Ambiente | Klimawandel

Weißer als sonst

Auf Südtirols Gletschern liegt mehr Schnee als normalerweise. Der Sommer könnte die positive Bilanz aber wieder zunichte machen.
Übeltalferner (mit Baustelle am Becherhaus)
Foto: LPA/Landesamt für Hydrologie und Stauanlagen

Sie stehen in der Landschaft, scheinbar immer gleich. Doch weit gefehlt. “Gletscher sind Zeugen für das Geschehen in der Vergangenheit und lassen Rückschlüsse auf die Zukunft der Erde zu”, bringt es Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler auf den Punkt. Und wie geht es den Gletschern aktuell? Besser als in den Jahren zuvor. Denn sie haben einen guten Winter hinter sich.

 

Mehr Schnee...

 

Die neuesten Messungen des Landesamtes für Hydrologie und Stauanlagen haben ergeben: Im vergangenen Winter hat sich zwischen 10 und 30 Prozent mehr Schnee als normal auf Südtirols Gletschern angehäuft. “Die größten Überschüsse wurden zwischen der Ortlergruppe und dem Brennerpass verzeichnet, die geringsten im Bereich des Ahrntals”, berichtet Amtsdirektor Roberto Dinale.

Das hiesige glaziologische Langzeitüberwachungsnetz bilden der Langenferner im Martelltal, der Übeltalferner im Ridnauntal und der Rieserferner im Reintal. Diese drei Gletscher werden überwahcht, regelmäßig begangen und vermessen. “Die Messung der Massenbilanz der Gletscher ist aufwändig und notwendig, um den Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Klimas und dem Verhalten der Gletscher zu verstehen und dokumentieren”, erklärt der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Klaus Unterweger. “Die Gletscher der Alpen bilden einen bedeutenden Wasserspeicher. Je stärker die Temperaturen steigen, desto weiter ziehen sich die Gletscher zurück. Der Klimawandel zeigt sich im ehemals ewigen Eis deutlicher als in anderen Gebieten.”

 

 

...aber kein Grund zum Aufatmen

 

Die jährliche Massenbilanz eines Gletschers ergibt sich nicht allein aus der Winterakkumulation. Einen noch größeren Einfluss hat die Schnee- und Eisschmelze im Sommer, die von der Temperaturentwicklung in diesen kommenden Monaten abhängig ist. Länger anhaltende positive Temperaturanomalien im Juli und August wirken sich sehr negativ auf die Gletscher aus und können schneereiche Winter zunichtemachen, wie es etwa 2003 der Fall war, das als “schwärzestes Jahr für die Alpengletscher der letzten Jahrhunderte” in die Geschichte einging.

In den vergangenen 30 Jahren war die Bilanz der Gletschermassen in den Ostalpen nur ein Mal alle 10 Jahre ausgeglichen oder leicht positiv. Das entspricht einem durchschnittlichen Verlust von etwa einem Meter Eisdicke pro Jahr. “Auch in diesem Jahr sind für die Gletscher keine rosigen Prognosen möglich, aber aufgrund der auffälligen Winterakkumulationen und des relativ kalten Monats Mai ist es wahrscheinlich, dass es in diesem Jahr keine Negativrekorde auf unseren Gletschern geben wird”, meint Dinale.