Politica | Wahlprognosen

Rettet Arno vor sich selbst!

Die Zahlen der letzten Umfragen von Gruber und Partner und dessen Analysen klingen ziemlich einleuchtend, aber mir fehlt da noch etwas. Wo sind die Stimmen des scheidenden Landeshauptmann hin? Wieder zurück an den PD oder PDL?
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Kann Arno Kompatscher diese Wähler, die sich der ethnischen „Lottisierung“ (ohne Grün gewählt zu haben) entzogen haben, noch halten? Hier ist angebracht einmal klar zu unterstreichen, dass diese italienischsprachigen SVPler von den eigenen Landsleuten höchstens als Opportunisten beschimpft wurden, nie als Verräter. Das ist doch interessant, oder? Würde das selbe für deutschsprachige PDler gelten? In den 80zigern war man schon ein Verräter, wenn man interethnisch dachte und grün wählte. Was denkt die große Mehrheit der SVP-Wähler dazu heute? Nach den Sel-Skandalen, nach der Postenhascher-Ära?

Dass es potentielle Protestwähler gibt, die gerade überlegen sich von der SVP abzuwenden, liegt auf der Hand. Sonst würden wir alle nicht immer von dieser absoluten Mehrheit sprechen, die es zu brechen oder zu halten gilt. Aber bis jetzt sprach man nur darüber, ob diese Wähler Blau oder Grün werden. Oder eben gar nicht wählen. Aber der SVP-Wähler ist ein sehr konkreter Mensch. Es gefällt ihm nicht, sich als oppositioneller zu fühlen. Geschweige denn, auch noch dafür lächerlich gemacht zu werden. Aber seien wir doch mal ehrlich. Für konservative, demokratiebewußte Wähler wäre es doch das beste Resultat, wenn die SVP ihre Mehrheit verliert (und eins auf die Schnauze kriegt), gleichzeitig aber sein Koalitionspartner sich stärkt und alles beim Alten bleibt.

Also, warum wählen SVP-Protestwähler nicht den PD? Frei nach dem Motto: Walsch wählen ist cool! Walsch wählen macht die Autonomie demokratisch! Natürlich müsste man unsere historische Angst überwinden. Aber vor dem eindeutigen Zusammenbruch der italienischen Nationalisten und einem entschlossen autonomistischen Wandel des Pd und der italienischen Bevölkerung in Südtirol, sollte doch zumindest schon ein kleiner Trendwechsel möglich sein.

Sogar dem Arno wäre geholfen. Er könnte endlich eine gesellschaftsliberale Politik einschlagen, die wirtschaftlich gesehen mehr Effizienz bringt, vielleicht sogar Bürokratie abbaut und dem PD mal die Schuld, mal sich selbst den Erfolg zuschanzen. Die alten SVP-Größen würden auf jeden Fall einen Teil ihrer Macht verlieren und Südtirol könnte in einer Zeit des schnellen Wandels endlich auch freie Köpfe, ohne Parteikarte oder Kader einsetzen.

Naja, vielleicht ein Bisschen zu viel Optimismus. Die Opposition braucht es in einem demokratischen System leider vielleicht doch noch … unabhängig wie es ausgehen wird.

Mal sehen, ob Gruber und Partner uns nach den Wahlen dazu Erkenntnisse liefern werden.

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Benno Kusstatscher Ven, 10/11/2013 - 09:25

Max, glaubst Du wirklich, dass viele italienische Mitbürger der SVP als Partei ihr Vertrauen schenkten? Oder war es schlicht die Person Durnwalders, die sie wählten? PD hat viele schöne Punkte im Programm, die sie auch für deutsch- und ladinischsprachige Wähler wählbar machen. Nur fehlt es an einem/r charismatischen Frontmann/frau, der/die als gruppenübergreifende Integrationsfigur anerkannt werden könnte. Die hiesige PD bräuchte orientierungsfeste Kaliber ala Margherita Cogo, um Deinem Vorschlag gewachsen zu sein.

Ven, 10/11/2013 - 09:25 Collegamento permanente
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Maximilian Ben… Ven, 10/11/2013 - 12:11

In risposta a di Benno Kusstatscher

Das mag schon alles sein, aber ich glaube nicht, das einige/viele Italiener nur den Durnwalder gewählt haben, sondern die SVP, also die Partei. Aber wenn die reaktionären Tendenzen ind der SVP, die Italienerfresser wieder zum Zug kommen, dann sind diese Weg. Das haben aber glücklicherweise, mehr als Notwendigkeit fast, alle begriffen.
An wen denkst du als potentiellen Frontmann im PD, der die deutschen Wähler nicht verschrecken würde?

Ven, 10/11/2013 - 12:11 Collegamento permanente
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Maximilian Ben… Ven, 10/11/2013 - 20:05

In risposta a di Benno Kusstatscher

Dass da der Name vom Gigi fällt. Ja natürlich würde so eine Sympatiefigur, mit seinem angenehmen dialktalen Einfluss, viele Ängste nehmen. Aber es muss nicht unbedingt so gehen. Ich traue meinen deutschsprachigen Landsleuten, besonders den Jüngeren (von 45 abwärtz) zu, dass sie ausnahmsweise auch einen Italiener (zB: Palermo) oder einen Zweisprachigen (boh?) wählen könnten. Wenn es strategisch Sinn macht. Und by the way: obwohl es Zahlen gibt, die zweisprachige Familien um die 15% Schätzen, kenne jch keinen zweisprachigen Politiker (ich meine ein Kind aus sog. Mischehen). Bitte helft mir in dieser Umfrage.

Ven, 10/11/2013 - 20:05 Collegamento permanente
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Martin Geier Ven, 10/11/2013 - 18:55

Kann diesem Artikel von Max Benedikter nicht ganz zustimmen.
Sieht man sich die in der letzten ff veröffentlichten und sehr detaillierten Umfrage an erkennt man schnell daß die Arbeit der Landesregierung und speziell die Ära Durnwalder bei den Italienern Südtirols recht hoch angesehen ist. Laut ff Umfrage würden 10% der Italiener SVP weiterhin ankreuzen; mit oder ohne Durnwalder. Die desolate italienische Politlandschaft sorgt bereits seit Jahren dafür daß die Wahlbeteilung der Italiener niedriger ist als die der deutschen und ladinischen Südtiroler. Die meisten Italiener Südtirols stammen ethnisch und politisch aus 'weißen' Regionen(Trentino, Veneto, Süditalien) und sind daher im Prinzip eher moderat konservativ und katholisch; aber gerade in Südtirol haben sich die Mitte-Rechts Parteien in viele untereinander zutiefst zerstrittene Kleinparteien aufgespalten; mit der Konsequenz daß deren Appeal bei den Wählern langsam gegen Null tendiert; Stimmen wegwerfen wollen die Wähler meist nicht. Für moderat konservative und liberale italienische Wähler ist daher die SVP eine Alternative.
Zuletzt neige ich zur Vermutung daß viele Italienische Südtiroler das Projekt eines Dritten Statuts für Alle begrüßen und mit Wohlwollen betrachten; in diesem Kalkül spielt meiner Ansicht auch der Gedanke mit daß weniger rechte italienische Parteien sondern vielmehr die SVP den Rammbock gegen die deutsche Opposition bildet. In dieser Hinsicht findet mA eine politische Polarisierung zwischen Autonomie mit Drittem Statut für Alle vs Visionen und Programme der deutschen Opposition statt.
Es könnten also leicht unterm Strich mehr Italienische Stimmen werden.
Das hängt natürlich von weiteren Variablen ab. LH Durnwalder wird auch von den Italienern Südtirols sehr geschätzt zumal sie anerkennen daß er der volksnahe 'presidente di tutti' war.
Wie viele italienische Stimmen hat also die SVP dem Landesluis zu verdanken und kann Arno Kompatscher sie 'erben'? Das wird natürlich auch von seinen Äußerungen im Wahlkampf abhängen und vor allem auch davon ob, wie und wie intensiv die SVP für Italienische Stimmen werben wird.

Ven, 10/11/2013 - 18:55 Collegamento permanente
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Maximilian Ben… Ven, 10/11/2013 - 19:53

In risposta a di Martin Geier

Nicht bestreiten, dass viel Italiener Durnwalder-SVP gewählt haben und noch weiterhin mit Kompatscher SVP wählen werden. Sie haben besser als ich sehr gut die Beweggründe aufgelistet. Was ich versuchen wollte, ist zu verstehen, oder zu sugerieren, dass es auch deutsche Stimmen Richtung PD geben wird. Und zwar nicht nur, weil der PD interessante zweisprachige und deutschsprachige Kandidaten aufgestellt hat, sondern aus Protestwahl für jene die nicht blau oder grün wählen "können".

Ven, 10/11/2013 - 19:53 Collegamento permanente
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Martin Geier Ven, 10/11/2013 - 20:24

In risposta a di Martin Geier

Zustimmung. Halte das für leicht möglich. Interessant daß wiederum laut ff die Grünen und vielleichtt auch einige Kandidaten des PD für SVP Wähler 'appetitlicher' sind als bsw. Freiheitliche und STF. Das scheint auch meine These zu stützen nach der sich die Südtiroler Parteien- und nun auch Wählerschaft langsam dazu tendiert sich in Autonomisten und Sezessionisten zu teilen; meiner Ansicht ist das der Graben der Zukunft. Und nicht mehr deutsch-italienisch und weit weniger links-rechts. Das verschwimmt immer mehr.

Ven, 10/11/2013 - 20:24 Collegamento permanente