Società | Gastkommentar

Achtung ... Auferstehung

Eine kleine Bergpredigt im Tal ... ohne auch nur ein Mal das Wort Corona zu verwenden.
Osterhase
Foto: Pixabay

Ostern war so ein Datum, welches seit Wochen im Fokus stand. Christen werden es trotzdem feiern. Allerdings so wie sie es seit Menschengedenken nicht getan haben. Für die anderen ist Ostern vorläufig verschoben. Die Auferstehung auch.

Aber wir werden wieder aufstehen ... vielleicht in einer besseren Welt. Ganz so, wie wir es von vielen Zukunftsforschern oder Wahrsagern seit Wochen hören. Vielleicht aber auch nicht. Auch dieses Szenario haben die meisten Superdenker als eines von vier Möglichkeiten in ihren Prognosen vorgesehen. Ganz ehrlich und unvoreingenommen betrachtet sind alle Szenarien und Prognosen reiner Quatsch ... oder Blödsinn ... oder auch nicht.

Es wird auf uns alle – jeden einzelnen von uns – ankommen, wie das Danach aussehen wird. Wir entscheiden das. Ergo auch ich.
Die Auferstehung aus der Schockstarre wird nicht einfach sein. Wir müssen vorsichtig sein. Niemand von uns hat jemals eine derartige Erfahrung machen dürfen – in dieser Form ist das für uns alle Neuland. Selbst das Verlassen einer Haftanstalt nach dem Absitzen einer wahrscheinlich gerechten Strafe ist etwas anderes. Wir haben uns freiwillig in die eigenen vier Wände einsperren lassen. Man hat uns nicht gesagt, dass wir Buße tun sollen, man hat uns nicht gesagt, dass wir uns Gedanken über die später folgende Frei-Heit-Zeit machen sollen. Man hat uns nicht auf die Wiedereingliederung in die Welt vorbereitet.

Nehmen wir unsere Freiheit bei der Hand – ohne Handschuhe und Mundschutz.

Wie machen wir das nun? Wie „händeln“ wir diese Auferstehung? Stürmen wir danach los wie die Idioten? ... räumen Baumärkte, überteuerte Lumpenläden und Discounter leer? Oder stehen vor dem Frisör, an der Tankstelle oder gar vor der Bank in der Warteschleife? Der Ansturm in die Kirchen wird sich in Grenzen halten ... das war auch vorher schon so. Aber ich weiß, dass vielen Menschen die Gottesdienste ... das Kirchen-Gehen ... mehr gefehlt hat als Klopapier, Grappa, Germ, Putzalkohol oder Pariser.  Vielleicht werden sich diese Leute mit der sicher bald kommenden, phasenweisen Auferstehung leichter tun.

Wir sollten es langsam angehen. Überlegt, überzeugend, vernünftig ... menschlich. Unsere Psyche will vielleicht etwas anderes, aber dieser Irgendwer hat uns auch mit geistiger Vernunft ausgestattet. Auch das ist ein kleines Detail welches uns vom Tier unterscheidet. Wobei wir durchaus auch feststellen können, dass mancher Instinkt bessere Ergebnisse bringt als wir es mit unserer Vernunft imstande sind. 

Wir sollten also kleine Schritte machen, überlegen wohin der nächste Schritt uns bringt. Schauen, dass dieser standhaft ist, dass er nicht wegbricht, nicht einbricht, nicht wegrutscht. Das Ziel ist nicht der Everest, wo jeder falsche Schritt tödlich sein kann. Dort, auch weil nur ein einziger Schritt der letzte sein könnte.
Wir kennen das andere: 2 vor 1 zurück oder gar umgekehrt.

Wir haben uns freiwillig in die eigenen vier Wände einsperren lassen. Man hat uns nicht gesagt, dass wir uns Gedanken über die später folgende Frei-Heit-Zeit machen sollen. Man hat uns nicht auf die Wiedereingliederung in die Welt vorbereitet.

Oder sollten wir gar ein wenig „kürzer treten“? Nicht alles wieder so schnell wie möglich „hochfahren“ ... weil wir nicht wissen wie und wo das endet? 
Seien wir „staat“ ... ich meine nicht den Staat sondern den dialektalen, gleichlautenden Begriff. Seien wir langsam, vorsichtig, nachsichtig ... vorausschauend mit einem Blick zurück. Nachdenkend über das, was schlecht war, was wir besser machen könnten oder sogar sollten und müssten. Jeder und jede von uns. 

Lasst uns mitnehmen, was gut war, lasst uns über Bord werfen, was es nicht war. Nehmen wir unsere Freiheit bei der Hand – ohne Handschuhe und Mundschutz. Und lassen wir uns treiben mit jenem Wind in den Segeln der auf Namen wie Menschlichkeit, Gerechtigkeit oder Brüderlichkeit hört.

Ja, es ist Ostern, wir müssen jetzt auch verzeihen, jenen die Fehler gemacht haben. Wir müssen vergeben. Wir müssen auch achtsam sein. Gegenüber Tendenzen, die wir als extrem bezeichnen, gegenüber Strömungen, die jetzt leichteres Spiel haben könnten, gegenüber Marktschreiern, Populisten und falschen Priestern ... und nicht zuletzt gegenüber uns selbst, die wir so schnell und leicht aus den Schienen geworfen werden.

Wir haben noch etwas Zeit dafür, vielleicht mehr als uns lieb ist. Aber nutzen wir sie.

Es geht nur um dieses Danach, das in unser aller Hände ... oder Füße liegt.

Frohe Ostern!

 

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Martin Federspieler Dom, 04/12/2020 - 16:44

In der Hängematte zu dösen, in den wolken- und fliegerlosen Himmel zu sehen, diesen Kommentar zu lesen und darüber nachzudenken, für all das Zeit zu haben, ohne schlechtes Gewissen ....
Das wird man nachher sicher vermissen, und wir alle werden es wohl teuer bezahlen. Um so mehr sollten wir es jetzt genießen!
Toller Beitrag, Klemens :-)

Dom, 04/12/2020 - 16:44 Collegamento permanente