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Low-Carb - nur so ein Trend?

Was verbirgt sich hinter diesem Anglizismus? Eine neue Mode-Diät oder eine ernstzunehmende Ernährungsform?
Kohlenhydratfreie Mahlzeit
Foto: (c) unsplash

Man hört und liest in jüngerer Zeit immer etwas von Low-Carb. Viele können sich unter diesem Anglizismus gar nichts vorstellen oder haben nur eine vage Ahnung, dass es sich um irgendwas mit Kohlenhydraten handeln könnte.

Low-Carb kommt von den beiden englischen Wörtern low für ‚wenig‘ und carb als Abkürzung für carbohydrates‚ also Kohlenhydrate. Somit bedeutet Low-Crab-Ernährung, dass man in seinem individuellen Speiseplan den Anteil der Kohlenhydrate reduziert.

Tatsächlich ist eine Diät, bei der extrem wenig Kohlenhydrate gegessen werden nicht neu. Genau vor 100 Jahren „erfand“ der Arzt Russel Wilder in Minnesota die Ketogene Diät für Kinder und Jugendliche, die an einer extrem starken Form der Epilepsie litten. Auch heute noch behandelt man Kinder, bei denen trotz Medikamente die Anfälle kaum weniger werden, mit einer ketogenen Diät. Diese Form der Diät lernen die Eltern in Kliniken und sollte auf keinen Fall zu Hause „einfach so“ ausprobiert werden.

Die weitaus mildere Form, die man gut zu Hause machen kann, ist das moderate Reduzieren von Kohlenhydraten im eigenen Speiseplan.

Hier kurz 3 Zahlen: die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt 55% seines Energiebedarfes in Form von Kohlenhydraten aufzunehmen, 30% in Form von Fett und 15% in Form von Proteinen.

Bei der ketogenen Diät werden ganze 80% der täglichen Energie in Form von Fett aufgenommen, ebenso 15% Eiweiß und lediglich 5% der täglichen Energie wird aus Kohlenhydraten gewonnen.

Eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten, also Low-Carb, sieht jeweils ein Drittel Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß vor. Es werden also die Kohlenhydrate reduziert und dafür in erster Linie der Eiweißanteil erhöht.

Tatsächlich sollte eine Low-Carb-Ernährung nicht eine kurzfristige „Diät“ sein. Aus wissenschaftlich nachgewiesenen Gründen macht es letztlich für jeden Menschen Sinn, die tägliche Kohlenhydratzufuhr zu reduzieren. Low-Carb sollte deshalb als Lebenseinstellung gesehen werden.

Was sind die Vorteile, wenn ich meine Kohlenhydrate reduziere und wie muss ich es machen, damit ich spürbare Erfolge habe?

Aus medizinischer Sicht weiß man, dass Low-Carb einen großen Einfluss auf verschiedenen Gesundheitsbereiche hat. Mit einer staken Evidenz weiß man heute, dass Low-Car Einfluss auf eine Gewichtsreduktion hat, sich positiv auf eine Insulinresistenz und einen Diabetes 2 auswirkt und man konnte eine Senkung der kardiovaskulären Risikofaktoren feststellen. Mit zunehmender Evidenz stellt man auch einen positiven Einfluss bei Krebst, PCOS (Polycystische Ovarien) und bei neurologischen Erkrankungen wie Demenz fest.

 

Neben diesen sehr positiven medizinisch nachgewiesenen Effekten beschreiben Menschen, die ihre Ernährung umgestellt haben folgende Beobachtungen: ich habe keine Heißhungerattacken mehr, das Abnehmen fällt mir viel leichter, ich kann mich besser konzentrieren, ich habe mehr Ausdauer, ich kann besser schlafen, ich fühle mich fitter, das ständige Völlegefühl ist weg.

 

Was passiert bei Low-Carb?

 

Unser Körper hat grundsätzlich 2 Möglichkeiten Energie zu gewinnen: durch Kohlenhydrate und durch Fett. Die energiebringende Einheit der Kohlenhydrate heißt Glucose. Deshalb heißt der Stoffwechsel Glycolyse. Die energiebringende Einheit der Fettverbrennung heißt Ketonkörper, daher der Name ketogene Diät. Der Stoffwechsel heißt Ketolyse. Der menschliche Körper hat nur eine geringe Kapazität Kohlenhydrate zu speichern (ca. 700g), hingegen eine (fast) unbegrenzte Möglichkeit der Fettspeicherung, wie viele leidvoll an ihren „Rettungsringen“, ihrem „Bierbauch“ oder dem „Hüftgold“ sehen können.

Früher konnte der Mensch problemlos zwischen Glycolyse und Ketolyse wechseln. Heute können das fast nur noch Säuglinge. Denn wir füttern unseren Körper den ganzen Tag mit Kohlenhydraten, so dass der Energiebedarf locker ausschließlich mit der Glycolyse gedeckt werden kann. An die Fettreserven braucht unser Körper gar nicht mehr ranzugehen. Und somit werden sie auch nicht weniger. Im Gegenteil, indem Moment, wo ich zu viel Kohlenhydrate esse, werden diese umgehend in Fettreserven umgewandelt.

Damit die Fettverbrennung wieder in Schwung kommt, muss ich irgendwann die ständige Kohlenhydratzufuhr unterbrechen. Das geht am besten in 2 Schritten.

Als erstes reduziert man die tägliche Kohlenhydratmenge, indem man sie nur noch zu zwei Mahlzeiten am Tag isst. Entweder Frühstück und Mittagessen oder Mittag- und Abendessen. Eine Mahlzeit sollte komplett ohne Kohlenhydrate sein: also ohne Kartoffeln, Reis, Nudeln, Brot, Obst, Zucker, Milch, Süßes. Als Alternativen bieten sich an: Eier, Käse, Salat, Gemüse, Fleisch und Fisch. Gerade für Meschen, die ihr Gewicht reduzieren wollen, ist es sinnvoll, am Abend eine große Schüssel Salat mit Avocado, Mozzarella oder Feta oder ein paar Putenstreifen zu essen – und kein Brot dazu!

Der zweite große Schritt ist eine Esspause von mindestens 12 Stunden zu machen. Das macht man idealerweise nachts, weil man den größten Teil der Pause (ver-)schläft. Wenn man also sein Abendessen (idealerweise ohne Kohlenhydrate) um 19 Uhr isst, kann man um 7 Uhr am nächsten Morgen frühstücken.

In der kohlenhydratfreien Zeit muss nun der Körper sich die Energie woanders herholen – und die einzige Alternative ist das Fett. Somit beginnt der Körper nun langsam, auf seine Fettreserven zurückzugreifen.

Jedoch muss man beachten, dass dieser Wechsel nicht von heute auf morgen geht. Der Körper ist jahrelang daran gewöhnt, dass ihn „sein“ Mensch mit Kohlenhydraten füttert. Das erste, was der Körper macht, er schreit. Er schreit in Form von Hunger nach seinen altbekannten Energielieferanten: Brot, Nudeln, Pizza, Süßes, Reis, Kartoffeln. Und sein Schreien kann sehr hartnäckig sein! Manche „Umsteller“ berichten, dass sie Kopfschmerzen haben, Schwindelgefühl, sich schlapp fühlen oder müde sind. Diese Beschwerden nennt man die „Keto-Grippe“. Leider muss man da durch – aber die Beschwerden in der Umstellung sind auszuhalten.

Nach einer gewissen Zeit, wenn der Köper nun auch auf die Fettverbrennung zurückgreifen kann, werden Sie die vielen Vorteile sehr schnell merken. Je nach vorherigem Gesundheitszustand können Sie feststellen, dass sich die Blutinsulin- und Blutzuckerwerte normalisieren. Nicht wenige können ihre Medikamente reduzieren oder sogar ganz weglassen. Dies sollten Sie aber nur in Absprache mit Ihrem Arzt machen. Bei anderen konnte eine Normalisierung der Blutfettwerte festgestellt werden, wieder anderen berichten von einer deutlich längeren Ausdauer und längere Konzentration. Die Wirkungen sind vielfältig. Probieren Sie es aus, Ihr Körper belohnt Sie dafür!