Ambiente | Wolkenstein

Einstimmiger Beschluss

Der Gemeinderat von Wolkenstein hat klare Vorgaben beschlossen, mit denen das geplante Speicherbecken in Frataces verkleinert werden soll. Jetzt ist das Land am Zug.
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Foto: salto
Der Bürgermeister hat ganz klar Position bezogen und das war sehr wichtig“, sagt Lukas Plancker ohne Umschweife. Der oppositionelle Gemeinderat der Ladins Dolomites hat zusammen mit seiner Listenkollegin Miram Mussner einen Beschlussantrag zum umstrittenen Speicherbecken in Frataces eingebracht.
Der Antrag wurde vor zehn Tagen einstimmig vom Gemeinderat Wolkenstein angenommen. Auch weil sich Bürgermeister Roland Demetz, die SVP und die Bürgerliste vollinhaltlich den Argumenten der Opposition angeschlossen haben. Die Willensäußerung der Gemeinde ist damit klar.
Salto.bz hat bereits vor Wochen die Vorgeschichte nachgezeichnet.
 

Lech de Frataces

 
Im Sommer 2016 wurden in Frataces mehrere Hektar Wald gerodet. Frataces ist der Flurname der Bergflanke oberhalb der Weiler La Selva, Ruacia, Dorives und Ciasla,t zwischen St. Christina und Wolkenstein. Dort will die Saslong AG ein gigantisches Speicherbecken errichten, das der Beschneiung der Weltcup-Piste dienen soll.
Doch dagegen wehren sich die Anrainer, die in den Weilern unterhalb des künstlichen Bergsees wohnen. Weil das Gebiet geologisch äußerst instabil ist, haben die Anwohner berechtigte Angst und kämpfen seit Jahren in einer Bürgerinitiative gegen das Megaprojekt.
Vor über zehn Jahren hat die „Funivie Salsong AG“ des Grödner Unternehmers mit Mailänder Wohnsitz Claudio Riffeser den Plan ins Auge gefasst, für die Pistenbeschneiung ein riesiges Speicherbecken zu errichten. 2006 reichte die Saslong AG bei der Gemeinde Wolkenstein ein Projekt ein, das den Bau eines Speicherbeckens in Frataces mit einem Fassungsvermögen von 180.000 Kubikmetern vorsah. Weil der Anrainerprotest massiv wurde, genehmigte der Gemeinderat von Wolkenstein Ende 2006 aber nur ein Speicherbecken mit einem Fassungsvermögen von 100.000 Kubikmetern
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Was das heißt, macht ein Vergleich deutlich. Das Becken ist so groß wie die halbe Bozner Altstadt. Man muss die Ausdehnung der Fläche vom Waltherplatz bis zur Streitergasse und von der Weintraubengasse bis fast zum Musterplatz hernehmen, um sich eine realistische räumliche Vorstellung zu machen.
 

Der Kompromiss

 
Die Anrainer reichten bei der Gemeinde und beim Land darauf Rekurse gegen die Bauleitplanänderung ein. Darin sind eine ganze Reihe von Einwänden gegen den riesigen Speichersee angeführt. Einwände, die genauso auch über ein Jahrzehnt später noch aktuell sind.
2012 setzte sich zwischen Liftbetreiber, Land, Gemeinde und Kritikern eine Kompromisslösung durch. Der Gemeinderat von Wolkenstein genehmigte ein Speicherbecken mit einem Fassungsvermögen von 50.000 Kubikmeter. Gleichzeitig sicherte der Direktor des Amtes für Wassernutzung Wilfried Rauter zu, dass die Saslong-Betreiber in den Stoßzeiten für die Schneegewinnung bis zu 100 Liter Wasser pro Sekunde aus dem Grödnerbach entnehmen dürfen. Es geht dabei um rund 10 Tage im Jahr.
Es wäre die Lösung gewesen, mit der alle leben könnten.
 

Geänderte Vorgaben

 
Die Saslong AG beginnt im Sommer 2016 mit dem Vorbereitungsarbeiten für den Speicherbau. Wenig später folgt dann eine unliebsame Überraschung. Am 8. November 2016 erlässt das Amt für Wassernutzung ein Dekret, das für die Saslong AG eine Wasserableitung aus dem Grödnerbach von maximal 74 Sekundenliter zwischen November und 20. Dezember und von maximal 24 Sekundenliter zwischen dem 21. Dezember bis Ende Februar vorsieht.
Spätestens damit aber ist der mühsam ausgehandelte Kompromissvorschlag gestorben.
Die Saslong AG rekurriert gegen das Dekret des Amtes für Wassernutzung und fordert die Ableitung von 150 Sekundenliter. Die Dienstellenkonferenz und die Landesregierung lehnen den Rekurs ab. Dabei kommt bei den Ämtern eine klare Vorgabe zum Ausdruck: Lieber ein größeres Speicherbecken als eine höherer Wasserentnahme. Diese Marschrichtung bestätigt auch Landeshauptmann Arno Kompatscher im Frühjahr 2017 bei einer Aussprache mit den Liftbetreibern.
Es ist der Startschuss für die Wiederauferstehung des alten Großprojekts. Die Saslong AG besteht wieder auf ihr ursprüngliches Projekt eines Speicherbeckens von 100.000 Kubikmetern. Am 26. September 2017 ändert der Gemeindeausschuss von Wolkenstein mit Beschluss 136/2017 den Bauleitplan und gibt damit grünes Licht für den riesigen „Lech da Frataces“.
 

Der Beschlussantrag

 
Die Anwohner wollen ihren Widerstand gegen das Großprojekt aber nicht aufgeben.„Es ist unschwer auszumalen, was passiert, wenn ein Mur- oder Felsabgang in das gefüllte Becken einschlägt“, sagen sie gegenüber salto.bz. Die Bürgerinitiative fordert die Umsetzung des alten Kompromissvorschlages. Ein Speicherbecken von 50.000 Kubikmetern und dazu mehr Wasserentnahme.
 
Diese Forderung hat sich nun die Liste Ladins zu Eigen gemacht. Lukas Plancker und Miriam Mussner legten auf der Gemeinderatssitzung am 29. November einen Beschlussantrag vor, der eine gemeinsame Gangart festlegen soll.
Der Kern des Antrages: Im beschließenden Teil verpflichtet sich der Bürgermeister bei den Landesämtern zu intervenieren, damit die Wasserkonzession abgeändert werde und mehr Wasser in den kritischen Tagen entnommen werden kann.
Damit geht der Ball wieder ans Land. Ob dort die eindeutige Willensäußerung der Gemeinde Wolkenstein Gehör findet, wird sich zeigen. Die zuständigen Landesämter und auch die Landesregierung müssten dazu ihre bisherige Gangart überdenken.
Das wird nicht einfach werden. Andererseits wird man sich aber auch schwer tun, den einstimmigen Beschluss eines Gemeinderates einfach zu ignorieren.