Economia | Vinschgerwind

Die Raika-Fusion

Eine Fusion mehrere Raiffeisenkassen im unteren Vinschgau nimmt Konturen an. Untermauert wird die Operation durch eine Studie des Raiffeisenverbandes.
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Foto: Salto.bz
Für die angedachte Fusion zwischen der Raffeisenkasse Schnals, der Raiffeisenkasse Tschars und der Raiffeisenkasse Naturns ist der morgige Freitag eine entscheidende Etappe. Die Genossenschaftsmitglieder sind zu einer Informationsveranstaltung geladen - zeitgleich in Schnals, in Tschars und in Naturns. Zentrale Punkte werden die Fusion sein, die bisherigen Schritte dahin, die möglichen Folgen, die Vorteile, die Nachteile, die mögliche Personalbesetzung samt Verwaltung, die Zukunftsaussichten. Die Mitglieder sollen darüber informiert werden, was es heißt, wenn die bislang eigenständigen Geldinstitute miteinander fusionieren. Die Mitglieder werden am Freitagabend durchaus Fragen haben.
 

Die Fragen

 
Fragen darüber, wie die Kundenbetreuung ausschauen wird, ob die Filialen weiterhin offen bleiben werden, welche Vor- oder Nachteile bei Krediten entstehen werden, wer die Geschicke der Bank leiten wird, wie viel Mitsprache in den einzelnen Gemeinden möglich sein wird, wie es mit den Beträgen für Vereine und Kulturträger ausschauen wird... Es gibt viele Fragen aus der Sicht der Mitglieder.
Fragen, die sich die Verwaltungsräte der einzelnen Banken, auch die Direktoren dort bereits gestellt und für sich beantwortet haben. Eine Fusion zwischen der Raiffeisenkasse Schnals und der Raiffeisenkasse Tschars war schon vor gut zwei Jahren Thema. Die italienische Regierung unter Matteo Renzi hat dazwischengefunkt - mit der Bankenneuordnung auf Staatsebene. Zu unsicher erschien den Verwaltungsräten der örtlichen Raikas damals die Zeit für eine Fusion. Man hat es vorerst bleiben lassen.
 

Die Zusammenschlüsse

 
Vor einem Jahr sind die Gespräche wieder aufgenommen worden,nachdem eine bestimmte Sicherheit über den Südtiroler Weg in Richtung Bankengruppe der Genossenschaftsbanken geherrscht hat. Bankenfusionen sind im Land ohnehin Thema - eine Fusion zwischen den Raiffeisenkassen Terlan, Andrian, Nals und Mölten war damals beim Ausbrüten und ist seit 1.Jänner 2017 unter dem Namen Raiffeisenkasse Etschland Realität.
Die Gespräche zwischen den Verwaltungsräten der Raiffeisenkassen von Schnals und Tschars haben allerdings ergeben, dass es mehr Sinn machen würde, eine Fusion größer zu denken. Die Raiffeisenkasse Naturns wurde miteinbezogen. Auch die Raiffeisenkasse Partschins wurde zu Fusionsgesprächen eingeladen. Der Raiffeisenverband hat das Ansinnen mit einer Studie untermauert, mit dem Ergebnis, dass eine Fusion aufgrund ähnlich gelagerter Geschäftssäulen durchaus Sinn mache. Eine Art perfekte Symbiose geht aus der Studie hervor.
 

Die Hintergründe

 
Einer Fusion liegt keine finanzielle Notwendigkeit zugrunde. Die vier Banken wirtschaften gut und sind finanziell gut aufgestellt. Mit Sicherheit aber ist es eine logistische Notwendigkeit. Für kleine Banken, wie es die Raiffeisenkasse Schnals etwa ist, ist es aufgrund der staatlichen Auflagen, aufgrund der EU-Auflagen immer schwieriger, die gesamte geforderte Palette an Leistungen zu erbringen. Ohne Personalaufstockung ist es nicht möglich, die verzweigten, verwinkelten und sonstwie gearteten Auflagen und Geschäftsfelder und auch die bürokratischen Abwicklungen in bester Qualität durchführen zu können. Auch auf den höheren Etagen, im Verwaltungsrat, im Aufsichtsrat drückt die Verantwortung, die mit den Auflagen verbunden sind. Eine Personalaufstockung ist aufgrund des Geschäftsvolumens allerdings kaum möglich.
 
 
Im Übrigen gilt dies auch für mittlere Banken, wie sie die Raiffeisenkasse Tschars eine ist. Auch Banken mit etwas größerem Volumen, die Raiffeisenkasse Naturns, sehen auch aufgrund der Niedrigzinspolitik mittelfristig bei gleichbleibenden Personalstock möglicherweise empfindlichen Geschäftsrückgängen entgegen.
Eine Fusion, ein Aufteilen der Personalressourcen kann da Entspannung bringen. Entspannt blickt man einer möglichen Fusion in Tschars entgegen. Der dortige Direktor Herbert Alber sagt, dass eine Fusion viel mehr Vorteile bringe als Nachteile. Eine logische Sache sei auch die Einbettung in die Bankengruppe für die Genossenschaftsbanken. „Wenn immer wieder die Rede von einem „Los von Rom“ oder einem „Los von Trient“ ist“, sagt Alber, „dann werden wir einen Südtiroler Weg gehen. Die Genossenschaftsbanken haften solidarisch gegenseitig. Da wissen wir, für wen wir haften. Da ist es widersinnig, sich einer Trientner Bankengruppe oder einer römischen Bankengruppe anzuschließen.“
Der Verwaltungsrat um den Obmann und Tscharser Hotelier Karl Bernhart hat mit einem einstimmigen Beschluss die Fusionsprüfung eingeläutet. Alber sagt, man sei auf einem guten Weg und die internen Informationen seinen nun so angereift, dass man die Mitglieder informieren könne. Franz Oberhofer, seit rund acht Jahren Direktor der Raika Schnals, spricht auch davon, dass eine Fusion durchaus eine gute Sache sei. In der vorigjährigen Vollversammlung habe man bei den Mitgliedern bereits anklingen lassen, dass man diesen Weg verfolgen werde.
 

Zögern in Partschins

 
Intern ist es Ziel, mit der fusionierten Bankengruppe ab 1. Jänner 2018 zu starten. Auch der Name steht fest: „Raiffeisenkasse Untervinschgau“.
Noch ist nicht klar, wo die Grenze der „Raiffeisenkasse Untervinschgau“ sein soll. Ist es der Töllgraben, wo der Vinschgau seine natürliche geografische Grenze hat? Oder ist es eine Art geografisch unnatürliche Grenze auf der Plauser Geraden? Denn die zu Fusionsgesprächen eingeladenen Partschinser tanzen aus der Reihe.
Der dortige Obmann Christian Ungerer hat gemeinsam mit dem Direktor Christoph Ladurner um einen Aufschub der Fusion um zwei, drei Jahre gebeten. Im Partschinser Verwaltungsrates gibt es unterschiedliche Meinungen. Man wolle abwarten, wie sich die Bankengruppe der Genossenschaftsbanken entwickle, welche Kompetenzverteilungen, welche Synergien sich daraus ergeben. Schließlich sei die Raika Partschins kerngesund und stabil und man wolle den Genossenschaftsgedanken innerhalb der Gemeinde Partschins leben.
Albert Bernhart, Mitglied des Aufsichtsrates assistiert diesen Gedanken damit, dass man „die Bank nicht leichtfertig aus der Hand geben soll. Im vorigen Jahr haben wir das 125-jährige Raika-Jubiläum begangen.“ „Grundsätzlich sind wir nicht gegen eine Fusion“, sagt Ungerer. Es sei eine Vorsichtsmaßnahme.
Ein Fusions-Aufschub sei von den anderen Banken aber nicht gewollt. Und damit wurden die Gespräche in Richtung Fusion abgebrochen. Dass die Fusionsgespräche ernsthaft weitergeführt werden, dafür ist aber eine Mehrheit im Verwaltungsrat. Denn es gibt einen Verwaltungsratsbeschluss vom Herbst vergangenen Jahres. Drei Verwaltungsratsmitglieder, Annemarie Laimer, Ulrich Kaserer und Alois Rungg, haben für die Weiterführung von Fusionsgesprächen gestimmt, zwei, darunter der Obmann, dagegen. Die Mehrheit im Verwaltungsrat ist von den Vorteilen einer Fusion überzeugt. Annemarie Laimer sagt, dass es besser sei, aus einer Position der Stärke die Fusionsverhandlungen zu führen. Ohne Zwang. Es sei für die Raika Partschins mittelfristig von Vorteil, eine Fusion im unteren Vinschgau einzugehen. Denn es würden weder Mitarbeiter abgebaut, noch leide die Qualität der Beratungen darunter. Im Gegenteil. Man könne in einem Verbund mit den anderen Banken bessere Beratungen, bessere Dienstleistungen im Sinne der Kunden anbieten und den MitarbeiterInnen Qualifikationsperspektiven bieten. Auch für die Vereinsförderung, sagt Laimer, bleibe alles für drei Jahren beim Alten.
 
 
Am vergangenen Montag hat in Partschins eine lange und intensive Verwaltungsratsbesprechung stattgefunden. Ein interner Bruch wurde vermieden, man wolle den Weg des gemeinsamen Gespräches weitergehen. Das Gespräch begleitet hat Paul Gasser, der Generaldirektor des Raiffeisenverbandes. Damit wurde dem Gespräch eine größere Dimension verliehen. Die erfolgreiche Weiterentwicklung der Raiffeisenkasse Partschins steht jenseits der Meinungsverschiedenheiten im Mittelpunkt aller Verwaltungsräte. Es wird weitere Gespräche geben, darauf haben sich die Beteiligten geeinigt. Und zwar in Bälde.
„Natürlich sind die Partschinser willkommen“, sagt der Tscharser Raika-Direktor Herbert Alber. Aber sie müssen selber wissen, was sie wollen.
Auf der anderen Seite drängt die Zeit, der Terminkalender für die Banken-Fusion ist im Jahr 2017 eng gesteckt. Die Raiffeisenkassen in Schnals, in Tschars und in Naturns gehen mit der morgigen Informationsversammlung in die Offensive. Stehen die Mitglieder mehrheitlich dem Unterfangen Fusion positiv gegenüber, werden die Verwaltungsräte noch im Jänner entsprechende Beschlüsse fassen, die Fusion operativ in die Wege zu leiten: mit dem Ansuchen an die Banca D’Italia, mit dem Erstellen eines detaillierten Businessplanes, mit dem ganzen administrativen Papierkram. In außerordentlichen Vollversammlungen sollen dann die jeweiligen Mitglieder noch im Juni einer Fusion zustimmen. Danach wird sich die Landesregierung damit zu beschäftigen haben. Kommt dann das OK von Seiten der Banca D’Italia, kann ab 1. Jänner 2018 mit der „Raiffeisenkasse Untervinschgau“ auf jeden Fall in den Filialen in Naturns, in Tschars in Schnals gestartet werden.
Ob der Töllgraben eine Grenze für eine „Raiffeisenkasse Untervinschgau“ sein kann, muss sich aufgrund des engen Terminplanes in kürzester Zeit zeigen.
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Karl Trojer Ven, 01/13/2017 - 08:56

In Terlan fand gestern Abend die erste Mitglieder-Vollversammlung der Raiffeisenkasse Etschtal statt; diese ist aus der Fusion der RAIKAs von Andrian, Mölten, Nals und Terlan hervorgegangen und erfreut sich außerordentlicher Zustimmung. "Was der Einzelnen nicht kann, das vermag die Gemeinschaft", wie wahr ! Dieser Vinschgauer Initiative gilt mein Glückwunsch !

Ven, 01/13/2017 - 08:56 Collegamento permanente