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Der Bienenkönig

Paul Gruber möchte Bienen wieder auswildern. Dafür hat er in Mals „Bienenbäume“ aufgebaut. Sein Traum: mehr Mischkultur, Fruchtfolgen, keine Pestizide und gesunde Bienen.

Mit einer Tasche voller Wabenrahmen kommt Paul Gruber. Leere Rahmen, einige mit Wachsvordrucken, einer mit Honig. Gruber ist ausgebildeter Imker. Er sagt, Honig sei nicht gesund. Er schädige Zähne und Darm. 

In der Gemeinde Mals hat Gruber in den letzten Jahren 35 Bienenbäume aufgestellt, im Abstand von mindestens 300 Meter, weil ein Bienenvolk ein Revier braucht. Er hat sich Baumstämme zuschneiden lassen oder auch selber zugeschnitten. Die Bäume sind in Ringe geschnitten, so dass der Bienenbaum zerlegbar ist. Innen ausgehöhlt, nach oben mit Schaf- und Holzwolle isoliert und mit einem Kupferdach versehen. An der der Sonne zugewandten Seite ist ein Einflugloch für die Bienen, nach oben ansteigend. 50.000 Euro hat der Paul in seine Bienenbäume in den letzten 10 Jahren investiert.  Es sei ein Pionier-Projekt, sagt der Paul. Honig wolle er keinen ernten. Denn den Honig benötigen die Bienen selber für ihr Überleben. 

Paul Gruber nimmt einen leeren Bienenbaum auseinander. Zuerst das Dach, dann ein erstes Segment. Es ist schwere Arbeit, das oberste, ausgehöhlte Baumsegment, mit Isoliermaterial gefüllt und mit einem Durchmesser von einem Meter wiegt rund 50 Kilogramm. „Das Holz wirkt wie eine Isolationsschicht“, sagt Paul. Und als Wärmespeicher. Derzeit sind 15 Bienenbäume mit Bienenvölkern besetzt. Zehn Völker sind ihm verhungert, weil er wenig Zucker zugefüttert hat. Zuckerfütterung sei für die Bienen nicht gut, sagt Paul.

Paul Gruber mit einem seiner Bienenbäume

Die Aushöhlung innen ist rechtwinklig, so dass Paul die Rahmen einsetzen kann. Der Abstand zwischen den Rahmen muss exakt stimmen, damit die Bienen in die Rahmen Waben bauen können.  

Vor 30 Jahren habe er 25 Bienenvölker gehabt. Weil er aber kein Mittel, „keine Chemie“, gegen die Varrhoamilbe eingesetzt habe, seien die Bienen innerhalb von zwei Jahren zugrunde gegangen. Das war noch in der Nähe von Brixen, in Pfeffersberg. Dort hat er ein kleines Höfl bewirtschaftet. Über die Vergangenheit mag der Paul nicht gerne reden. Das mache ihn schwermütig. „Das bringt mir nix“, sagt Paul. Er wolle lieber in die Zukunft blicken. In den Vinschgau sei er wegen eines Traumes gekommen. „Paul, du musst in den Vinschgau“, hieß es im Traum. Er habe den Vinschgau überhaupt nicht gekannt. Dann ist er in Marienberg und dann in Schlinig gelandet. Heute wohnt Paul in Mals. Noch bis vor 3 Jahren war er beim Imkerbund. Weil seine Forderungen nach mehr Natur für die Landwirtschaft und für die Bienenhaltung, nach Verzicht auf Pestizide... - es waren 17 Forderungen, erinnert sich Paul - nicht ernst genommen wurden, ist er aus dem Imkerbund ausgetreten. Der Paul hätt’ schon Recht, aber... , habe der Noggler Sepp damals gesagt, erinnert sich Paul Gruber.  „Der Imker ist der schlimmste Massentierhalter“, sagt der Paul. "Ich bin vom Imker zum Bienenfreund geworden.“

Mit Leidenschaft hat er sich im oberen Vinschgau gegen eine Verrohrung des Rambaches eingesetzt, gegen den Einsatz von Pestiziden auch. Paul bringt oft Leserbriefe in die Vinschgerwind-Redaktion. Lange Leserbriefe, handgeschrieben. „Die Leute sollen endlich aufwachen“, sagt Paul. Diskussionsrunden hat er schon mit seinen Beiträgen fast gesprengt. Weil er, akribisch schriftlich vorbereitet, seinen Vortrag zu Ende führen wollte.  Einmal hat man ihn aus einer Diskussionsrunde hinausgetragen.

Paul kehrt aus Gedanken an die Vergangenheit wie eine Biene von einem Ausflug zurück an den Bienenbaum. „Bienen fliegen auf Futtersuche rund 3 Kilometer nach allen Seiten aus“, sagt Paul. Die Suchbienen melden gefundene Futterquellen punktgenau. Natürlich seien seine Bienenbäume nicht ganz natürlich. Aber sie seien eine Burg mit einem Reich drumherum. „Es gibt ja keine Bäume mehr mit Aushöhlungen, die die Bienen nutzen könnten“, sagt Paul. Paul möchte die Bienen zur Natur zurückführen. „Damit sie bis ins Erbgut gesunden können“. 

Im Frühjahr wartet Paul auf einen Naturschwarm. „Ich hoffe, dass aus meinen 15 Völkern einer hervorgeht“, sagt er. 

Wenn man die Bedeutung der Bienen zur Bestäubung weiß, müsse man in der Bienenzucht eine 180 Grad Wende vollziehen. Er sei ein Optimist sondersgleichen und hoffe auf Mischkulturen im oberen Vinschgau, auf Fruchtfolge. Denn dann hätten die Bienen, denen er in Form von Bienenbäumen ein zuhause biete, eine Überlebenschance.

Die Waben-Rahmen hat Paul eingebaut, den Bienenbaum wieder verschlossen. Das Nest ist hergerichtet. Der Schwarm kann kommen.

 

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 12/16 der Zeitschrift Vinschgerwind erschienen.