Politica | Kommentar

Selbstbestimmung & Ehrenerklärung

Bereits in seiner ersten Sitzung beginnt der Landtag die Würde des Hohen Hauses zu untergraben. Ein paar unbequeme Gedanken zur konstituierenden Sitzung des Landtages.
Landtag 2018
Foto: Salto.bz
Es wird wunderbar werden. „Ich schwöre -  und werde mich im Sinne der Verfassung für die Legalisierung von Marihuana einsetzen“, wird der links-alternative Landtagabgeordnete bei seiner Angelobung sagen. Der Mandatar, der als Kandidat des Bauernbundes in das hohe Haus einziehen wird, könnte hingegen eine andere Eidesformel ablegen: „Ich schwöre  -  und werde mich im Sinne der Verfassung für die Wiederzulassung von Glyphosat einsetzen“.
Was absurd klingt, ist seit zwei Legislaturen im Südtiroler Landtag anscheinend zur Normalität geworden. Die Abgeordneten der Südtiroler Freiheit fügen der gesetzlich vorgeschriebenen Vereidigungsformel als Landtagsabgeordneter einen Zusatz an:
Ich schwöre -  und werde mich im Sinne der Verfassung für die Selbstbestimmung einsetzen”, sagen Myriam Atz Tammerle und Sven Knoll auch am Mittwoch bei ihrer Angelobung als Abgeordnete im Landtag. Allein Alessandro Urzì protestiert - aus ideologischen Gründen - gegen diese Abwandlung des Schwurs auf die italienische Verfassung. Die einzige Reaktion auf Urzìs Einwand ist ein uneleganter und arroganter Seitenhieb von Helmut Renzler.
 
Natürlich geht es hier um einen Formalismus. Doch von einem Parlament dürfte man verlangen können, dass es sich wenigstens bei seiner ersten, konstituierenden Sitzung an die Spielregeln hält.
Leider ist das nicht so. Auch die Südtiroler Volkspartei hat am Mittwoch ein Musterbeispiel abgeliefert, wie man die Würde eines Hohen Hauses untergräbt.
Die eingeforderte Ehrenerklärung ist absurd und rechtlich völlig nichtig.
Landeshauptmann Arno Kompatscher legt vor der Wahl des Landtagspräsidiums die Probleme seiner Partei offen. Da man noch nicht wisse, mit wem die SVP eine Regierungskoalition bilden werde, würde man nur ein „provisorisches Präsidium“ wählen. Deshalb müssten alle Kandidaten vor ihrer Wahl im Landtag eine Ehrenerklärung abgeben, dass sie notfalls wieder von ihrem Amt zurücktreten würden. Die fünf Gewählten folgen brav und erklären noch vor der Wahl, dass sie freiwillig wieder gehen werden.
Das Aktion, die man als nobles „Gentlemen’s und Ladies’s Agreement“ verkauft , ist in Wirklichkeit ein trauriges Schauspiel..
Der Landtag ist souverän. Es gibt formal und gesetzlich weder eine „provisorische Wahl“, noch ein „provisorisches Landtagspräsidium“.
Am Mittwoch hat der Landtag Thomas Widmann zu seinem Präsidenten, Massimo Bessone und Daniel Alfreider zu Vizepräsidenten und Maria Hochgruber Kuenzer, Maria Elisabeth Rieder und Helmuth Renzler zu Präsidialsekretären gewählt.
Die sechs Damen und Herren wurden gewählt und sind bis auf Widerruf oder eben Rücktritt im Amt. Das Sextett bezieht auch keine „provisorische Entschädigung“ für seine Ämter, sondern das Geld, das laut Bestimmungen dem Landtagspräsidium zusteht.
Laut Geschäftsordnung können der Landtagspräsident, sein Stellvertreter und die Mitglieder des Präsidiums jederzeit schriftlich ihren „unwiderruflichen Rücktritt“ einreichen. Ob jemand das tut, weil ihn oder sie die Hühneraugen drücken oder weil man oder frau zum Mitglied der Landesregierung aufrückt, ist dabei zweitrangig und belanglos. 
Tritt aber jemand nicht freiwillig zurück, hilft weder eine Ehrenerklärung noch das Beharren auf ein Provisorium. Jedes Mitglieder des Landtagspräsidiums kann notfalls vom Landtag durch einen Misstrauensantrag abgewählt werden.
 
Die eingeforderte Ehrenerklärung ist absurd und rechtlich völlig nichtig.
Bis zur Ära Kompatscher brauchte es das auch nicht. 65 Jahre lang wurden SVP-Mandatare und italienische Vertreter der Mehrheit zuerst zum Landtagspräsidenten oder Stellvertreter gewählt, traten dann nach ihrer Wahl in die Landesregierung zurück und wurden ersetzt.
Die erste „provisorische Wahl“ gab es 2013. Nur weil die SVP es intern nicht schafft, bei der Verteilung der Filetstücke in den eigenen Reihen eine Einigung zu finden.
Öffentliche Eiertänze, wie man sie am Mittwoch aufgeführt hat, sind weder ein „Gentlemen’s“ – noch ein „Ladies’ – Agreement“, sondern eine mutwillige Beschädigung der Institution Landtag.
Dass Sven Knoll & Co nicht auf die italienische Verfassung schwören bzw. den Schwur in ihrem Sinne ergänzen wollen, kann man von ihrem Standpunkt aus auch nachvollziehen. Auch die Tatsache, dass man in der SVP anscheinend Angst hat, dass einer ihrer Abgeordneten beim Planspiel um die Postenverteilung am Ende nicht gehorchen könnte. Nur soll all das in den Parteizentralen und -gremien diskutiert und geklärt werden.
Und nicht im Landtag.
Öffentliche Eiertänze, wie man sie am Mittwoch aufgeführt hat, sind weder ein „Gentlemen’s“ – noch ein „Ladies’ – Agreement“, sondern eine mutwillige Beschädigung der Institution Landtag.
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rotaderga Gio, 11/15/2018 - 08:48

Am Mittwoch hat der Landtag Thomas Widmann zu seinem Präsidenten, Massimo Bessone und Daniel Alfreider zu Vizepräsidenten und Maria Hochgruber Kuenzer, Maria Elisabeth Rieder und Helmuth Renzler zu Präsidialsekretären gewählt.

Also erhält jede, dieser Persönlichkeiten, steuerfrei 2.400 €uronen steuerfrei für den ach so immensen Aufwand?

Gio, 11/15/2018 - 08:48 Collegamento permanente
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gorgias Gio, 11/15/2018 - 19:48

Bei einer SVP wo jeder Mandatar zählt ist das aber auch ein bischen schwerer. In seiner vorletzten Legislaturperiode hatte Durnwalder immer noch eine absolute Mehrheit + 3 Mandatare, wenn da einer sich ziehrte konnte man ihn ohne mit der Wimper zu zucken auf das Abstellgleis stellen.

Gio, 11/15/2018 - 19:48 Collegamento permanente