Società | Hexenverfolgung

Scheiterhaufen mit Schlernblick

Wenn etwas schief läuft, muss ein Sündenbock her: Einst waren es die vermeintlichen Hexen und Zauberer. Auch in Tirol wurde fleißig gehetzt und gemordet.

Man schrieb das Jahr 1485, als ein gewisser Herr namens Heinrich Institoris nach Innsbruck kam. Hier wollte er den ersten Tiroler Hexenprozess in Gang bringen; er scheiterte aber. Heinrich Institoris war ein Inquisitor und sollte trotz seines Innsbrucker Rückschlages die europäische Geschichte noch für Jahrhunderte prägen – auch in Tirol. Ein Jahr später, 1486, verfasste er den berühmten „Malleus maleficarum“, auch als Hexenhammer bekannt. Mit dieser Schrift war die Zeit der Verfolgung von Hexen und Zauberern eingeleitet.

Nur 30 Jahre nach der Veröffentlichung der Schrift hatte sich schon vieles nach den Vorstellungen von Heinrich Institoris gewandelt. Das inquisitorische Hexenbild hatte sich inzwischen weitgehend etabliert, auch dank der tatkräftigen Unterstützung der katholischen Kirche. In den Völser Prozessen von 1506 und 1510 wurden bereits die ersten Menschen aufgrund der fünf klassischen Hexereidelikte verurteilt: Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexenflug, Hexensabbat und Schadenzauber. Erst nach 1722, dem Jahr, in dem die letzte belegte Enthauptung und Verbrennung in Tirol stattfand, hörte die Verfolgung auf. Obwohl Aberglaube und Argwohn zu diesem Zeitpunkt in der Bevölkerung noch weit verbreitet waren, versuchten inzwischen die zentralen Behörden, den barbarischen Prozessen Einhalt zu gebieten. Doch wer waren die über 600 Tiroler, die ab 1506 der Hexerei bezichtigt und teilweise verurteilt und hingerichtet wurden? Und wofür mussten sie als Sündenbock herhalten?

Hexen und Zauberer als Blitzableiter für den Volksunmut

In seiner Dissertation beobachtet der Forscher Hansjörg Rabanser, dass die Höhepunkte der Verfolgung oft mit anderen Katastrophen einhergingen, die möglicherweise die Menschen dazu animierten, einen Sündenbock zu suchen. Bereits im 16. Jahrhundert fing es damit an, dass sich die Bevölkerung weit schneller vermehrte (um bis zu 50%), als die Fortschritte in der landwirtschaftlichen Produktion mithalten konnten. Und so kam es – auch verstärkt durch klimatische Einflüsse wie die „Kleine Eiszeit“ 1565-1575 – in Tirol zu Hungersnöten. Seuchen, Heuschreckeneinfälle, Überschwemmungen und eine Vertiefung der Wirtschaftskrise durch Inflation und den Dreißigjährigen Krieg (bis 1648) führten im 17. Jahrhundert zu großen Nöten. Der Unmut war enorm und musste irgendwo einen Schuldigen finden.

Dass man bis heute vor allem die Frauen als Opfer dieser Entwicklung gelten und man sich die Angeklagten als heruntergekommenes, struppiges Weib vorstellt, liegt am inquisitorischen Hexenbild, das die Verfolgungen vor allem im 16. Jahrhundert geprägt hat. „Was viele nicht wissen, ist, dass später auch zahlreiche Männer der Hexerei und Zauberei angeklagt wurden, sodass die verschiedenen Geschlechter am Ende gleich stark betroffen waren“, erklärt Benedikta Pechlaner. Die Künstlerin vom Ritten hat zu einer Ausstellung über Hexenverfolgungen mit ihren eigenen Werken beigetragen. Die Ausstellung in Lengmoos am Ritten ist noch bis zum 21. August geöffnet.