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Gelegenheit macht Voucher

Ab Montag, 10. Juli, kommen die neuen Voucher zum Einsatz. Wie Familien und Betriebe sie nutzen können – und wie erste Reaktionen aus Südtirol ausfallen.
Voucher
Foto: upi

Ab heute, 10. Juli, können die “neuen Voucher” eingesetzt werden. Die Regierung hatte die alten Lohngutscheine bekanntlich abgeschafft, um ein von der Gewerkschaft CGIL erwirktes Referendum über die Streichung der Voucher abzuwenden. Im Juni haben Kammer und Senat schließlich die neuen Formen der Voucher genehmigt. Konkret wurden zwei Möglichkeiten geschaffen, um Gelegenheitsarbeit zu zu vergüten.

Wer?

Einerseits gibt es für Familien das so genannte libretto famiglia, ein “Familienbüchlein”, mit dem Dienste wie Babysitting, kleine Haus-, Reinigungs- oder Gartenarbeiten, Pflegeleistungen oder private Nachhilfestunden bezahlt werden können.
Betriebe können hingegen auf den contratto di prestazione occasionale (“Vertrag für gelegentliche Leistungen”), kurz PrestO gennant, zurückgreifen. Allerdings gibt es für Unternehmen einige Einschränkungen: Nur Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten, Freiberufler und – in Ausnahmefällen – öffentliche Verwaltungen dürfen die neuen Voucher nutzen, in der Bauwirtschaft sind sie nicht erlaubt, für die Landwirtschaft gibt es eine Sonderregelung. Dort dürfen nur Pensionisten, Studenten unter 25 Jahren, Arbeitslose und Personen, die Lohnnebenleistungen oder sonstige Zusatzzahlungen erhalten, mittels Voucher beschäftigt werden.

Wie viel?

Im Falle des libretto famiglia beläuft sich der Mindestlohn auf 10 Euro pro Stunde. Wer für ein Unternehmen arbeitet, bekommt 9 Euro pro Stunde, muss allerdings für mindestens vier Stunden an einem Tag beschäftigt werden beziehungsweise mindestens 36 Euro am Tag verdienen. In beiden Fällen – sowohl für Familien als auch für Betriebe – gilt, dass man höchstens 280 Stunden im Jahr für denselben Arbeitgeber Gelegenheitsarbeit leisten darf.

Ein Arbeitgeber darf im Jahr nicht mehr als 5.000 Euro für gelegentliche Leistungen ausgeben. Ebenso gilt für Arbeitnehmer: Sie dürfen nicht mehr als 5.000 Euro jährlich über Gelegenheitsarbeit verdienen und nicht mehr als 2.500 Euro vom selben Arbeitgeber erhalten.

Werden die 280 Stunden beziehungsweise das Limit von 2.500 Euro im Jahr überschritten, wird das Arbeitsverhältnis in eine abhängige unbefristete Vollzeit-Anstellung umgewandelt (mit Ausnahme der öffentlichen Verwaltungen).

Gefällt?

In Südtirol ist man hin und her gerissen. Höherer bürokratischer und finanzieller Aufwand und zu viele Einschränkungen sind einige der Kritiken, die von Politik und Wirtschaft an den neuen Vouchern kommen. Nichtsdestotrotz sind sie für viele ein erster Schritt, um die Gesetzeslücke, die durch die Abschaffung der alten Voucher entstanden ist, zu schließen. Während die Gewerkschafter der CGIL-Agb am 17. Juni gegen die “Wiedereinführung der Voucher” in Rom aufmarschierten, lehnen andere Gewerkschaften die neuen Regelungen nicht von vornherein ab. “Wir waren immer dafür, die Voucher nicht abzuschaffen, sondern radikal zu überarbeiten. Jetzt wurde ein Schritt getan, auch wenn es sicher noch einiges zu verbessern gibt”, sagt Toni Serafini, Landessekretär der UIL-SGK.
Die Südtiroler Senatoren in Rom bezeichnen die neuen gesetzlichen Möglichkeiten als “positiv”, auch wenn sie “sicherlich nicht ausreichend” seien, “auch weil ONLUS Vereine sie nicht in Anspruch nehmen können”, bemängeln Karl Zeller, Francesco Palermo und Hans Berger.
Aufatmen beim lvh und seinem Präsidenten Gert Lanz: “Zumindest bietet die Ersatzmaßnahme eine Möglichkeit, Mitarbeiter für kurzfristige beziehungsweise geringfügige Arbeitsleistungen auf geregelte Weise anzustellen.” Andererseits gebe es durchaus Verbesserungspotential, so Lanz, “da das neue System die Unternehmen im Vergleich zu den ursprünglichen Vouchern rund 25 Prozent mehr kostet”.
Auch aus der Handelskammer kommen bereits erste Verbesserungsvorschläge: “Die 5.000-Euro-Grenze muss angehoben und die Nutzung von den Kleinstbetrieben auf die kleinen und mittleren Unternehmen ausgeweitet werden”, fordert Handelskammerpräsident Michl Ebner. Das sieht man auch beim HGV so, der sich “wenig erfreut” über die neue Regelung der Gelegenheitsarbeit zeigt. “Für den Großteil der Gastbetriebe und Hotels ist sie nicht anwendbar”, kritisiert HGV-Präsident Manfred Pinzger. Denn die meisten beschäftigten mehr als fünf Angestellte. “Wenn ein Gastbetrieb als Ersatz für den Ruhetag des Mitarbeiters, für ein Wochenende oder für Spitzenzeiten zusätzliche Mitarbeiter für einige Stunden beschäftigen will, so können diese nicht mit der neuen Regelung für Gelegenheitsarbeiten angestellt werden.”