Politica | Landtag

Beleidigte Legawurst

Weil sich ihr Koalitionspartner von den Grünen brüskiert fühlt, versenkt die SVP den Antrag auf eine Anhörung zur 5G-Technologie.
Lega-Landtagsfraktion
Foto: Othmar Seehauser

Die besten Geschichten schreibt nicht immer das Leben. Sondern manches Mal die Politik. Da unterzeichnet die SVP einen Beschlussantrag im Landtag mit und signalisiert in der Person von Fraktionssprecher Gert Lanz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Geschlossenheit mit sechs Oppositionsfraktionen – und versenkt tags darauf eben jenen Beschlussantrag. Warum? Weil sich ihr Koalitionspartner auf den Schlips getreten fühlt. Denn die Lega wurde im Vorfeld nicht gefragt, ob sie den Antrag auf eine öffentliche Anhörung zur 5G-Technologie im Landtag, auch mitträgt.

 

Verdacht auf Spielchen

 

Carlo Vettori ist bereits am Dienstag Vormittag nervös. Während die restlichen Fraktionssprecher – nur Alessandro Urzì fehlt, weil er die Sache nicht unterstützen will – im Repräsentationssaal des Landtages geeint einen Beschlussantrag zur Anhörung in Sachen 5G präsentieren, versteht der Lega-Sprecher im Landtag die Welt nicht mehr. Nein, man sei nicht gefragt worden, ob man als Lega den Antrag mittragen will, sagt Vettori zu salto.bz. “Wir haben die Landtagsmehrheit über die SVP eingeladen, den Antrag mitzutragen”, meint die Ersteinbringerin des Antrags, die Grüne Brigitte Foppa, achselzuckend.

Am Mittwoch Nachmittag ist es schließlich Foppa, die die Welt nicht mehr versteht. Ihr Antrag ist abgelehnt worden – mit den Stimmen der SVP.

 

Vorausgegangen ist eine zweistündige Debatte samt zweier Unterbrechungen, in der es nicht um die Sache ging, sondern um eine beleidigte Lega, einen SVP-Fraktionssprecher, der sich “aufs Eis geführt” fühlt und eine Opposition, die sich von dem – Zitat Andreas Leiter Reber – “kleinen Theaterle” ziemlich genervt zeigt.

Es ist Giuliano Vettorato, der den ersten Akt eröffnet. Warum ist die Lega nicht eingeladen worden, den Antrag mitzuunterzeichnen, fragt der Landesrat in Richtung Grüne. “Isoliert”, “unhöflichst außen vor gehalten” fühlen sich die Leghisti. Vettori vermutet gar ein bewusstes “Spielchen, um die Mehrheit aufzumeißeln”, dass man der Lega wie in Rom ein Bein stellen wollte. Denn schließlich gehe es bei 5G um ein Thema, das “über politische Ideologien hinaus” gehe – daher habe es keinen Grund gegeben, die Lega nicht einzuladen. “Agli altri è arrivata una mail in cui si chiedeva di firmare, mentre a noi no”, beschwert sich Vettori.

 

Politisch gewollte Funkstille

 

“Jeder hat das Recht, sich Mitunterzeichner zu suchen”, kontert Brigitte Foppa, “das liegt in der Freiheit eines demokratischen Mandats”. Die Lega zu fragen sei ihr tatsächlich kein Anliegen gewesen. “Dazu stehe ich politisch”, betont die Grüne. Aber sie habe “nicht ausgeschlossen, dass die Lega unterschreibt – sie hätte über den Koalitionspartner oder sonst jemanden, der ihr nahe steht, informiert werden können”. Doch auch unabhängig davon hätte jeder spätestens seit Ende Juli Kenntnis von dem Beschlussantrag erlangen können, als das Dokument auf der Seite des Landtages veröffentlicht wurde – salto.bz hat Anfang August erstmals berichtet.

Am Ende lädt Foppa die Lega ein, den Antrag posthum zu unterzeichnen, auch die anderen Oppositionsparteien ersuchen offiziell um die Unterstützung. “Wir wollen die Lega mit dabei haben und mit ein bisschen guten Willen lässt sich das sicher aus dem Weg räumen”, versucht Sven Knoll die Wogen zu glätten. Auch Andreas Leiter Reber wendet sich an die Lega-Riege: “Ich kann euch schon verstehen, es ist nicht ganz sportlich, nicht eingeladen zu werden, aber andererseits wird den Kollegen der Lega keine Zacke aus der Krone fallen, wenn sie das einfach zur Kenntnis nehmen und den Antrag trotzdem unterzeichnen.”

Doch die Minderheit hat die Rechnung ohne die Mehrheit gemacht.

 

Schützenhilfe im letzten Moment

 

Nach einer Unterbrechung für eine Aussprache zwischen Lega und SVP kommt eine klare, gemeinsame Aufforderung: Entweder der Antrag wird zurückgezogen und erneut vorgelegt – mit der Unterschrift der Lega – oder man werde geschlossen dagegen stimmen. Ihre Unterschrift im Nachhinein unter einen Antrag setzen, der ursprünglich ohne sie eingereicht wurde, will die Lega nicht. Und bekommt dafür Schützenhilfe von ganz oben. Denn die SVP will ihren beleidigten Koalitionspartner nicht noch weiter brüskieren, indem sie für den – anfangs mitgetragenen – Beschlussantrag stimmt, Inhalt hin oder her.

“Selbstverständlich unterstützen wir das Anliegen”, meint Gert Lanz am Vortag, als der Antrag zur 5G-Anhörung den Medienvertretern präsentiert wird. Von der Nicht-Einladung der Lega will er nichts gewusst haben. Die fehlende Unterschrift hat wohl auch keinen Bedarf erweckt, beim Koalitionspartner nachzufragen. Knapp 30 Stunden später sieht Lanz “die Vertrauensbasis nicht gegeben”, um den Antrag weiterhin zu unterstützen.
“O si ritira e si rifa da capo o se no votiamo contro”, droht Vettori, wissend um die Rückendeckung der SVP. Dann ergreift der Landeshauptmann das Wort.

 

“Es war kein Zufall, dass die Lega vergessen wurde, das ist ein klares politisches Signal, eine bewusst politische Entscheidung, sie nicht zu fragen. Deshalb brauchen Sie sich jetzt nicht aufregen”, meint Arno Kompatscher scharf an Brigitte Foppa gewandt – und appelliert an die Grüne, den Antrag zurückzuziehen und mit der Unterschrift der Lega wieder vorzulegen – “sonst bezahlen Sie das Spiel, das Sie selbst spielen wollten”. Die SVP habe eine Regierungsvereinbarung mit der Lega, das Prinzip “‘mit der SVP reden wir, mit der Lega nicht’ können wir nicht zulassen”, meint ein sichtlich verstimmter Landeshauptmann.

 

Hauptsache Frieden?

 

“Wenn die SVP der Lega hier den Rücken stärken will, ist es ihre Entscheidung”, kontert Brigitte Foppa – und meint: “Wir sind hier nicht im Sandkasten, sondern erwachsene Politikerinnen und Politiker, die die Anliegen der Bürger vor die eigenen Befindlichkeiten stellen sollten.” Den Antrag zieht sie nicht zurück – “Wer sollte das einmal und Gott verstehen, wenn wir den Antrag heute zurückziehen und morgen gleich wieder einbringen? Außerhalb des Landtages wohl niemand!” – und beantragt eine namentliche Abstimmung. Die fällt deutlich aus: SVP und Lega stimmen mit 19 Nein geschlossen dagegen, die 14 anwesenden Oppositionsvertreter stimmen mit Ja.

“Die Lega hat ihr erstes Armdrücken mit der SVP gewonnen. Der Ehefrieden ist vorerst gerettet”, kommentiert Foppa zynisch. Sie spricht von einer “Machtprobe”, die Lega von “Gerechtigkeit”, die sie nun wiederhergestellt sieht.
Tatsache ist, dass sich der Landtag nicht so schnell erneut mit einer 5G-Anhörung befassen wird. Denn das Thema darf nun sechs Monate nicht mehr behandelt werden. Wer am Ende durch die Finger schaut? All jene, die sich in naher Zukunft eine objektive Informationsveranstaltung zur neuen 5G-Technologie gewünscht hätten. Denn die wartet mit ihrem Vormarsch nicht darauf, dass alle politischen Befindlichkeiten im Südtiroler Landtag befriedigt sind.

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Peter Gasser Gio, 09/12/2019 - 07:26

... da bleibt einem nur Kopfschütteln ...
„Gerangel um Positionen“ und „persönliche Befindlichkeiten“ vor notwendiger Sacharbeit. Man stelle sich vor, so würde in Unternehmen oder Ämtern gearbeitet...

Gio, 09/12/2019 - 07:26 Collegamento permanente
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Michl T. Gio, 09/12/2019 - 12:25

http://www2.landtag-bz.org/de/datenbanken/akte/angaben_akt.asp?app=idap…
da kann sich *jeder* *jederzeit* *weltweit* informieren und schauen wer den Antrag alles mitunterzeichnet hat.
Auch ein Vettorato, ein Vettori, ein Bessone oder eine Mattei. Das ist deren verdammter Job!
sich dann beim Partner SVP oder bei der Foppa direkt melden und fragen warum man nicht kontaktiert wurde ist zu viel verlangt?
Die Foppa dann die selbe Leier, auf Stur schalten bevor ihr ein Zacken aus der Krone bricht bei Neueinbringung einfach durchstimmen lassen um als harte saure Gurke dazustehen.
Aber lieber eine Machtprobe heraufbeschwören und das Thema für ein halbes Jahr aufs Eis legen. Mir stellt's die Grauspingel auf bei so viel Kindergartentum und Unprofessionalität.
Lanz und LH können einem nur leid tun zwischen den Leghisti und den Grünen so zerrieben zu werden, obwohl man mal guten Willen gezeigt und ein Thema der Opposition mittragen wollte.

Gio, 09/12/2019 - 12:25 Collegamento permanente