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Vier Hände für 18 Bahnen

Der Minigolf-Platz in Bozen macht sich auf zu neuen Ufern – mit zwei bekannten Gesichtern am Ruder.
Minigolf Bozen
Foto: Salto.bz

Die Sonne strahlt unerbittlich. Das Rauschen des Baches und das rege Vogelgezwitscher werden nur von der Melodie aus dem Radio übertönt. “Ein Hoch auf das, was vor uns liegt, dass es das Beste für uns gibt…” Die Zeilen klingen wie Häme – sitzen die allermeisten Bewohner der Stadt doch zu Hause und verharren in der Ungewissheit, die das Coronavirus mit sich gebracht hat. Und doch könnte das Lied an diesem Ort in diesem Moment kaum passender sein.

Am Ufer der Talfer, fast am Ende der gleichnamigen Promenade, wird seit Monaten gewerkelt. Dort liegt der Landeshauptstadt einziger öffentlich zugänglicher Minigolf-Platz. Seit über 50 Jahren. Unbestätigten Erzählungen zufolge war er der erste in Italien. Für viele Bozner ist “das Minigolf” wie ein zweites Wohnzimmer, ein Lieblingsort, verbunden mit vielen Erinnerungen an die eigene Kindheit. Bald werden die 18 Bahnen und das 3.000 Quadratmeter große Freigelände in neuem Glanz erstrahlen – und in vier bekannte Hände übergehen. Jene von Alain Fraschetti und Tobe Planer.

 

Die beiden kennen sich seit der eine – Planer – in der Bozner Kapuzinergasse gemeinsam mit seinem Geschäftspartner das Szene-Lokal “Moskito” führte und der andere – Fraschetti – in der Marconistraße den Lieferservice “Pizzacall” übernahm. Das ist über zehn Jahre her. Inzwischen sitzt Planer zum dritten Mal für die Grünen im Bozner Gemeinderat. “Ich habe zehn Jahre lang alles – Beruf und Privatleben – der Politik und der Partei untergeordnet und mich mit Nebentätigkeiten über Wasser gehalten. Denn anders als immer noch vielfach geglaubt wird, kann ich von der Gemeindepolitik nicht leben. Als Gemeinderat bekomme ich ein paar hundert Euro im Monat.” Für ihn sei klar gewesen, “dass ich irgendwann wieder ein Lokal übernehme – das war mein großer Wunsch”.

Fraschetti hingegen verspürte nach einem Jahrzehnt “Pizzacall” den Drang nach Veränderung. 2019 wurde er gefragt, ob er Interesse hätte, das Minigolf an der Talfer zu übernehmen, da die bisherigen Pächter 2020 aufhören wollten. “Ich habe mich gleich in die Anlage verliebt und mir gesagt, das mache ich”, erinnert sich Fraschetti. “Aber ich habe mich nicht darüber hinausgesehen, es alleine zu machen.” Und so kam eines zum anderen.

 

Fraschetti fragte seinen Freund und Stammkunden Planer, der gleich mit von der Partie war. Doch damit begann die Arbeit erst. “Die Anlage ist doch etwas in die Jahre gekommen”, meint Planer. Seit Jänner laufen die Restaurierungsarbeiten, die die beiden zu einem großen Teil selbst erledigen. Die Kosten dafür werden durch einen Kredit gestemmt, einen Teil finanzieren die Eigentümer der Anlage – eine Besitzergemeinschaft aus Bozen Dorf – mit.

“Wir wollen dem Minigolf neues Leben einhauchen, neben dem Pizzeria- und Restaurantbetrieb vor allem Platz für Familien, Kinder und die Sportvereine und bieten, die in der Umgebung ihre Trainings und Wettkämpfe abhalten”, erklären Fraschetti und Planer. Grillabende, Frühschoppen, Hochzeiten, Freiluftkino, Public Viewing bei Großveranstaltungen wie der Fußball-EM, Unplugged-Musik, kulturelle Veranstaltungen – die Liste der Ideen ist lang. Eigentlich war die Neueröffnung für Ostern geplant. Für den heutigen Freitag (17. April) war die Eröffnungsparty samt Banddurchschneiden durch den Bozner Bürgermeister vorgesehen. Doch dann kam das Coronavirus.

 

Die meisten Handwerker mussten nach und nach ihre Tätigkeit einstellen, für Gastbetriebe hieß es dicht machen. Wie lange die staatlich verordnete Schließung andauert, ist auch jetzt, nach Ostern, nicht absehbar. “Wir wissen nicht, wann wir öffnen dürfen”, meinen Fraschetti und Planer achselzuckend. In der Zwischenzeit sind sie täglich am Minigolf-Platz anzutreffen – “als Pächter dürfen wir mit den Arbeiten weitermachen”, bestätigen die beiden. Und noch etwas haben sie inzwischen gemacht: dem Minigolf ein neues Design gegeben – und einen neuen Namen.

“Ahoi!” haben Fraschetti und Planer ihr neues Projekt getauft. “Wir wollten einen Namen, der auf deutsch und italienisch funktioniert und Urlaubsfeeling und Abenteuerstimmung vermittelt.” Die neuen Hausfarben – ein maritimer Mix aus hellgrau und blau – sollen überall auf dem Gelände wiederzufinden sein. Auch auf den frisch bemalten Schirmchen der Minigolf-Bahnen.

 

Künftig wollen Fraschetti und Planer auch im Minigolf arbeiten, neben ihren bisherigen Tätigkeiten in Gemeinderat und Pizza-Lieferservice. Die Politik an den Nagel hängen will Planer trotzdem nicht. “Ich kandidiere sicher noch einmal für den Gemeinderat, mal schauen, wann die Wahlen stattfinden werden.” Von der Ungewissheit, die dieser Tage über dem ganzen Land liegt, wollen sich die beiden nicht allzu sehr beeinflussen lassen. “Wir werden uns nicht unterkriegen lassen”, sagt Planer bestimmt. “Und sobald es möglich ist, mit Vollgas starten”, fügt Fraschetti hinzu.