Politica | SAD-Affäre

Leiters private Gespräche

In einem Telefongespräch zwischen Luis Durnwalder und Ingemar Gatterer unmittelbar nach den Landtagswahlen 2018 wird die Idee zum SAD-Untersuchungsausschuss geboren.
Landtag
Foto: Landtag/Martin Werth
Es war ein wichtiger Auftritt. Am Mittwoch wurde der in der SAD-Affäre ermittelnde Staatsanwalt Andrea Sacchetti per Videokonferenz vom Untersuchungsausschuss des Landtages angehört. Nach der Anhörung erklärte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Andreas Leiter-Reber in einer Aussendung:
Während seit Wochen in der Südtiroler Öffentlichkeit der Inhalt privater Telefongespräche im Mittelpunkt zu stehen scheint, ist es den Mitgliedern des Ausschusses wichtig, sich auf die zentralen Aufgaben der Untersuchung zu konzentrieren, und zwar die Überprüfung, Aufarbeitung und politische Bewertung der Ausschreibung zur Vergabe des öffentlichen Linienverkehrs, wobei deren Annullierung im Fokus des Ausschusses bleibt“.
Im Buch „Freunde im Edelweiss“ lässt sich nachlesen wie sich diese „privaten Telefongespräche“ anhören. Darunter auch ein Gespräch, das Leiter Reber und seine Parteifreudinnen lieber nicht erwähnen. Denn aus diesem angehörten Telefonat, ergibt sich eine zwingende Frage: Haben sich die Freiheitlichen zum nützlichen Handlanger einer Seilschaft unterm Edelweiss gemacht?
 

„Mit der Ulli reden“

 
22. Oktober 2018. Es ist der Tag nach den Landtagswahlen.
Am späten Vormittag analysieren Ingemar Gatterer und Altlandeshauptmann und SAD-Berater Luis Durnwalder am Telefon das Wahlergebnis.
Ein Ausschnitt aus dem Gespräch:
 
Luis Durnwalder: Ich bin jetzt da in Partschins.
Ingemar Gatterer: Aha, aha. Und, was sagst du?
Durnwalder: Wie kommt dir vor?
Gatterer: Ja, mir ist nur schade, dass der Pöder draußen ist. Sonst bin ich zufrieden.
Durnwalder: Ja, ja ...
Gatterer: Weißt du, der Pöder hat doch viel getan für mich letzthin. Schade (...). Schade, weißt du, er hätte uns die Kommission im Landtag wegen der Ausschreibung einberufen können, die die Sache analysiert hätte (Gatterer meint einen Untersuchungsausschuss - Anm. d. Autors). Das hätte er vor allem vorangetrieben, das fehlt uns, das wird uns wegbrechen.
Durnwalder: Ja, ja. Warte, wen könnte man von denen, die jetzt drinnen sind ...
Gatterer: Das müssten sie jetzt angehen mit dem Untersuchungsausschuss, aber du brauchst jemanden, der sich hineinkniet, der will. Ich weiß nicht, wen man da könnte (...).
Durnwalder: Ich muss mir die Leute noch einmal genau anschauen, ob wir einen außerderfetzn.
..(…)…
 
 

Gatterer: Na, aber, um den Pöder ist narrisch schade ...
Durnwalder: Ich könnte mit der Ulli (Ulli Mair von den Freiheitlichen - Anm. d. Autors) reden ...
Gatterer: Mit der Mair?
Durnwalder: Ja.
 
Es dürfte mehr als nur bemerkenswert sein, dass Luis Durnwalder mit einer Spitzenexponentin einer Oppositionspartei spricht, damit diese im Landtag einen Untersuchungsausschuss einfordert, der direkt gegen die SVP und die amtierende Landesregierung gerichtet ist.
Alles nur „privates, blödes Gerede“?
 
 

Die Einsetzung

 
Die Wirklichkeit lässt anderes vermuten.
Denn der Zufall will es, dass wenige Monate später, im Frühjahr 2019, die Freiheitlichen genau diesen Plan umzusetzen versuchen. Andreas Leiter-Reber und Ulli Mair legen der Landtagsopposition den Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Vergabe des Südtiroler Nahverkehrs vor.
 
 
Laut Geschäftsordnung des Landtages muss ein solcher Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses aber wenigstens von einem Viertel der Landtagsabgeordneten mitgetragen werden. Im Frühjahr 2019 kommen diese Unterschriften unter dem freiheitlichen Antrag aber nicht zustande. Der geplante Untersuchungsausschuss scheitert. Vorerst.
Denn 15 Monate später wird dann genau das umgesetzt, was Luis Durnwalder in diesem Telefongespräch angeregt hat.
Nachdem Anfang Juni 2020 ein interner Ermittlungsbericht der Bozner Staatspolizei zu den Ermittlungen rund um die sogenannte SAD-Affäre den Südtiroler Medien und auch ausgewählten Politikern zugespielt wird, reichen die Freiheitlichen am 9. Juni 2020 einen zweiten Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag ein. Diesmal kommen die nötigen Unterschriften zustande.
Am 7. Juli 2020 setzt Landtagspräsident Sepp Noggler per Dekret den Untersuchungsausschuss dann ein. Vorsitzender des Gremiums wird Andreas Leiter Reber.
Es dürfte genützt haben, „mit Ulli zu reden“.
Aber das sind - laut dem Ausschussvorsitzenden - ja nur „Privatgespräche“.
 
Update: 13.4.2022, 12.45 UHr
 
Ulli Mair legt Wert auf die Feststellung, dass sie in dieser Angelegenheit niemals von irgendjemand weder telefonisch noch persönlich kontaktiert wurde. Sie habe den Antrag zur Einsetzung der Untersuchungskommission aus Überzeugung verständlicherweise mitunterzeichnet.
Bild
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Martin Sitzmann Mer, 04/13/2022 - 14:38

Hab ich mir's doch gedacht, dass die Provinzposse eine Fortsetzung findet...
Herr Franceschini, ich wünsche Ihnen ein glückliches Händchen dabei, den richtigen Moment fürs Aufhören beim Nachfeuern zu finden. Sonst bleibt uns armen Wählern am Ende gar keine Opposition übrig, die man wählen könnte, und viele landen wieder dort, wo alles anfing... ;-) auch wenn das Edelweiß laut Doggi den Frühling mit dem Herbst verwechselt und verbliat.

Mer, 04/13/2022 - 14:38 Collegamento permanente