Essens und eine üppige Auftragssumme ausgerechnet der Vereinigung Slow Food übergeben, deren Vizepräsidentin die Landesbedienstete Manuela Di Quirico, eine Mitarbeiterin Tentis war.
 

Die Reaktionen

 
Die Reaktionen auf das Urteil könnten kaum unterschiedlicher sein. „Ich bin erleichtert und glücklich und ich bedanke mich bei den Richtern, weil sie den Vorsatz ausgeschlossen und die Korrektheit der Initiative anerkannt haben“, gibt Christian Tommasini auf Facebook eine recht eigenwillige Interpretation des Schuldspruches ab.
Mit dem heutigen Urteil des Rechnungshofes ist Christian Tommasini als Landesrat nicht länger tragbar“, fordert hingegen die Süd Tiroler Freiheit den Rücktritt des Landeshauptmann-Stellvertreters. Sven Knoll: „Ein Landesrat, der wegen der Verschwendung von Steuergeld verurteilt wurde, hat in der Regierung nichts mehr verloren.
 
Auch die Anwälte der Angeklagten Juri Andriollo (Tommasini), Federico Fava (Lampis) und Angelo Polo (Giurdanella) verkauften das Urteil und den Schuldspruch als Sieg. Meritorisch ist das wohl kaum haltbar. Finanziell sind diese Angeklagten aber wirklich mit einem blauen Auge davongekommen.
Das kann man von Katia Tenti nicht sagen. Fabrizia Francia, der Verteidiger Tentis, hat deshalb bereits am Freitag angekündigt, dass seine Mandantin gegen das Urteil berufen wird.