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Henris Adieu

Henri Chenot dürfte das Meraner Hotel Palace verlassen. Der Gesundheitspapst eröffnet am 1. Mai im Schweizer Weggis am Vierwaldstättersee ein neues Hotel.
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Foto: lklklk
Seit drei Tagen ist das Palace geschlossen. Traditionell schließt das Meraner Nobelhotel im Jänner/Februar vier bis fünf Wochen. Das ist auch heuer so. Der offizielle Urlaub dauert vom 11. Jänner bis zum 8. Februar.
Danach aber wird nichts mehr so sein, wie es war.
Denn der Mann, der das Palace in den vergangenen 25 Jahren zum renommiertesten Südtiroler Gesundheits- und Wellnesstempel für die internationale Prominenz gemacht hat, wird dann nicht mehr da sein. Henri Chenot und seine Familie haben dem Palace den Rücken gekehrt. Nach Informationen von salto.bz reiste die Familie Chenot bereits vor Weihnachten endgültig aus der Passerstadt ab.
„Er hat sich eine Auszeit genommen“, sagt Chenots Anwalt Karl Zeller. Dabei spricht aber vieles dafür, dass es in Wirklichkeit ein Abschied für immer wird.
 

Der Gesundheitspapst

 
Der heute 75-jährige Henri Chenot, gebürtiger Katalane, französischer Staatsbürger, studierter Meeresbiologie, Fachmann für Chinesische Medizin, Phytokosmetik und Phytotherapie übernahm bereits in den achtziger Jahren die Kurabteilung des Meraner Nobelhotels „Palace“. Henri Chenot und seine Frau Dominique Grenier - als Direktorin des Wellnessbereichs - machten das Palace international bekannt. Stars, Millionäre und Berühmtheiten pilgern seit drei Jahrzehnten zu den Chenots in die Passerstadt.
 
 
2006 übernimmt der Bozner Baulöwe Pietro Tosolini das damals finanziell angeschlagene Palace. Im Lauf der Jahre saniert Tosolini die Immobilie nachhaltig. Das Duo Tosolini-Chenot macht aus dem in die Jahre gekommenen Nobelhotel eine Goldgrube. Das wird durch die Bilanzkennzahlen deutlich. 2005 hatte das Palace einen Umsatz von 13 Millionen Euro. 2014 waren es 42 Millionen und ein Jahresgewinn von 9 Millionen. In den vergangenen Jahren stieg der Umsatz auf über 50 Millionen Euro, und der Gewinn liegt im zweistelligen Millionenbereich.
Es ist für beide eine WinWin-Situation. Hoteleigner Pietro Tosolini hat mit Chenot ein international bekanntes und begehrtes Rennpferd im Stall. Und der französische Wellness-Zauberer verdient sich am Modell Palace seit Jahrzehnten eine goldene Nase.
 

Das Modell Chenot
 

Henri Chenot hat vor 30 Jahren ein Geschäftsmodell entwickelt, das ihm viel Geld einbringt.
Der geschäftstüchtige Franzose hat  vor vielen Jahren seine Diäten und seine Behandlungsmethoden unter dem Markenzeichen „Methode Chenot“ schützen lassen. Ebenso geschützt sind die Bezeichnung „Espace Henri Chenot“ und „Soggiorno Benessere Dominique Chenot“.
Vor allem aber hat der findige Chenot ein steuerlich mehr als interessantes Geschäftsmodell gefunden. Alle Rechte für diese Marken gehören anfänglich der niederländischen Gesellschaft „Henicado BV“. Das Unternehmen mit Sitz in Amersfoort in der Provinz Utrecht gehört der Familie Chenot. Der Firmennamen ist eine Abkürzung der Vornamen von Henri, seinen Kindern Nicolas, Caroline und von Ehefrau Dominique Grenier (Henicado). Geschäftsführer des Unternehmens ist Fabio Mazzoni, ein italienischstämmiger Wirtschaftstreuhänder mit Wohnsitz in Belgien.
Am 31. Dezember 2000 – also lange, bevor Pietro Tosolini das Hotel übernimmt - schließt die Henicado BV mit der „Hotel Palace Gestione Srl“ einen Vertrag mit zehnjähriger Laufzeit ab. Demnach bekommt die Chenot-Gesellschaft 10 Prozent des Umsatzes, den das Palace mit der Methode Chenot und den entsprechenden Produkten sowie dem Beauty-Bereich seiner Ehefrau macht.
 
 
Am 16. Januar 2004 wird vor einem Luxemburger Notar die „HC International S.A.“ gegründet. HC steht für Henri Chenot. Die Societé Anonym gehört  zu je 45 Prozent Henri Chenot und Dominique Grenier und zu je 5 Prozent ihren beiden Kindern Caroline und Nicolas Chenot. Geschäftsführer wird auch in diesem Unternehmen Fabio Mazzoni.
Mit der Übernahme des Palace durch Pietro Tosolini 2006 übernimmt der neue Eigentümer auch den Vertrag mit der Chenot-Firma. Die HC International S.A hat inzwischen die holländische Henicado BV ersetzt. Zudem handelt Tosolini eine Vertragsänderung aus: Die HC International bekommt nur mehr 7 Prozent an Royalties. Dafür erhält Henri Chenot einen zusätzlichen jährlichen Fixbetrag als Verwalter und Dominique Chenot wird Festangestellte im Palace.
Inzwischen bietet die HC International Chenots Methode und seine Anwendungen nicht nur im Meraner Palace an, sondern man schließt auch Verträge mit drei weiteren italienischen Nobelhotels in Brescia, Mailand und Verona ab. Was die Einnahmen deutlich erhöht.
 

Kreative Konstruktion

 
Es ist für Chenot ein mehr als lukratives Geschäft. Bis 2007 die Finanzwache und die Agentur der Einnahmen im Meraner Palace eine Kontrolle durchführen und auch auf das Geschäftsmodell des Gesundheitspapstes stoßen. Schnell wird klar, dass hier einiges nicht stimmt.
Die Beanstandung: rechtswidrige Verlagerung von Gewinnen ins Ausland (Esterovestizione). Weil Henri Chenot sich kooperativ zeigt und zugibt, die Firmenkonstruktion aus steuerlichen Gründen gemacht zu haben, kommt es zu keinem Strafverfahren. Der Gesundheitspapst zahlt nicht nur Steuern zurück, sondern auch eine Strafe von einer halben Million Euro an die Agentur für Einnahmen.
Zudem gründet Henri Chenot in Absprache mit seinen Anwälten, Steuerberatern und der Steuerbehörde eine Firma in Italien. Damit sollen auch die Steuern in Italien bleiben.
Aber auch hier zeigt sich der Gesundheitspapst durchaus kreativ.
Am 30. Dezember 2008 wird in Meran die „HC Biontis Srl“ gegründet. Das Unternehmen hat seinen Sitz im Palace in Meran, Henri Chenot ist Verwaltungsratspräsident und seine Frau Dominique Grenier seine Stellvertreterin. Die HC Biontis Srl tritt im Frühjahr 2009 anstelle der Luxemburger HC International S.A. in alle laufenden Verträge ein.
Damit hat Henri Chenot die Auflagen der italienischen Steuerbehörde erfüllt. Wenigstens auf dem Papier.
Denn gleichzeitig wird ein Lizenzvertrag zwischen der HC International S.A. und der HC Biontis Srl abgeschlossen. Die Luxemburger Firma tritt dem Meraner Unternehmen die Rechte und Lizenzen der Methode Chenot für Italien ab. Und erhält im Gegenzug 5 Prozent aller Einnahmen.
Konkret heißt das: Während vorher sieben Prozent des Palace-Umsatzes direkt nach Luxemburg gingen, sind es ab 2009 nur mehr 5 Prozent. 2 Prozent bleiben bei der Meraner HC Biontis Srl und fallen damit unter die italienischen Steuerbestimmungen.
 

Die Verstimmung

 
Im Strafprozess gegen den ehemaligen Palace-Geschäftsführer Massimiliano Sturaro und die in Meran beschäftigte Schönheitschirurgin Carmen Salvatore wurde auch die Rolle von Henri Chenot und Dominique Grenier durchleuchtet. Obwohl die Vorhaltungen gegen beide umgehend archiviert wurden, sind nach Informationen von salto.bz  die Vorermittlungen der Finanzwache zum System Chenot noch nicht abgeschlossen.
Vor allem aber scheint sich die Stimmung zwischen Palace-Eigner Pietro Tosolini und Chenot-Ehefrau Dominique Grenier deutlich eingetrübt zu haben. Nach Informationen von salto.bz soll es vor Weihnachten zu einem ernsthaften Zerwürfnis gekommen sein. So wurden aus dem Spa-Bereich plötzlich alle Chenot-Produkte abgezogen.
Der Grund dafür könnte in einem anderen Projekt liegen, das sich inzwischen in den Startlöchern befindet.
 

Schweizer Parkhotel

 
In dem Schweizer Ort Weggis liegt in einer weitläufigen Parkanlage am Ufer des Vierwaldstättersees das Park Hotel Weggis. Das Hotel, ursprünglich Park-Hotel Bellevue, wurde 1875 erbaut und 1912 im Stil der Belle Epoque grundlegend erneuert.
2017 kaufte die türkische Gruppe Doğuş, der mehr als 300 Unternehmen mit insgesamt über 35.000 Mitarbeitern gehören, das Hotel. Die neuen Eigentümer investierten über 40 Millionen Schweizer Franken und bauten das Hotel ab Jänner 2019 grundlegend um.
Henri Chenot und seine Familie sind von Anfang an führend in das Projekt involviert. Denn die neuen Eigentümer setzen auf ein medizinisches Gesundheitsangebot “für gesunde Leute, die gesund bleiben wollen“. Neben dem massiven Ausbau an Hotelzimmern sollen so auch rund 100 Behandlungsräume für die Gäste entstehen.
 
 
Dieser Gesundheitsbereich soll von der Chenot´-Gruppe geführt werden. Vor allem aber soll das neue Hotel den Namen seines Zugpferdes tragen: „Chenot Palace Weggis“. Unter diesem Namen wird das Hotel am 1. Mai 2020 eröffnet.
Die Verträge dafür stehen seit langem. So hat die Chenot Gruppe in den vergangenen Jahren zuerst ihren Sitz nach Lugano und dann nach Weggis verlegt. Bereits vor zwei Jahren hat „Chenot Cosmetique Sagl“ ihren Sitz in den Schweizer Ort verlegt.
Offiziell läuft aber noch der Vertrag Chenots mit dem Palace. Dass diese Entwicklung Pietro Tosolini nicht gefällt, dürfte klar sein. Anderseits sind Chenot und sein Ruf ein Magnet für das Palace, der kaum zu ersetzen ist. Deshalb suchte man seit längerem eine einvernehmliche Lösung.
Vor diesem Hintergrund dürfte sich der Konflikt jetzt zugespitzt haben und zum vorzeitigen Ende des Meraner Engagement Chenots führen. Offiziell heißt es im Palace, dass nur Chenots Ehefrau Dominique Grenier im neuen Hotel in Weggis arbeiten werde. „Wer die beiden aber kennt“, sagt ein Bediensteter des Palace, „weiß, dass Henri nichts ohne seine Frau macht und sie ihn keinen Tag alleine lässt“.
Für die Belegschaft des Meraner Nobelhotels ist deshalb klar, dass die Ära Chenot im Palace zu Ende ist.