Ambiente | Pestizide

Attraktive Biopestizide

Das EU-Parlament hat eine Resolution zur Förderung von biologischen Pflanzenschutzmitteln angenommen. Dorfmann: “Ansporn für Hersteller und vorteilhaft für Bauern.”
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Warum zögern oder weigern sich manche Mitgliedstaaten sogar, biologische Pflanzenschutzmittel zu genehmigen? Diese Frage beschäftigte einige EU-Parlamentarier derart, dass sie sich daran machten, eine entsprechende Resolution auszuarbeiten. Darin fordern sie die EU-Kommission auf, die Verwendung von Biopestiziden mit geringem Risiko zu fördern. Am gestrigen Mittwoch (15. Februar) wurde die Resolution bei der Plenarsitzung in Straßburg behandelt. Und mit großer Mehrheit angenommen.

Unter den acht Einbringern der Resolution ist auch der Südtiroler EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann. Er erklärt: “Derzeit sind nur sieben Pflanzenschutzmittel, die als ‘mit geringem Risiko’ eingestuft sind, in der EU genehmigt worden.” Unverständlich, zumal es anderswo über 300 seien, wie Dorfmanns belgische Kollegin Frédérique Ries während der Debatte im Parlament anmerkte. Die EU soll den Herstellern von biologischen Mitteln entgegen kommen, verlangen die Verfasser der Resolution. Auch weil herkömmliche Pflanzenschutzmittel wegen ihrer Risiken für die Gesundheit des Menschen, die Tierwelt und die Umwelt immer umstrittener werden. Der jüngste Beweis: Just am selben Tag als das EU-Parlament über die Biopestzid-Resolution abstimmte, begann der Europäische Gerichtshof in Luxemburg, sich mit einem Fall zu beschäftigen, der vor allem von den Bienenfreunden aufmerksam verfolgt wird. Mehrere Pharma-Unternehmen haben nämlich Klage gegen das 2013 von der EU-Kommission erlassene Verbot dreier Pflanzenschutzmittel, die Neonikotinoide als Wirkstoff enthalten, eingereicht. Neonikotinoide stehen vor allem wegen ihrer bedenklichen Auswirkungen auf Bienen in der Kritik.

Es hakt an der Zulassung

Doch zurück nach Straßburg – wo ebenso Bedenken zu hören, oder besser zu lesen sind. “Pestizidrückstände können im Boden, im Wasser und in bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnissen festgestellt werden”, heißt es in der am Mittwoch genehmigten Resolution. Und weiter: “Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko können eine tragfähige Alternative darstellen, insbesondere Pflanzenschutzmittel biologischen Ursprungs.” Das Problem bei diesen Biopestiziden, zu denen im Allgemeinen Mittel zählen, die aus Mikroorganismen wie Viren oder Bakterien, pflanzlichen Stoffen, biologisch gewonnenen Chemikalien oder Pheromonen beziehungsweise verschiedenen ätherischen Ölen bestehen, war bislang, dass sie – ebenso wie herkömmliche Pestizide – langwierige Genehmigungs- und Zulassungsverfahren durchlaufen müssen bis sie auf den Markt kommen. Eine Tatsache, auf die zuletzt auch der Obmann von Bioland Südtirol, Michael Oberhollenzer, im salto.bz-Interview hinwies. “Das ist ein erhebliches wirtschaftliches Hindernis für die Hersteller von Biopestiziden”, weiß auch Herbert Dorfmann. Denn solche Verfahren dauern bis zu zehn Jahre und kosten viel Geld, das viele kleine Hersteller nicht haben.

Doch es gibt ein weiteres Problem: Einige EU-Mitgliedsstaaten haben Produkte, die Wirkstoffe biologischen Ursprungs mit geringem Risiko enthalten, die Zulassung schlichtweg verweigert, “da diese Produkte im Vergleich mit chemisch-synthetischen Pestiziden vermeintlich weniger wirksam sind”, heißt es im Text der Resolution. Darauf verwies auch die britische EU-Abgeordnete Julie Girling in ihrer Wortmeldung: “Viele der biologischen Pestizide mit geringem Risiko sind schlicht und einfach nicht sehr effektiv. Der Punkt bei Pestiziden ist, dass sie Schädlinge vernichten sollen und wenn Bauern ein Pestizid verwenden, im Glauben, dass es wirkt, und es wirkt nicht, werden sich die Schädlinge ausbreiten.”

Diese Rechtfertigung lassen die Resolutionseinbringer nicht gelten: Man müsse “den Vorteilen der Ressourceneffizienz in der ökologischen/biologischen Landwirtschaft und den landwirtschaftlichen, gesundheitsbezogenen und ökologischen Kosten bestimmter anderer Pflanzenschutzmittel Rechnung” tragen. Oder, wie es der tschechische EU-Parlamentarier Pavel Poc gestern auf den Punkt brachte: “Niemand streitet die Tatsache ab, dass unsere Bauern wettbewerbsfähig bleiben müssen, aber ich hoffe, dass auch niemand die Tatsache abstreitet, dass das nicht zum Nachteil der öffentlichen Gesundheit passieren kann.”

Schneller und günstiger

Für Herbert Dorfmann steht jedenfalls fest: “Das Verfahren von der Bewertung bis zur Zulassung und Registrierung (von Biopestiziden mit geringem Risiko, Anm. d. Red.) muss beschleunigt werden – ohne jedoch die Risikobewertung zu verwässern.” Die Vorteile liegen für ihn auf der Hand: “Durch eine schnellere Prozedur würden solche Produkte attraktiver und Unternehmen würden dazu angespornt, stärker in die Entwicklung solcher Pflanzenschutzmittel zu investieren. Die Bauern, sowohl in der konventionellen als auch in der biologischen Landwirtschaft, könnten dann auf ein erweitertes und kostengünstigeres Sortiment an Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko zurückgreifen.”

In der am Mittwoch verabschiedeten Resolution fordert das EU-Parlament die Europäische Kommission nun auf, bis Ende 2018 eine Regelung vorzulegen, mit dem ein Schnellverfahren für die Bewertung, Zulassung und Registrierung von biologischen Pflanzenschutzmitteln mit geringem Risiko eingeführt wird.