Politica | Deal or no Deal?

Gewitterwolken über A22

Weil Rom keine Handschlagqualität beweist, droht Arno Kompatscher, den A22-Deal platzen zu lassen. Es geht um 260 Millionen Euro, die der Staat zurückverlangt.
Brennerautobahn Bozen
Foto: Hannes Prousch

Zuerst war der Stichtag der 30. November. Dann hieß es, die Unterzeichnung des Abkommens mit dem Ministerium werde sich “um einige Wochen” verzögern. Jetzt aber droht Arno Kompatscher: “Unter diesen Voraussetzungen werden wir gar nichts unterschreiben.” Nur unter bestimmten Bedingungen wollen die öffentlichen Teilhaber die Verhandlungen für die Konzessionsvergabe zur Führung der A22 fortsetzen.

 

Handschlagqualität Fehlanzeige

Von einer delikaten Verhandlung zur nächsten eilte der Landeshauptmann am Freitag. Am Vormittag saß er in Bozen in der SVP-Delegation mit der Lega in Sachen Regierungsbildung zusammen. Gleich danach eilte er nach Trient, wo eine Krisensitzung der 16 öffentlichen Teilhaber der BrennerCorridor AG anstand. Die neue rein öffentliche Gesellschaft soll für 30 Jahre mit der Führung der A22 betraut werden. Doch die Konzessionsvergabe, die ursprünglich Ende November unter Dach und Fach sein sollte, steht erneut auf der Kippe, wie nach dem Treffen deutlich wurde.

Stein des Anstoßes ist die jüngste Stellungnahme des CIPE. Der Interministerielle Ausschuss für Wirtschaftsprogrammierung muss die Konzessionsvergabe absegnen. Nun gibt der CIPE aber vor: Die Brennerautobahn AG soll die Gewinne der vergangenen vier Jahre an den Staat rückerstatten. 2014 war die A22-Konzession verfallen und seither im Hinblick auf die Gründung einer Inhouse-Gesellschaft immer wieder provisorisch verlängert worden.

Es geht um 260 Millionen Euro, die seit 2014 als Mauteinnahmen in die Kassen der Brennerautobahn flossen. Die fordert der Staat als Konzessionsgeber nun zurück. Bereits im Vorfeld eines Treffens mit dem CIPE Ende November wurde dieser Betrag in Frage gestellt. Am Ende aber wurde zugesagt, auf diese Forderung zu verzichten. Mündlich. Der Deal schien perfekt. Auf dem Papier, das nun aus Rom eingelangt ist, steht hingegen etwas anderes. “Die mündlichen Vereinbarungen und die in der Sitzung des Interministerielles Ausschusses für Wirtschaftsplanung am 30. November zu Protokoll gegebenen Zusagen finden sich in der späteren Stellungnahme des Ausschusses nicht wieder”, bestätigt Kompatscher.

 

Alle gegen Rom

Die Entscheidung am Freitag Nachmittag fiel einstimmig: Die öffentlichen Teilhaber sagen Nein zu Rom. Als Präsident der Region wurde Kompatscher beauftragt, die Verhandlungen mit den zuständigen Ministerien fortzusetzen. “Wir werden nun den Kontakt mit dem Ausschuss für Wirtschaftsprogrammierung, mit dem Infrastrukturministerium und dem Wirtschaftsministerium suchen”, erklärt Komaptscher. “Die jüngsten Aussagen des CIPE werden wir zurückweisen und fordern, dass der ursprünglichen Vereinbarung Rechnung getragen wird.”

Rechts- und Vergabeexperten hätten die Forderungen des CIPE nach Rückerstattung der Gewinne der vergangenen vier Jahre geprüft, so der Landeshauptmann. Mit dem Fazit: Dem Staat stehen die 260 Millionen Euro nicht zu. “Die Forderungen entbehrten jeder juridischen Grundlage. Der Vergabekodex sieht keine Rückgabe von Gewinnen an den Konzessionsgeber vor”, erklärt Kompatscher. “Zudem hätte solch eine Rückerstattung fatale Folgen nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die öffentlichen Haushalte.”

 

Ohne Zusagen kein Deal

Für die Fortführung der Verhandlungen stellen die öffentlichen Teilhaber – von der Region über die Länder Südtirol und Trentino und die Provinzen Verona, Modena, Mantua und Reggio Emilia sowie die Gemeinden und die Handelskammern – nun ihrerseits Bedingungen. “Der 30-jährige Investitionsplan von 4,1 Milliarden Euro muss aufrecht bleiben, einschließlich der 800 Millionen Euro zur Verbesserung des Straßennetzes”, zählt Kompatscher auf. Denn auch hier hapert es noch immer. Derzeit würden im Vertragsentwurf, der in Rom ausgearbeitet wurde, nur die umsetzungsreifen Projekte im Wert von 1,5 Millionen Euro berücksichtigt. “Es ist unumgänglich, dass zumindest schrittweise auch die anderen Bauvorhaben, wenn die entsprechenden Projekte vorliegen, in das Investitionsprogramm aufgenommen werden”, präzisiert der Landeshauptmann.

Was den geplanten Lenkungs- und Überwachungsausschuss angeht – dieser hatte schon Anfang November für Verstimmung mit Rom gesorgt – pochen die öffentlichen Teilhaber weiterhin auf ein Einvernehmen bei der Bestellung des Präsidenten. “Eines muss klar sein”, nimmt sich Arno Kompatscher nicht zurück, “unsere Forderungen sind bereits ein Kompromiss. Deshalb werden wir, sofern sie nicht angenommen werden, den Vertrag nicht unterzeichnen”. Platzt der Deal, wird es zu einer Ausschreibung der A22-Konzession kommen. Die sieht man in Südtirol nicht als schlimmstes aller Szenarien. “Wenn das Ganze so gehandhabt wird, ist eine Ausschreibung fast besser”, meinte Ex-Senator Karl Zeller bereits Anfang November im salto.bz-Interview.