Ambiente | Nachhaltigkeit

Ladinische Premiere

Lungiarü wird Bergsteigerdorf. “Paisc dl alpinist” darf sich das Gadertaler Örtchen ab kommenden Sommer offiziell nennen. Ein Beispiel für nachhaltigen Alpintourismus.
Lungiarü im Gadertal
Foto: Tourismusverein San Vigilio-San Martin

Die Nachricht dürfte trotz Schneefalls bereits bis ins hintere Gadertal vorgedrungen sein. Abseits der großen Tourismushochburgen liegt dort, auf 1.398 Metern Meereshöhe, das kleine Örtchen Lungiarü. Zu deutsch Kampill, gehört Lungiarü zur Gemeinde St. Martin in Thurn/San Martin de Tor. Das ladinische Dörfchen schmiegt sich, umgeben von Wiesen, Almflächen und Wäldern, an das Dolomitenmassiv der Puez-Geislergruppe – der Namensgeberin des Naturparks Puez-Geisler. “Ein bäuerlich geprägtes Bergdorf mit einer hochwertigen alpinen Natur- und Kulturlandschaft mit einem hervorragenden und stimmigen Gesamteindruck.” So beschreiben die alpinen Vereine, die sich jüngst näher mit Lungiarü befasst haben, das Gadertaler Dörfchen. Anlass für die Expertise, die der Alpenverein Südtirol (AVS) gemeinsam mit dem Österreichischen, Deutschen und Slowenischen Alpenvereinen und dem Club Alpino Italiano (CAI) verfasst hat, war die Kandidatur Lungariüs als Bergsteigerdorf.

Die Initiative “Bergsteigerdörfer” wurde als Projekt des Österreichischen Alpenvereins geboren. “Für die Aufnahme neuer Gemeinden werden strenge Kriterien herangezogen”, heißt es auf der Homepage der Initiative. Besonderer Wert wird auf folgende Punkte gelegt: Tourismusphilosophie, Ortsbild und alpines Flair, Berglandwirtschaft und Bergwaldwirtschaft, Natur- und Landschaftsschutz, umweltfreundliche Mobilität, Kommunikation und Informationsaustausch. All diese Kriterien sind eng mit den Zielen der Alpenkonvention verknüpft.
Erst im heurigen Sommer wurde Matsch im Obervinschgau in den Reigen der zwei Dutzend Bergsteigerdörfer aufgenommen. Als erstes Südtiroler Dorf. Nun gibt es eine weitere Premiere: Am 30. November fiel die Entscheidung, dass auch Lungiarü in das Netzwerk der Bergsteigerdörfer aufgenommen wird. Lungiarü ist somit das erste ladinische Bergsteigerdorf und das erste Bergsteigerdorf in den Dolomiten.

Neben seiner Ursprünglichkeit zeichne Lungiarü auch der Talschluss ohne Durchzugsverkehr, die ladinische Sprache, Kultur und Tradition sowie Besonderheiten wie die traditionellen Weiler “Les Viles” sowie das Mühlental “La Val di Morins” aus, teilt der AVS in einer Aussendung mit. “Lungiarü ist ideal für all jene, die Entschleunigung suchen: Im Winter ist es bei Schitourengehern und Schneeschuhwanderern beliebt, im Sommer bietet es zahlreiche Wandermöglichkeiten zu den umliegenden Almen, Bergwiesen und dem imposanten Dolomitenmassiv der Puez-und Geislergruppe oder zum Hausberg Peitlerkofel.”

Die Freude ist groß. “Wir sind von der Initiative Bergsteigerdörfer als Zukunftsperspektive für die nachhaltige Entwicklung unseres Dorfes überzeugt”, heißt es aus der Arbeitsgruppe Lungiarü um Christoph Alfreider. “Als Bergsteigerdorf wird es uns gelingen, die Ursprünglichkeit von Lungiarü zu bewahren.” Zufrieden ist auch AVS-Präsident Georg Simeoni. War es doch der AVS gewesen, der Lungiarü als Bergsteigerdorf empfohlen hatte. “Mit dem Projekt Bergsteigerdörfer fördert der AVS einen nachhaltigen und umweltverträglichen Alpentourismus und die Regionalentwicklung. Die Initiative lebt von einer motivierten Bevölkerung, die diese Philosophie mitträgt und weiterentwickelt”, so Simeoni.

Anfang August 2018 sollen alle Vorbereitungen getroffen sein und Lungiarü mit einer Beitrittsfeier offiziell als Bergsteigerdorf aufgenommen werden. “Bis dahin werden der AVS, die lokale Arbeitsgruppe und die Kooperationspartner Gemeinde und Tourismusverein die weiteren notwendigen Rahmenbedingungen abstecken”, informiert der AVS.