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Historische Arbeiterkunst

Was verbindet die Südtiroler Künstler Karl Plattner, Hannes Egger und Gina Thusek? Die Geschichte des besonderen Kunstpreises "Premio Suzzara".
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Foto: Salto.bz

Die für Sonntag 16. Juni geplante Eröffnung der Kollektivausstellung rund um den legendären Premio Suzzara hätte eigentlich Mitte Mai über die Bühne gehen sollen. In der Großgemeinde bei Mantova waren aber für Ende Mai Bürgermeisterwahlen angesetzt und so wählten die Verantwortlichen einen neuen Eröffnungstermin, um die Wahlen in der Kunstgemeinde nicht mit dem großen Kulturevent wahlkampftechnisch zu beeinflussen. Die Rechnung ist aufgegangen. Zwar wurde auch in Suzzara die rechte Lega gewählt, aber im Unterschied zu anderen Gemeinden und Städten, mit einem sehr bescheidenen Ergebnis. Abgeschlagen blieb die Partei der Kunst- und Kulturbanausen weit hinter dem Konkurrenten.

Historisches Fundament

Das kulturelle Leben der Gemeinde Suzzara wird seit Ende der 1940er Jahre von einem revolutionären Kunstpreis mitbestimmt. Dies zeigt sich an der beachtlichen Anzahl an künstlerischen Arbeiten, die sich im Laufe der vergangenen sieben Jahrzehnte angesammelt hat. 


Erfunden hat den Premio der vor 30 Jahren verstorbene Maler und Kommunikationspionier Dino Villani. Mit der Unterstützung des einstigen Bürgermeisters von Suzzara Tebe Mignoni gelang es die Themenfelder Arbeit und Kunst kongenial für einen Kunstpreis zusammenzuführen. Viele wichtige Künstler wie Carlo Carrà, Mario Bardi, Emilio Vedova, Enrico Baj, Renato Guttuso, Michele Cascella, Domenico Cantatore, Renato Birolli, Pio Semeghini, Arturo Tosi, Ottone Rosai, Bruno Rovesti, Aligi Sassu, Ernesto Treccani, Angelo Ferreri machten beim Premio Suzzara mit.
Und Künstler aus Südtirol waren natürlich auch dabei  etwa in den 1950er Jahren Gina Thusek, in den 1960er Jahren Karl Plattner. Später auch Paul Thuile oder Eduard Habicher.


Begonnen hat alles im vorvorigen Jahrhundert. 1877 gründete sich in Suzzara eine Fabrik für landwirtschaftliche Geräte, in der viele Menschen eine Beschäftigung fanden. Später, in den 1920er Jahren, bezeichnete man Suzzara sogar als das kleine Manchester der Mantovaner Gegend. Die spektakuläre Idee Villanis für einen Kunstpreis passte nach dem 2. Weltkrieg also perfekt in den bäuerlich-industriell geprägten Landstrich. 


Auch die eigenwillige Zusammensetzung der Jury chrakterisierte den Preis, denn sie bestand nicht ausschließlich aus Kunstexperten, Galeristen, Kunsthistorikern oder Journalisten, sondern es wurden Arbeiter, Angestellte und Bauern als Preisrichter hinzugezogen. Alle zusammen bestimmen, wer am Ende der jeweiligen Ausgabe den Premio Suzzara bekommen sollte – und natürlich die speziell vorbereiteten Naturalien anstelle des üblichen Preisgeldes. 

... der schönste Preis auf der ganzen Welt.

Ob ein Kalb, ein Fohlen, ein Schwein, ob Käse, Wein, Mehl, Butter, Salami, Hühner oder Eier – die Preise für Kunst hatten landwirtschaftlichen Charakter. Sie wurden von allen produktiven Kräften des Territoriums – von den Bauern, den Arbeitern und den Unternehmern aus Suzzara – zur Verfügung gestellt.


Der große italienische Drehbuchautor und Theoretiker des Neorealismus Cesare Zavattini – er kam aus der Nachbargemeinde Luzzara – schrieb im ersten Kunstkatalog des Premio Suzzara: „Dieser Preis ist der schönste Preis auf der ganzen Welt - konkret, fröhlich und voller Hoffnung. […] Es wird der Tag kommen wo die Angst vor Kunst, die die Reichen vor den Armen trennt, vorbei sein wird.


Während der Preis von 1948 bis 1976 jährlich vergeben wurde und 1974 sogar eine "Galleria civica d'arte contemporanea" für die aufstrebende Landgemeinde dazukam, erlebte der Preis ab Mitte der 1970er Jahre eine längere Pause. 1989 wurde der Premio Suzzara wieder ausgeschrieben. Seitdem erlebte er immer wieder Höhen und Tiefen.


Neues Preiskonzept

Nach einer notwendigen Überarbeitung der Preisidee werden mittlerweile ausgewählte Künstler und Künstlerinnen geladen, die sich mit Suzzara und dem Thema Arbeit auf eine moderne Art und Weise beschäftigen. Für die aktuelle Ausgabe wurden Sabrina D’Alessandro, Carla Della Beffa, Nataly Maier, Chiara Pergola und Hannes Egger beauftragt, sich in ihren Arbeiten mit dem Museum und einem Unternehmen Suzzaras auseinanderzusetzen.
Der Künstler Hannes Egger hat in Zusammenarbeit mit der Firma Realtrailer und dem Museumleiter Marco Panizza eine Trailer-Gallery entwickelt. Dazu hat Egger einen LKW-Anhänger mit einer Auswahl an prämierten Malerei-Drucken der Premio-Vergangenheit bestückt, die Mitarbeiter der Firma aus dem Museumsbestand ausgesucht hatten.


Während die diesjährige Ausgabe des Premio Suzzara nun also am Sonntag 16. Juni eröffnet wird, weilt eines der Preisträgerbilder nicht im dortigen Museum, sondern auf Schloss Kastelbell. Im Rahmen der Jubiläumsausstellung zum 100. Geburtstag von Karl Plattner kann dort die Leihgabe "Le contadine" bis 23. Juni besichtigt werden. Die Ausstellung in Suzzara läuft bis zum 29. September.