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"Revolutionäre Farbplatten"

Heute eröffnet in Bruneck die Ausstellung: Hermann Mahl (1860-1944) - Pionier der Farbfotografie im Pustertal. Ein Gastbeitrag des Historikers Andreas Oberhofer.
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Foto: Quelle: Museumsvereins Bruneck

Der Buchdrucker und Herausgeber des Pustertaler Boten Hermann Mahl war ein herausragender Vertreter des Brunecker Bürgertums an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, der, wie auch schon sein Vater Johann Georg Mahl, zur Blüte der Stadt an der Rienz und ihrer Umgebung beitrug. Aus Anlass des 70-jährigen Bestehens des Vereines für Kultur und Heimatpflege Bruneck findet im Stadtmuseum im Dezember 2017 und Jänner 2018 eine Ausstellung statt, die Hermann Mahl 73 Jahre nach seinem Tod in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Der Fokus liegt dabei auf Mahls vermutlich liebstem Hobby, der Fotografie.

Hermann Mahl wurde 1860 als Sohn des Buchdruckers und zeitweiligen Bürgermeisters von Bruneck Johann Georg Mahl geboren. Er absolvierte eine vierjährige Lehre im väterlichen Betrieb, bevor er seine Ausbildung als Schriftsetzer in München, Linz, Hamburg und an anderen Orten fortsetzte. In Stuttgart schloss er 1879 seine Lehr- und Wanderjahre ab. Nach dem Militärdienst und dem Weggang des ältesten Bruders Johann Georg jun. nach Lienz arbeitete Mahl als technischer Leiter der Brunecker Druckerei. Nach dem Tod des Vaters übernahm er die Leitung des gesamten Geschäftes, während sich sein (zweitältester) Bruder Wilhelm als Redakteur des Pustertaler Boten betätigte.
Mit Anna Hintersteiner aus Fischamend bei Wien gründete Hermann Mahl eine Familie, 1907 und 1912 kamen die Kinder Anna (Anny) und Hermann zur Welt. Wie sein Vater beteiligte sich auch Hermann eifrig am Vereinsleben der Stadt, er gehörte dem Museumsverein, der freiwilligen Feuerwehr und dem Vorstand des Brunecker Radfahrer-Clubs an. Zudem engagierte er sich für die Bewerbung der Stadt Bruneck als Fremdenverkehrsdestination, die sich besonders seit der Eröffnung der Pustertalbahn im Jahr 1871 zunehmend als Luft-, Wasser- und Wanderkurort etablierte.

Als Autodidakt und Freizeitfotograf widmete sich Hermann Mahl schon bald nach seiner Rückkehr vom Militärdienst (um 1883) mit Passion der Erzeugung von „Lichtbildern", die er im Kreis der Brunecker Bürgerschaft vorführte. Mahl arbeitete vor allem mit Fotoplatten aus Glas im Format 13x18 cm und 9x12 cm. Noch vor der Jahrhundertwende schaffte er sich einen zweiten, wahrscheinlich mobileren Fotoapparat an und nutzte für die Erstellung der Bilder auch Zelluloidfilme vor allem im Format 6x9 cm. Einige Fotografien deuten darauf hin, dass er bei Ausflügen teilweise beide Geräte verwendete und mit Teleobjektiven experimentierte.

Die ersten Farbfotografien nach dem Autochrome-Verfahren wurden am 10. Juni 1907 von den Erfindern, den Brüdern Lumière aus Lyon, in Paris der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Knapp vier Monate später (!), im Oktober 1907, fand die erste Ausstellung von Farbfotografien (nach dem Lumière-Autochrome-Verfahren) von Hermann Mahl in seiner Buchhandlung in der Brunecker Stadtgasse statt. Wie Mahl innerhalb so kurzer Zeit an diese „revolutionären" Farbplatten gekommen ist, ist nicht nachvollziehbar. Fest steht aber, dass er als Vertreter des Brunecker Bildungsbürgertums sehr weltoffen, kunstinteressiert und in früheren Jahren viel gereist war und offensichtlich gute Kontakte zur europäischen Kunst- und Fotografie-Szene pflegte.

Gerade das Jahrzehnt vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war eine Zeit des Umbruchs, die auch von den Schattenseiten der technischen Zivilisation geprägt war. In der Abbildung von Landschaften im Reigen der Jahreszeiten, die Mahl vor allem in den Autochromen porträtierte, spiegelt sich ein Innehalten und Konservieren einer im Verschwinden begriffenen, als heil empfundenen Welt. Vor allem die Berge galten als Inbegriff von Natur und Freiheit, als Symbol für die Ferne des zunehmend hektischer werdenden Stadtlebens. Hermann Mahl verbrachte seine Ferien mit der Familie regelmäßig im Gadertal, wo er sich bei bäuerlichen Tätigkeiten fotografieren ließ oder mit dem Fernauslöser selbst fotografierte. Ein Freizeitrefugium hatte sich die Familie auch in der sogenannten Vogelhütte am Brunecker Kühbergl geschaffen, wo ebenfalls zahlreiche Aufnahmen entstanden, die einen Eindruck von Freiheit und Genuss der „Landpartie" vermitteln sollten.

Eröffnung der Ausstellung im Stadtmuseum Bruneck
Freitag, 15. Dezember 2017 um 19 Uhr
Bis 28.1.2018