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Foto: Message Veneto
Politica | Verfassungsreferendum

Erpressen?

Sollen wir tatenlos und sehenden Auges bei dem Referedum für ein "Si" oder ein "No" stimmen - oder gibt es noch etwas zu tun?

Der Schuldenberg Italiens hat gerade erneut einen neuen Höchststand erklommen. In den internationalen Medien riecht man sie schon, die Spekulanten, die darauf zocken, dass Italiens Kreditwürdigkeit herunter gestuft wird, mit der vernichtenden Erkenntnis, die weder neu noch Insidern vorbehalten ist: nicht reformfähig.

Renzi, selbsternannter Rottomotore, war angetreten um zu reformieren. Er ist kein großer Stratege, trägt keine Vision vor sich her. Nichtsdestotrotz kennt er die Weh-Wehchen und ist als nicht ungeschickter Taktiker sichtlich darum bemüht, das reformunfähige Establishment aufzubrechen. Viel Feind, wenig Ehr, dafür viele Geier, die auf den ersten großen Fehler warten.

Nun hat Renzi ihn gemacht, den großen Fehler, hat in seiner ungeduldig oberflächlichen Art eine denkwürdig unwürdige Verfassungsreform zu Papier gebracht. Alle waren sich des geringen Handlungsspielraums, des explosiven Terrains bewusst. Föderalisten handelten nicht föderal. Visionäre waren wohl auf Urlaub. In der Phase, in der Konstruktivität gefordert war, hatten sie alle ihre Verantwortung, ihre Ideen- und Visionslosigkeit dem Rottomotore überlassen. Stimmten mit gekreuzten Fingern hinterm Rücken in mehreren Lesungen, in beiden Kammern für die Reform. Renzi wiegte sich in falscher Sicherheit. Reingelegt!

Und jetzt kriechen sie aus allen Löchern, die Destruktiven, nutzen das Silbertablett um das System zum Implodieren zu bringen. Als ob es irgendjemanden schlaflose Nächte bereiten würde, ob denn der Senat aus 100 oder 300 Hanseln besteht. Regierungskrise, Euro-Ausstieg und zentrifugale Nationalismen sind die wahren Beweggründe gar mancher Comitati per il No. Hauptsache es schnöllt. In unheiliger Allianz die Verfassungsexperten, die – vor die Wagen gespannt – immer noch glauben, sie müssten noch jemanden von den inhaltlichen Mängeln des Reformtextes überzeugen. Manch einer hat hinter den wissenschaftlichen Lesebrillen komplett übersehen, dass es hier mittlerweile um existenzielle Politik geht.

Innen- wie außenpolitisch ist ein „No“ beim Referendum reinstes Hara Kiri. Das muss endlich gesagt werden! Zu erwarten, dass dieses Italien im jetzigen Zustand dazu in der Lage wäre, sich auf ein modernes, föderales, für Europa richtungsweisendes Fundament zu setzen, ist ein Traum, den ich gerne mitträume, aber es ist und bleibt – mit und ohne Renzi – Träumerei. Wollen wir also in alle Welt posaunen, dass Italien betonierterweise für die nächsten zehn Jahre reformunfähig bleibt? Also was tun?

Bersani und Co machen es vor: Sie erpressen Renzi. „Wir stimmen mit ‚No‘ wenn nicht ...“ ... das Wahlgesetz geändert wird ... sich die Ausrichtung der Partei nicht ändert ...

Man muss diese Flügelkämpfe im PD wirklich nicht mögen. Wenn wir aber etwas erreichen wollen, dann sollte dem Plodner Beispiel folgend aus Südtirol, dem Trentino und den autonomen Regionen die geschlossene Drohung nach Rom hallen:

„Wir stimmen alle mit ‚No‘ wenn nicht die Supremieklausel verschwindet.“

Noch mehr Eindruck und Druck würden wir hinterlassen, wenn aus dem Alpenbogen in demonstrierter Geschlossenheit  die Botschaft käme:

„Wir stimmen alle mit ‚No‘, wenn nicht endlich vernünftige und konkrete Weichen in der Verfassung verankert werden, die Verbania, Veltlin und Belluno den Weg zur Autonomie vorzeichnen.“  

Denn dann und nur dann, kann Südtirol seine Autonomie weiter ausbauen.

Aus Renzis Sicht, zwei kleine Zugeständnisse. In seiner jetztigen Situation vielleicht gar ein Rettungsring, an den er sich gerne klammen würde. Aus unserer Sicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung –  wesentlich konstruktiver als das saglose Gezänke, mit dem wir Uneinigkeit demonstrieren und uns tatenlos und sehenden Auges einem Referendum nähern, bei dem weder ein „Si“ noch ein „No“ in unserem Interesse sein kann.