Società | Fahrverbot

Dicke Luft wegen sauberer Luft

Das Fahrverbot in Bozen sorgt in Jenesien und Sarntal für Verärgerung. Die beiden Bürgermeister fordern einen Durchzugs-Korridor für die Pendler ihrer Gemeinden.
Fahrverbot Bozen
Foto: Stadtgemeinde Bozen

In gut zwei Wochen ist es so weit. Wegen der schlechten Luft in der Landeshauptstadt gelten ab 1. Juli 2019 in Bozen großräumig Fahrverbote für alle Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 0 und Euro 1 und Dieselfahrzeuge der Klassen 2 und 3. Das Fahrverbot gilt von Montag bis Freitag von 7 bis 10 Uhr und von 16 bis 19 Uhr. Für Euro-3-Dieselfahrzeuge, die für den Gütertransport genutzt werden, gilt vorerst eine Ausnahmeregelung. Ab 1. Jänner 2020 tritt das Fahrverbot auch für diese in Kraft.

“Für eine saubere Luft in Bozen” steht auf den Hinweisschildern, auf denen das Fahrverbot angekündigt wird. Die Verfügung des Bozner Bürgermeisters Renzo Caramaschi sorgt aber selbst für dicke Luft. In den Anrainergemeinden Jenesien und Sarntal ist man sauer. Zahlreiche Pendler fahren von dort täglich nach, aber vor allem durch Bozen zur Arbeit. Wer mit einem Diesel-3 oder Fahrzeug niedrigerer Klasse unterwegs ist, kann das zu gewissen Zeiten künftig nicht mehr. Aber auch die Fahrt zum Bozner Krankenhaus wird erschwert. Denn die Fagenstraße, die als Durchzugsstraße genutzt wird, wird gesperrt.

 

 

“Schikane” ist ein Wort, das dieser Tage häufig fällt. Die Freiheitliche Ulli Mair hat vor Kurzem auf die Probleme, die sich für Berufspendler mit älteren Fahrzeugen durch das Bozner Fahrverbot ergeben, hingewiesen. “Für Jenesier und Sarner ist es auf jeden Fall eine Schikane”, sagt Paul Romen.

Anfang der Woche hat der Bürgermeister von Jenesien seine Überlegungen auf Facebook geteilt. “Schade, dass mit solchen Verboten immer der einfache Arbeiter getroffen wird. Für viele ist es nämlich schlicht unmöglich, einfach so ein passendes Auto zu kaufen um pünktlich zur Arbeit zu kommen”, meint Romen. Für die Jenesier, die ein vom Fahrverbot betroffenes Auto fahren, bedeutet das Verbot in Bozen, dass sie weitläufig ausweichen müssen. Über Mölten oder gar den Ritten. Dasselbe gilt für die Sarner. Im Sarntal gebe es an die 800 Euro-3-Diesel-Fahrzeuge, die von Privaten und Betrieben genutzt werden, erklärt Bürgermeister Christian Reichsigl. “Das sind zwar zum Großteil nicht Pendler. Aber das Fahrverbot bedeutet für uns, dass wir uns nicht frei bewegen können.”

Ebenso wie Paul Romen ist Reichsigl überzeugt, dass es Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung und für den Schutz von Gesundheit und Umwelt braucht. “Wenn aber auf der Autobahn tausende Autos unkontrolliert durch Bozen fahren, dann sollte es doch möglich sein, dass für Pendler und Arbeiter von Jenesien und Sarntal ein Korridor durch Bozen offen bleibt”, meinen die beiden Bürgemeister unisono.

 

Am meisten verärgert ist man in Jenesien und Sarntal darüber, dass die Bozner das Fahrverbot ohne Rücksprache mit den zwei Anrainergemeinden eingeführt hat. “Der Bozner Bürgermeister hat mir zwar inzwischen zugesichert, dass es für dringende Fälle, wenn jemand zum Beispiel für eine dringende Visite oder Therapie ins Krankenhaus Bozen muss, eine Durchfahrtsgenehmigung geben wird”, erklärt Reichsigl. “Aber wir sind noch nicht am Ende des Weges.”

“Wir brauchen einen Korridor”, so die übereinstimmende Haltung der Bürgermeister von Jenesien und Sarntal. Daher werde es weitere Gespräche mit Caramaschi brauchen – und geben. “Sofort einverstanden und zu unterstützen ist der weitere Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs”, meint Paul Romen. Aber bis dahin sollte, “wer nachweislich keine Alternative hat, eine Sonderregelung erfahren”. Romen schlägt ein verlängerbares Pickerl vor, das die Durchfahrt erlaubt. “Eine gemeinsame Suche nach equivalenten Lösungen” müsse jedenfalls möglich sein – “und sollte nicht auf dem Rücken von Jenesien und Sarntal ausgetragen werden”, heißt es aus den Anrainergemeinden.