Ambiente | Landtag

Dorfmanns Verkehr

Herbert Dorfmann greift in einer Aussendung die Südtiroler Grünen an. Der SVP-Politiker scheint aber auch kein großes Vertrauen in die eigene Landesregierung zu haben.
Herbert Dorfmann
Foto: Ute Schweigkofler
Manchmal sind Politiker fast schneller als die Wirklichkeit.
Um 14.52 Uhr am Dienstag verschickt das Büro des EU-Abgeordneten Herbert Dorfmann eine Presseaussendung an die Medien. In der Aussendung mit dem Titel „Man hätte einfach mich fragen können“ geht es um eine Anfrage der Grünen im Südtiroler Landtag.
Auffallend dabei: Herbert Dorfmann meldet sich öffentlich zu einem Vorgang zu Wort, der keine fünf Minuten zuvor über die Bühne gegangen ist.
Denn zeitgleich findet im Südtiroler Landtag die aktuelle Fragestunde statt. Die Anfrage auf, die sich Herbert Dorfmann bezieht, ist der erste Punkt in der Tagesordnung. Mobilitätlandesrat Daniel Alfreider hat kaum seine Antwort verlesen, da maulte sein Parteikollege aus Brüssel schon los.


Die Anfrage

 
Der grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba hatte eine einfache und durchaus berechtigte Anfrage an die Landesregierung gestellt.
 
 
Die Vorgeschichte: Am Mittwoch, den 14. September, hatte Autobahnpräsident Hartmann Reichhalter dem Landtag den PPP-Vorschlag für die 50-jährige Konzession der A22 vorgelegt. Der Vorschlag basiert auf einer prognostizierten Verkehrszunahme über einen Zeitraum von fünfzig Jahren (2023-2072), die je nach Szenario zwischen 14 % und 20 % liegt. Drei Tage später, am Samstag, den 17. September, erklärte der SVP-Europaabgeordnete Herbert Dorfmann während einer Anti-Verkehrs-Demonstration in Gossensass, dass ihm Prognosen vorlägen, wonach der Verkehr auf der A22 in den nächsten 10 Jahren um 50% zunehmen würde. „Diese stark voneinander abweichenden Schätzungen bedürfen einer Erklärung“, meinte Dello Sbarba und ersuchte um die Beantwortung folgender Fragen.
 
  • Wie erklärt die Landesregierung den eklatanten Unterschied zwischen den von Reichhalter vorgelegten und den von Dorfmann zitierten Prognosen?
  • Verfügt der Provinzialrat über die von Dorfmann zitierten Prognosen?
  • Woher stammen diese Prognosen und auf welche Daten und Berechnungen stützen sie sich?
  • Auf welchen Daten und Berechnungen beruhen die von Reichhalter vorgelegten Prognosen im PPP? Wie unterscheiden sie sich von denen von Dorfmann?
  • Welcher der Prognosen von Reichhalter und der von Dorfmann ist nach Ansicht der Landesregierung zu glauben?


Echauffierter EU-Parlamentarier

 
Herbert Dorfmann wertet allein diese Anfrage als persönlichen Affront.
In seiner Aussendung schreibt der SVP-Politiker:
 
„Dass die Grünen den Umweg über eine Landtagsanfrage und damit die Landesregierung nehmen, wenn es um seine Aussagen geht, wundert den Südtiroler Europaparlamentarier Herbert Dorfmann. „Normalerweise fragt man denjenigen, der die Aussagen tätigt, nicht einen unbeteiligten Dritten“, so Dorfmann, der ergänzt: „Dass man das in diesem Fall nicht getan hat, lässt für mich nur zwei Erklärungen zu: Entweder die Grünen können die verschiedenen politischen Institutionen nicht auseinanderhalten oder es geht ihnen nur um Polemik.“
 
 
 
Die Rechnung, die hinter seiner Aussage stecke, sei eine einfache, erklärt Dorfmann. Wenn man die Pandemiejahre ausnehme, sei der Verkehr Jahr für Jahr um drei bis vier Prozent gewachsen. „Wenn man annimmt, dass dieser Trend anhält, müssen wir mit einer Zunahme von rund 50 Prozent rechnen, bis der Brennerbasistunnel und seine Zukaufstrecken in etwa zehn Jahren in Betrieb genommen werden“, so der Südtiroler Europaabgeordnete. Treffe die Hochrechnung zu, werde es auf der Brennerautobahn zu täglichen Verkehrsinfarkten kommen, so Dorfmann. „Immer sofern keine einschneidenden Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrs ergriffen werden. Klar ist: Herbert Dorfmanns Vorhersage ruht auf einer rechnerischen Prognose, die davon ausgeht, dass die Entwicklung linear erfolgt."
 
Dorfmann weiter: „Anstatt also billige Polemiken vom Zaun zu brechen, täten die Grünen gut daran, kooperativ an solchen Lösungen zu arbeiten. Das würden ihnen Anrainer und Nutzer der Autobahn danken – und die Landesregierung wohl auch, die Besseres zu tun hat, als über Aussagen Rechenschaft ablegen zu müssen, die ich getroffen habe.
 

Alfreiders Antwort

 
Es gehört zu den institutionellen Aufgaben der Landesräte im Landtag auf die Anfragen zu antworten. Der zuständige Landesrat Daniel Alfreider hat genau das am Dienstag auch souverän getan.
 
 
 
Die Verkehrsprognosen seien bisher immer als übertrieben hingestellt worden, vor allem von jenen, die den BBT nicht wollen, erklärte Alfreider in seiner Antwort im Landtag. Aber der Verkehr habe stetig zugenommen. „Die Brennerbahn AG hat alle verlässlichen Daten und wir, die Landesregierung, stützen uns auf diese Daten“, erklärte Daniel Alfreider im Landtag. Dabei präzisiert der Landesrat: Vor allem was die prognostizierten Verkehrszunahme betreffe.
Daniel Alfreider weiter: „Ich denke, dass ich damit alle ihre Fragen beantwortet habe“.
Der SVP-Vizeobmann nimmt aber auch seinen Parteikollegen in Schutz. Alfreider erklärt, dass er nicht wisse, woher Dorfmann seine Daten habe. Dorfmann sei ein Befürworter des BBT und habe auch einige kritische Punkte aufgezeigt. „Klar aber muss sein, dass für uns die offiziellen Daten der Brennerautobahn AG gelten“, beendet der Mobilitätslandesrat seine Rede.
Diese Antwort scheint Herbert Dorfmann nicht gefallen zu haben. Nur so ist seine beleidigte Pressemitteilung zu verstehen.
Vielleicht wäre es einfacher, manchmal zuzugeben, dass man einen Blödsinn gesagt hat.
Selbst Politikern passiert das.

 

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rotaderga Mer, 10/12/2022 - 15:34

Bei unklaren- und gegensätzlichen Aussagen frage ich dritte und vierte und fünfte Personen nach deren Wissen.
Diese Beispiel erklärt den Grund.

Mer, 10/12/2022 - 15:34 Collegamento permanente