Cultura | Video del venerdì

Generation „Kopf runter“

Vom Entschluss gemeinsam ein paar Tunes zu machen hin zur Aufnahme eines ganzen Albums: Dubiose Symbiose machen Dub Music mit intelligenten, sozialkritischen Lyrics.
ostwest_concert.jpg
Foto: Dubiose Symbiose

Dubiose Symbiose bestehen aus Benjamin Stötter aus Sterzing und Lukas Mariacher aus Lana. „Head Down“ ist ihre erste Single, ein Song als Kritik am digitalen Zeitalter. Die Musik ist eine Symbiose aus modernen elektronischen Dub-Elementen und Oldschool-Reggae, kombiniert mit sozialkritischen deutschsprachigen Texten.

 

Wie ist Dubiose Symbiose entstanden?

Lukas Mariacher: Kennengelernt haben wir beide uns durch unsere vorangegangenen musikalischen Aktivitäten in der Südtiroler Musikszene: Benni mit Burning Mind als Percussionist und mit Sisyphos als Sänger und ich mit The Koalas als Gitarrist. So ist es dazu gekommen, dass wir uns immer wieder auf und hinter unterschiedlichen Bühnen getroffen haben. 

 

Und wann habt ihr bemerkt, dass aus euch ein gemeinsames Projekt werden kann?

Benjamin Stötter: Zum Entschluss ein gemeinsames Projekt zu machen ist es spät nachts nach dem Klampf & Bass Open Air 2018 in Marling gekommen, wo wir beide beschlossen haben „a poor Tunes mitanond zu mochen“. Wenige Tage später haben wir uns dann in Lukis Studio in Innsbruck getroffen. Da hat’s dann sofort musikalisch gefunkt und es war klar, dass aus „a poor Tunes“ ein Album werden wird! 

 

Wer macht was innerhalb der Band?

Luki: Benni schreibt die Texte und singt und ich produziere den Sound dazu.

 

Und mit wem habt ihr sonst noch zusammengearbeitet?

Für den ersten Release konnten wir Damian Dalla Torre am Saxophon als Gastmusiker gewinnen. Auf den anderen Tracks gibt es noch mehr Gastmusiker. Wir haben Richard Köster aus Deutschland am Flügelhorn, Zeno Tami aus Udine an der Trompete, Ralf Hinteregger aus Sterzing an der Steirischen Harmonika, Greta Mahlknecht aus Tscherms singt Background Vocals. Durch die langjährige Erfahrung in der Musikszene kennt man viele MusikerInnen und eine Zusammenarbeit ist immer eine Bereicherung! 

 

Was hat es mit dem Bandnamen auf sich?

Der Name ist im Kern aus unserer Arbeitsweise hervorgegangen. Im Laufe der Produktion haben sich bei uns immer wieder Synergien zwischen Text und Musik ergeben, eben irgendwie wie in einer Symbiose. Es war ein Prozess in dem wir beide viel experimentiert und uns gegenseitig durch unsere Herangehensweisen beeinflusst haben. So ist ein Workflow entstanden der uns einerseits ständig weitertreibt neue Tunes zu schreiben und uns inspiriert, andererseits aber nie nach dem exakt selben Schema abläuft. Bei einem gemeinsamen Kaffee während einer Pause im Studio haben wir festgestellt, dass es irgendwie DUBios ist, was wir da machen, weil halt Dub Musik ein wichtiger Einfluss für uns beide ist. Von da aus waren es dann nur noch ein, zwei denkerische Kurven im Hirn um auf den Namen „Dubiose Symbiose“ zu kommen! 

 

Dubiose Symbiose - Head Down

 

„Head Down“ ist eure erste Single. Wie würdet ihr sie beschreiben?

Der Song ist eine Art Kritik am digitalen Zeitalter, dem wir wohl oder übel alle ausgeliefert sind. Persönlich sind wir nicht dafür die Digitalisierung kategorisch abzulehnen, jedoch ist es uns schon ein Anliegen zum Nachdenken anzuregen und vielleicht gelingt es ja beim Einen oder Anderen etwas mehr Bewusstsein zu schaffen. Das unreflektierte Hinnehmen der Situation ist unserer Ansicht nach das eigentliche Problem bei dieser Thematik.

 

„Come on everybody, keep your head down, den Kopf gesenkt und ins Gerät schau’n!“ (Lyrics aus „Head down“)

 

Im Song beschreibt ihr die Generation „Kopf runter“ als digitalisierte Zombies, die aus der Realität fliehen. „Come on everybody, keep your head down, den Kopf gesenkt und ins Gerät schau’n!“ Gibt es überhaupt noch Hoffnung?

Irgendwie ist es schon erschreckend zu beobachten, wie sich das ganze entwickelt und man kommt eigentlich nicht drum herum, sich zu fragen wo das alles enden soll. Prognosen für die Zukunft sind allerdings wie immer schwierig. Wir denken aber, dass Resignation das Problem nur verschärfen würde. Wenn wir unseren Verstand einschalten und uns nicht blind in eine Abhängigkeit begeben, glauben wir, dass es sehr wohl Hoffnung gibt. Grundlegend für einen mündigen Umgang ist das Vorhandensein eines kritischen Bewusstseins und ein solches Bewusstsein setzt zunächst voraus, dass man über etwas reflektiert, Konsequenzen abwägt und sich die Frage stellt: was machen wir aus neuen Technologien und was machen diese mit uns? Das klingt jetzt vom Prinzip her einfach, stellt sich aber in der Praxis als sehr schwierig dar, da technologischer Fortschritt im Bereich digitale Kommunikation sehr eng mit ökonomischen Profit- und Machtinteressen verbunden sind. Das Ergebnis ist eine Dynamik in welcher Schlag auf Schlag eine Neuerung der nächsten folgt und faktisch wenig Zeit zum Nachdenken bleibt. Wir konsumieren diese Neuigkeiten, dann mehr oder weniger bedenkenlos, weil’s eigentlich eh alle so machen, so wie beim Hype um die Faceapp. Dass aber diese und andere Apps nicht mit dem Zweck entwickelt wurden um uns „Spaß“ zu machen, sondern um knallharten ökonomischen Profit zu erzeugen, geht da völlig unter. Kaum ist dieser Hype dann vorbei, kommt schon der nächste um die Ecke. Und diesen Kreislauf müssen wir als Gesellschaft verstärkt thematisieren und kritisieren.

 

 „In einer Welt von Alphatierchen und von Leithammeln, hier geht es nicht um Inhalt, nein, es geht ums Like sammeln“. (Lyrics aus „Head down“)

 

In einer anderen Strophe sind wir beim alten Thema von Sein und Schein: „In einer Welt von Alphatierchen und von Leithammeln, hier geht es nicht um Inhalt, nein, es geht ums Like sammeln“. Menschen vermarkten sich, stellen sich zur Schau, die Hülle ist viel wichtiger als der Kern, das Herz...

Hier handelt es sich um ein tiefgreifendes gesellschaftliches Problem. Und das nicht erst seit es Smartphones gibt. Wir kriegen ja von klein auf eingetrichtert, dass wir alles „werden“ können was wir wollen. Das klingt ja erstmal nicht schlecht, aber dieses „werden“ impliziert ja irgendwie schon, dass das was wir „sind“, noch nicht reicht. Man muss erst etwas „werden“ um etwas zu „sein“. Für den Selbstwert ist das natürlich fatal und so versucht man ständig Bestätigung im Außen zu suchen während das Innenleben zusehends verkümmert. Die sozialen Medien sind natürlich auf diese kollektive Verunsicherung zugeschneidert. 

 

Wie ist das Musikvideo entstanden?

Produziert wurde das Video von Flyles Planet und Sir Gulliver Graphics and Animation. Wir wollten kein Video, das den Text eins zu eins wiedergibt, weil wir glauben, dass der Text ganz gut für sich allein dastehen kann. Die Entscheidung fiel darauf, Archivmaterial aus den Anfangszeiten des Telefons zu nehmen um einerseits klarzumachen, dass es um Kommunikation geht, andererseits auch diesen Bruch zwischen damals und heute zu thematisieren und wie rasend schnell diese Entwicklung vor sich ging. Die dazugehörige Performance „ohne Kopf“ ist, glauben wir, ein starkes Bild um die „kopflose Herangehensweise“ darzustellen. „Kopf runter“ nicht nur weil man physisch den Kopf neigt, sondern den Geräten über eine gewisse Strecke auch das Denken überlässt. Wir transferieren sozusagen unseren Kopf in unser Telefon.

 

„Kopf runter“ nicht nur weil man physisch den Kopf neigt, sondern den Geräten über eine gewisse Strecke auch das Denken überlässt. Wir transferieren sozusagen unseren Kopf in unser Telefon.

 

Passt die Bezeichnung Dub Music auf euren Musikstil? Oder kann man euch nicht so leicht in eine Schublade stecken?

Für einen selbst ist es immer schwer den eigenen Stil zu beschreiben. Wir würden sagen, wir machen modernen Dub mit verschiedensten musikalischen Einflüssen. Dub ist dabei für uns mehr eine Art „Herangehensweise“ die unterschiedlichste Musikeinflüsse unter einem Dach vereint. So beinhalten unsere Songs Elemente aus Elektro, Ethno, Jazz, Blues, Funk partiell aber auch folkloristischer Musik, also irgendwie kein genuiner Reggae-Dub, Elektro-Dub oder Ethno-Dub. Wir probieren irgendwo aus der Bandbreite, die sich unter der Bezeichnung „Dub-Music“ in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, musikalisch zu schöpfen. Ein großer Einfluss waren in dieser Hinsicht sicherlich Produzenten wie beispielsweise Prince Fatty, die selbst unterschiedliche Genres „verdubbt“ haben. Darüber hinaus sind die deutschen Texte wohl unser markantestes Alleinstellungsmerkmal, sozusagen unsere Nische. Deutschsprachigen Dub gibt es eigentlich ziemlich wenig.

 

Habt ihr musikalische Vorbilder, an denen ihr euch orientiert und die euch in eurem Schaffen beeinflussen?

Die Einflüsse sind recht vielfältig und gehen vom klassischen jamaikanischen Dub über Künstler aus Großbritannien (Prince Fatty), aber auch die neuseeländische Szene (Fat Freddys Drop, Blackseeds, Salmonella Dub etc.) ist ziemlich interessant. Im Moment ist der französische Dub im Aufwind, dort gibt es zur Zeit viele innovative Projekte wie zum Beispiel Panda Dub, um nur einen zu nennen. Lyrisch sind die Vorbilder etwas spärlicher. Einige der alteingesessenen Hiphopper wie Jan Delay, Samy Deluxe oder auch Peter Fox sind da sicher zu nennen. Sehr spannend sind auch die Künstler vom Berliner Label „Kreismusik“ rund um „Käptn Peng und die Tentakel von Delphi“. Trotzdem versuchen wir immer unseren eigenen Weg zu gehen und niemanden nachzuahmen.

 

Lyrisch sind die Vorbilder etwas spärlicher. Einige der alteingesessenen Hiphopper wie Jan Delay, Samy Deluxe oder auch Peter Fox sind da sicher zu nennen. Sehr spannend sind auch die Künstler vom Berliner Label „Kreismusik“ rund um „Käptn Peng und die Tentakel von Delphi“. Trotzdem versuchen wir immer unseren eigenen Weg zu gehen und niemanden nachzuahmen.

 

Euer größter Traum, was die Musik betrifft?

Wir glauben, das wichtigste ist einfach zwanglos Musik machen zu können, hinter der wir stehen können und die im Idealfall vielleicht auch was bei unseren HörerInnen auslöst. Was sich dann daraus ergibt und wie weit der Weg geht wird sich dann schon rausstellen. Hauptsache wir erhalten uns die Freude an der Kreativität.

 

Größter Traum, der nichts mit Musik zu tun hat?

Das Träumen nicht zu verlernen.

 

Was ist als nächstes geplant? Wir haben von einem Album gehört...

Ja, wir werden demnächst ein Album veröffentlichen, das jetzt in der Endphase der Produktion steht. Es kann also nicht mehr allzu lange dauern! Geplant ist eine LP, die auf Vinyl erscheinen wird und natürlich auch auf den digitalen Plattformen.

 

Und Konzerte?

Was unsere Live Auftritte betrifft, gibt es die nächste Konzertreihe um Weihnachten: am 20. Dezember im UFO in Bruneck, am 23. im Astra in Brixen und am 26. Dezember in der ehemaligen Kaserne von Schlanders. Die ersten Auftritte haben wir schon hinter uns und wir hoffen, dass noch einige dazukommen. Wer uns also buchen möchte, kann sich gerne bei uns melden. Vorläufig haben wir also genug zu tun, wir planen aber definitiv in naher Zukunft weitere Songs zu produzieren.