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Smart Biking am Kronplatz

Beim Hack The Alps in luftigen Höhen verschmelzen Smartphone und Mountainbike.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale del partner e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: IDM Südtirol

[von Julian Dejori]

 

Back to Nature war das Motto beim Hack The Alps Hackathon von IDM. Und wo ginge das besser als am Kronplatz auf 2.275 Metern Höhe. Kann man Natur und IT in nachhaltiger und innovativer Weise miteinander verbinden? Trotz dünner Luft ist dies dem Team Activity Crystal am besten gelungen. Olaf Flebbe, Software Architect von Bosch, erzählt wie er dank Gamification auch noch den letzten Couch-Potatoe in die Pedale treten lassen will.

 

salto bz: Herzlichen Glückwunsch zum Sieg beim Hack The Alps am Kronplatz. Der erste Preis ist ein Treffen mit Experten führender IT-Unternehmen in San Francisco. Wisst ihr schon wen ihr da treffen werdet?

Olaf Flebbe: Nein, wir lassen uns da überraschen. Allerdings würden wir alle gerne mal den neuen Apple Campus sehen. Vielleicht schauen wir auch mal bei den Bosch US-Kollegen vorbei.

 

Reutlingen ist nicht gerade ums Eck. Was hat euch dazu bewogen auf den Kronplatz zu kommen?

Da die Kollegen von COBI.Bike öfter an Hackathons - insbesondere mit Fokus auf API-Schnittstellen oder neuen Technologien - teilnehmen und dabei auch mehrfach (API) Sponsor waren, wurden sie angefragt, ob sie auch diesen Hackathon sponsoren wollen. Hackathons sind stets eine gute Gelegenheit, die umfassenden Möglichkeiten des COBI.Bike DevKit (SDK) unter Hackern populärer zu machen. Da COBI.Bike mittlerweile zu Bosch eBike gehört, entstand die Idee den Hackathon zusätzlich als Teambuilding-Event zu nutzen.

Das Team um das Projekt “Activity Crystal” bestand aus drei Kollegen von Bosch eBike aus Reutlingen und dem Kreativchef und Mit-Gründer von COBI.Bike aus Frankfurt. Die anderen vier Kollegen waren ebenfalls gemischt und haben wichtige interne Entwicklungsprototypen vorangetrieben.

 

Euer Projekt Activity Crystal lässt Bike und Smartphone miteinander verschmelzen. Wie funktioniert das?

Das Verschmelzen von Bike und Smartphone ist die Geschäftsidee von COBI.Bike (Connected Biking). Darauf konnten wir aufsetzen. Die COBI.Bike App verwendet den Hub um mit dem eigenen Smartphone ein hochwertiges und vielseitiges Cockpit mit sicherer Steuerung per Lenker-Controller und Sprachausgabe für das Fahrrad bzw. eBike anzubieten. Fahrradnavigation, Licht, Klingel und Alarmanlage und viele weitere Features runden das Paket ab.

 

Der Clou ist, dass die COBI.Bike App sämtiche Bike-Sensorik und Fahrdaten auch an eine selbsterstellte Webapplikation weiterreichen kann und bietet dafür das DevKit an. Das COBI.Bike DevKit SDK und der Device Simulator, eine Erweiterung für den Google Chrome Browser, sind frei erhältlich. Das DevKit und die Chrome Browser-Erweiterung zum Testen mit echten Fahrdaten kannten wir von Bosch noch nicht (weil es ja ein COBI.Bike Produkt ist) und haben es auf dem Hackathon zum ersten Mal verwendet.

 

Wir haben eine Webapplikation erstellt, die im Browser läuft. Auf dem Fahrrad oder im frei erhältlichen Simulator wird sie dann erst richtig zum Leben erweckt, weil es neben den GPS Daten vom Handy, API Daten, wie etwa die Points of Interest (POI) von Open Data Hub auch Fahrraddaten, wie Geschwindigkeit, zurückgelegte Höhenmeter, Trittfrequenz und Eigenleistung an den Pedalen, sowie aktive Fahrzeit visualisiert.

 

Die Aufgabe war es, Natur und IT in innovativer und nachhaltiger Art zu verbinden. Ist euch das gelungen?

Die Idee einen Kristall durch Fitness-Aktivitäten zu züchten, fand ich richtig toll. Zugleich ist uns die Animation des Kristalls auch echt toll gelungen. Das COBI.Bike DevKit ermöglicht IT-Nerds ihr Fahrrad-Cockpit mit intelligenten Funktionen auszustatten und uns Nerds sowie, wie im Pitch vorgestellt, alle “Couch-Potatoes” zu mehr Aktivität in der Natur anzuregen. Bei mir klappt das zumindest.

 

Wir haben den Sourcecode unter MIT Open Source Lizenz auf https://github.com/twam/hackthealps2018 abgelegt, damit ist zumindest das Fundament dafür gelegt, dass sich das Projekt auch nach dem Hackathon weiterentwickeln kann und noch mehr Hacker dazu bringt, sich durch Messen von Aktivitätsleistungen in der freien Natur zu bewegen.

 

Dank Gamification macht Mountainbiken gleich doppelt Spaß. Wie schafft ihr Spiel und Sport zu vereinen?

Da drei von uns promovierte theoretische Physiker sind, hatten wir uns ein kleines mathematisches Modell des Kristallwachstums ausgedacht. Die vier Farben des Kristalls symbolisieren Anzahl der besuchten POIs, zurückgelegte Strecke, aktive Fahrzeit und erklommene Höhenmeter. Da diese Werte stets nur ansteigen, sollten abhängig davon mehr und längere einzelne Kristallspitzen der jeweiligen Farbe wachsen. Um mehr zu motivieren, wächst der Kristall anfangs schneller als zu weiter fortgeschrittenen Touren. Hierfür wählten wir eine logarithmische Funktion.

 

Ziel ist es, einen möglichst schönen Kristall zu züchten. Als Visualisierung des eigenen Fahr-Stils bzw. Charakters könnte dieser dann vielfältig weiterverwendet werden. z.B. in der Fahrer-Community oder unter Freunden geteilt, oder vielleicht gegen etwas Relevantes eingetauscht werden. Hier sind vielfältige Szenarien denkbar.

 

Welche Daten habt ihr aus dem Open Data Hub (ODH) entnommen?

Mir war die Dokumentation mit Swagger sehr vertraut, da ich es selbst täglich verwende. Die Zugänglichkeit mittels Swagger ist super, ich hatte in 5 Minuten die ersten authentisierten Abfragen durchgeführt. Wir hatten kurz daran gedacht, die online-Wetterdaten zusammen mit der Navigation zu verwenden. Da keiner von uns tiefgehende Erfahrungen mit der Navigation hatte, haben wir das schnell verworfen. Eine weitere Idee war es, die Position von nahe gelegenen Ladestationen für eBikes zu bestimmen: Wir konnten aber leider nur Ladestationen für e-Autos finden, deswegen haben wir das auch verworfen.

Die Beacon API fanden wir sehr interessant, allerdings war uns nicht so klar, was und wo genau wir denn damit machen hätten können. Hier fehlte ein bisschen die Hintergrundinfo. Ich war sofort an den Gastronomie POIs interessiert und beeindruckt davon, dass man bei Restaurants sogar eine ortsbasierte Suche in den Speisekarten machen kann.

 

Da ich selbst gerne Touren zu Ausflugsrestaurants plane, lag die Idee, Gastronomie auf dem Weg anzuzeigen, relativ nahe. D.h. unser Prototyp im Google Chrome Browser für den Simulator fragte alle Gastronomie-Betriebe im Umkreis von 10 km ab und lud per eingeblendeter Meldung zu einer kurzen Pause ein, sobald man sich in einem Radius von 100 Metern der Gaststätte befand. Damit die Augen auf der Straße bleiben können, wurde zusätzlich eine Sprachnachricht generiert „Have a Beer at
the ...“. Als wir später mit dem Rad vom Kronplatz nach Bruneck ins Hotel zurückgefahren sind, hat das auch wirklich geklappt! Unser Prototyp war also wirklich auf dem Rad einsatzbereit.

 

Es gab allerdings ein unerwartetes Problem: Im Google Chrome Browser funktionierte die Einbindung einwandfrei, auf dem iPhone wurde die Anfrage an das ODH von iOS blockiert. Vielschichtiges Problem: Nach dem Hackathon bemerkte ich erst, dass wir ein Backend hätten entwickeln müssen, um die vorliegenden Probleme zu umgehen. Kurzum: Den Entwicklern von Browser Apps würde es helfen, wenn der Open Data Hub den CORS Standard und einen sicheren Zugriff implementieren würde.

 

Vor allem beim Mountainbiken in höheren Lagen ist eine stabile Internetverbindung nicht immer selbstverständlich. Der Kronplatz liegt auf 2275m Meereshöhe, hattet ihr diesbezüglich Probleme?

Die Veranstalter hatten ein phänomenal stabiles WLAN hingezaubert Auf dem Kronplatz steht zudem ein riesiger Sendemast und dank EU regulierten Internet hatten wir also überhaupt keine Probleme. So wie wir die Applikation aufgebaut haben, benötigt sie nur zum Start eine Internetverbindung, aber nicht während der Fahrt: Die Applikation hat ja kein Backend.

 

Wie war die Rollenverteilung im Team?

Carsten von COBI.Bike sowie Tobias von Bosch eBike haben in der Vergangenheit schon vielfach an Hackathons dieser Art teilgenommen. Der Fokus von Carsten lag auf Ideenfindung, Inspiration & Design, sowie der Pitch-Präsentation, ab und zu war er auch mit seiner Drone auf dem Kronplatz unterwegs um Aerial-Aufnahmen von diesem atemberaubenden Ort zu machen. Tobias und Christian sind Embedded Entwickler bei Bosch eBike und waren für die Details zuständig: So kam Tobias z.B. auf die Idee, wie man die Kristallspitzen richtig transformiert, ohne dass die Anwendung jedes Mal stehenbleibt.

 

Ich selbst bin für das Backend bei Bosch eBike tätig und hatte seit Jahren keine HTML/Javascript App mehr erstellt. Ich musste mein Knowhow in den ersten Stunden kräftig mit Stackoverflow auf Vordermann bringen und habe erstmal eine Tamagochi-Klasse geschrieben, anhand derer ich Christian Javascript und Closures nahe brachte: Danach hat Christian all die Sachen implementiert, die keiner von uns vorher je gemacht hatte: z.B. den Sprach-Hinweis mit Einblendung, einen sogenannten “Toast”. Am Schluss haben wir gemerkt, dass wir meine Tamagochi-Klasse gar nicht brauchten und haben diese wieder gelöscht.

Das Team hat sich erst während des Hackathons zusammengefunden und es hat prima geklappt.

 

Beim Hack The Alps gab es eine Menge toller Projekte. Welches hat Ihnen am besten gefallen?

Ich war von dem „Deep Snow“ sehr angetan. Da ich mich selbst am Rande mit Machine Learning beschäftigt habe, weiß ich, wieviel Fingerspitzengefühl es braucht, um nur halbwegs vernünftige Modelle zu generieren. Dass sie dann auch eine kleine Live-Demo hinlegten war phänomenal.