Politica | Frankreich Wahlen

Macron und Linksblock gleichauf

Die radikale Linke jubelt, der Präsident muss um seine Regierungsmehrheit bei den Stichwahlen zittern.
frankreich_wahlen2022_800.jpg
Foto: upi
Die Meinungsumfragen lagen diesmal richtig. Weil es Jean-Luc Mélenchon gelungen ist, die seit Jahren zerstrittenen Sozialisten, Kommunisten und Grünen zu einem Wahlbündnis mit seiner radikal linken Partei der „Unbeugsamen“ zu vereinen, ist der große Coup gelungen.
Die „Neue öko-soziale Volksunion“ NUPES (Nouvelle Union populaire ecologique et sociale) hat ebenso viele Stimmen erreicht wie Emmanuel Macrons aus vier Mitte-Rechts-Parteien bestehende Liste „Ensemble“ (Gemeinsam), nämlich zwischen 25 und 26%. Je nach Hochrechnungsinstitut führt die eine oder andere Liste um ein paar Zehntel Prozent.
 
 
Für den erst vor sieben Wochen mit 58,5 % wiedergewählten Macron ein harter Schlag und ein Verlust von rund 7% verglichen mit dem ersten Durchgang der Parlamentswahlen vor fünf Jahren. Die Linke konnte ihren Stimmenanteil hingegen verdreifachen.
 

Macrons Vorteil bei der Stichwahl

 
Aufgrund des Mehrheitswahlrechts hängt jetzt alles davon ab, wer bei den Stichwahlen in einer Woche die meisten Wähler jener Parteien gewinnen kann, die gestern ausgeschieden sind. Und hier sagen die noch sehr unscharf angelegten Projektionen der Präsidentenliste einen klaren Vorteil voraus, weil Macron auf ein größeres Reservoir an Stimmen aus dem konservativen und Rechten Lager zählen kann.
 
 
Seine Allianz „Ensemble“ könnte demnach zwischen 255 und 310 der zu vergebenden 577 Abgeordnetensitze erreichen, das Linksbündnis nur zwischen 150 und 210.  Für die absolute Mehrheit sind 289 Abgeordnete nötig.
 

Der rechte Block

 
Die rechtsextreme Marine Le Pen errang wie prognostiziert mit 19% der Stimmen den dritten Platz und kann mit 20 bis 45 Sitzen wieder erstmals nach 30 Jahren mit einer eigenen Fraktion im Parlament rechnen. Ihr Rivale, der faschistoide Rechtsaußen-Ideologe Eric Zémmour, geht mit 4% leer aus. Die mittlerweile ebenso stark nach rechts gedrifteten Le Républicains, die konservativen Erben des neogaullistischen Jacques Chirac, haben starke Stimmeneinbußen hinnehmen müssen, könnten aber trotz ihrer bescheidenen 11,5%  zwischen 40 und 80 Abgeordnete stellen, weil lokal verankert und weil gegenseitige Unterstützung zwischen ihnen und der Macron-Allianz nicht ausgeschlossen ist.
 
 
Und schon am Wahlabend ließen verschiedene prominente Vertreter sowohl der Républicains als der Macron-Allianz durchklingen, dass sie sich eine „enge Zusammenarbeit“ durchaus vorstellen können, falls Macron in der Assemblée lediglich eine relative Mehrheit zustande bringen sollte. Denn dass die Mehrheit Macrons jedenfalls sehr knapp bis ungewiss bleibt, betonten so gut wie alle Kommentatoren und Medien von der linken „Liberation“ über „Le Monde“ bis hin zum konservativen „Le Figaro“.