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Dokus und langweilig? Nicht bei ZeLIG!

Sie glaubt an die Kraft der Veränderung der Kunst und ist von leidenschaftlichen Filmemachern umgeben. Ein Interview mit Heidi Gronauer, Direktorin der ZeLIG.
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Foto: Zelig

Die Bozner Genossenschaft und Filmschule ZeLIG School for Documentary, Television and New Media feiert heuer ihr 30-jähriges Jubiläum. Wie ist die ZeLIG entstanden?
Heidi Gronauer:
Ursprünglich ist die Genossenschaft entstanden, da vermehrt Arbeitskräfte im Film-und Videoproduktionsbereich gesucht wurden. Die Gründung des Europäischen Sozialfonds schaffte zusätzliche Möglichkeiten für die Weiterbildung und so hat eine Gruppe von filmbegeisterten Personen, darunter beispielsweise Mitglieder der ehemaligen Videoproduktionsgenossenschaft Prisma, des Filmclubs Bozen, des Cineforums und der Rai, im Jahr 1988 die Genossenschaft und Filmschule ZeLIG gegründet. Schon von Beginn an war es entscheidend für die Genossenschaft, einen Bezug zur realen Arbeitswelt herzustellen und die Filmschule so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes entspricht. Zuerst war der Fokus der Filmschule relativ weit gefächert, doch Mitte der 1990er Jahre spezialisierte sie sich auf Dokumentarfilme, da es zu diesem Zeitpunkt kaum Ausbildungsmöglichkeiten in diesem Sektor gab. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Genossenschaft immer weiter und passte sich veränderten Begebenheiten an.

Mit veränderten Begebenheiten meinen Sie die Neuen Medien?
Ja, unter Anderem. Im Jahr 2004 wurde unser internationales Ausbildungsprogramm „ESoDoc“ (European Social Documentary) zum ersten Mal durchgeführt. Dieses Projekt befasste sich von Anfang an mit Neuen Medien und schafft eine Ausbildung für Profis im Bereich sozialer Dokumentation, wie beispielsweise für Dokumentarfilmproduzenten, Aktivisten oder NGO-Mitarbeiter. Auch Social Media spielen hier eine große Rolle: Wie wird der Film im Internet präsentiert und beworben? Wie schafft man es den Zuschauer an den Film, bzw. die Webseite zu binden? Es geht also hauptsächlich darum, das Web kreativ zu nutzen, um Zuschauer zu binden indem man eine nutzerfreundliche Gestaltung und Navigation kreiert. Behandelt der Film beispielsweise soziale Problematiken, dann ist es essentiell ihn so zu gestalten, dass der Zuschauer einen Ausweg aufgezeigt bekommt und somit motiviert wird, selbst etwas zu ändern. Daher ist es wichtig, sich mit der Kraft der Veränderung der Kunst zu befassen und Filme zu produzieren, welche die Menschen berühren und die dazu führen, dass der Zuschauer mit anderen Gefühlen und Emotionen zurückbleibt.

Was sind die neuen Tendenzen in der Dokumentarfilmbranche?
Die Dokumentarfilmbranche ist im Wandel: Heute bewegen sich die Tendenzen z.B. auf interaktive Dokumentarfilme zu. Solche Filme ermöglichen es dem Zuschauer, aktiv seinen individuellen Film zusammenzustellen und selbst zu entscheiden, was wann angeschaut wird. Der Film „Dalla testa al cielo“ über die Reise des jungen Mannes Mohammed von Marokko nach Bozen ist beispielsweise mit einem Cross-Media Projekt verbunden und gibt dem Zuschauer somit die Möglichkeit, auf der Webseite viele kleine Clips in unterschiedlicher Reihenfolge anzusehen und sich so einen eigenen Film zu erstellen.

Was zeichnet eure Genossenschaft aus?
Vor allem unsere internationale Orientierung und Mehrsprachigkeit. Dadurch, dass wir Dozenten aus der ganzen Welt beschäftigen, können die Studenten Kenntnisse über die kulturellen Verschiedenheiten der Filmbranche erwerben. Diese globale Ausrichtung ermöglicht es den Studenten nach Abschluss des Studiums auf internationalen Arbeitsmärkten eine Stelle zu finden. Außerdem fördert das ZeLIG Netzwerk die Produktivität unter den Studenten, sowie deren Vernetzung. ZeLIG Studenten sind flexibel, fähig Probleme zu erkennen und zu lösen, zuzuhören und in sich innerhalb eines interkulturellen Teams kreativ-produktiv einzubringen.

Sie sind jetzt schon seit 28 Jahren Direktorin der ZeLIG. Was hat Ihre Leidenschaft für Filme geweckt?
Ich war schon immer sehr kulturinteressiert, sei es Kino, Theater, Tanz oder auch klassische Musik. Ich habe Soziologie und Psychologie studiert und früher habe ich im Theaterbereich gearbeitet und anschließend in Trient beim Filmmusikfestival Trento Cinema. Dort hat dann im Jahr 1988 die erste Klasse der ZeLIG ein Praktikum abgelegt und so habe ich die ZeLIG kennengelernt. Zwei Jahre später habe ich begonnen bei der ZeLIG zu arbeiten.

Was bedeutet es für Sie in einer Genossenschaft zu arbeiten?
Damals kannte ich die ganze Bewegung der Genossenschaften in Italien noch nicht. Ich fand es klasse, dass die ZeLIG als Genossenschaft geführt wurde und dass es somit keine Einzelplayer gab, sondern dass die Genossenschaft zusammen als Team ihre Tätigkeit ausübte. Dieser gemeinschaftliche Aspekt hat mich von Anfang an begeistert.

Welcher Film ist Ihnen in all den Jahren besonders in Erinnerung geblieben?
Es gibt so viele Filme, die mich berührt haben aber ein besonderer Film ist „Wie ich bin“, der den Zuschauer durch sensible Bilder in das Universum des autistischen Patrick aus dem Grödnertal einführt und ihn seinen Alltag erleben lässt.

Diese Woche findet die 2. Session des Projektes ESoDoc in Bozen statt. Vom 16. bis zum 22. Juli organisiert ZeLIG zahlreiche Workshops, die in der Freien Universität Bozen abgehalten werden und an denen jeder kostenlos teilnehmen kann. Interessierte können sich bei [email protected] oder unter der Nummer 0417/977930 anmelden. Außerdem findet am Mittwoch, 18. Juli um 21.30 Uhr im Innenhof der Uni BZ am Darwin Platz eine Open-Air Vorstellung des Filmes „Presenting Princess Shaw“ statt, der über einen Israeli erzählt, der auf Youtube nach musikalischen Talenten für sein neues Album sucht und so auf die amerikanische Youtuberin Princess Shaw aufmerksam wird…