Società | Interview

„Es frisch ordentlich machen“

Kochfachlehrer Christof Hellweger über vegane Ernährung und sein neues Unterrichtsrestaurant „Vegabula“ in Bruneck. Es sei eine Herausforderung, die er gerne annehme.
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Foto: Elisabeth Feichter
salto.bz: Herr Hellweger, überfordert es eine Schule nicht neben ihrem Lehrauftrag ein Restaurant zu betreiben?
 
Christof Hellweger: Eigentlich nicht, im Gegenteil. Es fördert die Schulgemeinschaft, da es die Fachgruppen Kochen und Service zusammenschweißt. Reinhold Steinkasserer und ich betreuen als Lehrpersonen das Restaurant, die Fachgruppen unterstützen uns dabei. Es ist eine Herausforderung, die wir im Dienst der Umwelt und der Menschheit gerne annehmen.
Um ein Kilo Avocado zu produzieren, braucht es 1.500 Liter Wasser, für Rindfleisch 15.400 Liter, für Kaffee 21.000 Liter und für Kakao 27.000 Liter.
Wie ist die Idee zu Vegabula entstanden?
 
Unsere Direktorin Marlene Kranebitter hat uns Lehrpersonen dazu aufgerufen, uns eine Idee für das ehemalige Restaurant Tabula im Rathausgebäude von Bruneck zu überlegen. Herr Steinkasserer und ich brachten die Idee eines veganen Restaurants ein, die mit anderen eingereichten Vorschlägen in die nähere Betrachtung gezogen wurde. Als sich die Schule für unsere Idee entschieden hat, gründeten wir eine eigene Arbeitsgruppe zur Umsetzung. Die Direktorin begründete diese Entscheidung damit, dass ein veganes Restaurant zukunftsweisend ist. Und so sehen auch wir das Projekt.
 
 
Also wollen Sie die vegane Ernährung mehr unter die Leute bringen?
 
Wir wollen aufzeigen, dass man mit veganer Ernährung gut essen und etwas für die Umwelt tun kann. Jeden Tag entscheiden wir uns, wenn wir essen, ob wir etwas für unsere Gesundheit, für die Welternährung und für die Umwelt tun. Diese Bewusstseinsänderung wollen wir unter die Leute bringen, sonst nichts.
 
Sie selbst leben seit mehreren Jahren vegan. Wieso haben Sie sich für diese Ernährungsweise entschieden?
 
Unter anderem aus den zuvor genannten Gründen. Zudem wurde meiner Frau nahegelegt, in ihrer Ernährung viele tierische Produkte wegzulassen und vegetarisch zu leben. Für mich war das der Anlass, es frisch ordentlich zu machen und auf die vegane Ernährung umzusteigen. Die Umstellungsphase war nicht einfach und dauerte ungefähr ein halbes Jahr. Mit dem heutigen Wissen fällt es mir nun nicht mehr so schwer, vegan zu kochen. Allerdings ist das Einkaufen im Supermarkt kompliziert, da abgesehen von der Obst- und Gemüseabteilung in vielen Lebensmitteln tierische Produkte enthalten sind. Deshalb ist bewusstes Einkaufen wichtig.
Eine gut geplante vegane Ernährung ist in jeder Lebensphase möglich.
Viele vegane Gerichte enthalten Produkte wie Avocados oder Kokosöl, die aus entfernten Weltregionen hierher transportiert wurden und so die Umwelt belasten. Wie sehen Sie diese Problematik?
 
Grundsätzlich versucht man in der veganen Ernährung auf lokale Produkte zurückzugreifen. So weit wie möglich werden wir im Vegabula vor allem regionale und biologische Lebensmittel verwenden. Aber es gibt Produkte wie der Kreuzkümmel, die hier nicht wachsen, und auf die wir nicht verzichten können. Diese Produkte sind aber letztendlich nicht entscheidend. Um ein Kilo Avocado zu produzieren, braucht es 1.500 Liter Wasser, für Rindfleisch 15.400 Liter, für Kaffee 21.000 Liter und für Kakao 27.000 Liter. Während bei Avocados oft die Frage kommt, wieso vegane Menschen das essen, fragt bei anderen Produkten niemand. Gerade die Futtermittel für die Fleischherstellung sind eine große Ursache für die Abholzung der Urwälder, um Soja für Nutztiere anzubauen.
 
 
Auf was sollten Menschen achten, wenn sie sich nachhaltiger ernähren möchten?
 
Grundsätzlich ist der Fleischkonsum weder gesund noch nachhaltig. Um das zu verstehen, muss man sich informieren. Erst wenn ich bestimmte Dinge weiß, kann ich darüber nachdenken. Der Ernährungswissenschaftler Niko Rittenau bietet dazu in seinen Büchern sachliche und einfache Informationen, die eine gute Basis liefern. Eine gut geplante vegane Ernährung ist in jeder Lebensphase möglich. Dabei ist wichtig, sich ausgewogen zu ernähren und vollwertige und möglichst naturbelassene Lebensmittel wie Vollkorn zu verwenden. Fertigprodukte werden häufig mit zu viel Salz und ungesunden Fetten hergestellt. Die vegane Ernährung ist nicht die Lösung für alle Probleme auf unserer Welt und sie ist auch kein Wundermittel. Sie ist aber die einfachste und effizienteste Möglichkeit, Umwelt-, Tierschutz und Gesundheit zu kombinieren.
Unser Ziel ist es, dass die Schüler:innen kochen und nicht wir.
Auf welche Gerichte darf sich die Kundschaft von Vegabula freuen?
 
Wir haben eine kleine Karte mit einem Gericht des Tages. Dieser piatto unico, wie die Italiener sagen, ist ein vollwertig und lecker zusammengestellter Teller aus Getreide, Hülsenfrüchten und Gemüse – das ist alles, was wir pro Tag brauchen.
Außerdem gibt es ein veganes Tartar, den Klassiker Hummusteller, die Barbecue-Blumenkohl-Wings, die Pustertaler Tirtlan mit Sauerkrat, Spinat, Naturtofu oder Gemüsefüllung, eine Falafel-Bowl, einen Rote-Beete-Risotto, einen Linseneintopf, eine Kürbiskokossuppe, ein Seitan-Gröstl, ein veganer Fritto Misto, ein thailändisches Gemüse-Curry und natürlich den klassischen veganen Burger mit schwarzen Bohnen. Wir haben auch eine kleine Nachtischauswahl mit einigen Eissorten und einem Zimt-Crumble.
 
 
Was sagen Sie zur Eröffnung Ihres Unterrichtsrestaurants?
 
Ich denke, auf unsere Karte kann man sich wirklich freuen. Wir werden alles daransetzen, dass es den Leuten schmeckt und sie überzeugt, vielleicht sogar zum Nachmachen zuhause. Am Montag machen wir mit den Schülerinnen und Schülern eine Schulung zu veganer Ernährung und sie erhalten ein dazugehöriges Skript. An den darauffolgenden Tagen Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag kochen wir die Gerichte gemeinsam. Wir bitten deshalb um Geduld, denn es könnte zu Verzögerungen kommen und etwas länger dauern. Unser Ziel ist es, dass die Schüler:innen kochen und nicht wir.
 
Ist eine Reservierung notwendig?
 
Nein, man kann auch spontan hingehen. Eine Reservierung ist für uns hilfreich, da wir als Schulprojekt nur eine begrenzte Zahl an Sitzplätzen haben. Aber wenn noch frei ist, ist natürlich jede und jeder herzlich eingeladen.