Politica | St. Martin in Thurn

Überraschende Neuwahl

Mit 1. September tritt Bürgermeister Heinrich Videsott zurück. Vizebürgermeister Giorgio Costabiei wird bis zu den Neuwahlen Anfang 2018 die Gemeinde führen.
St. Martin
Foto: Ladinia.it
Heinrich Videsott ist keiner, der die großen Schlagzeilen sucht.
So hat der Bürgermeister von St. Martin in Thurn auf der letzten Gemeinderatssitzung vor knapp drei Wochen unter dem Punkt „Allfälliges“ eine Mitteilung gemacht, die nachhaltige Auswirkungen auf die Gadertaler Gemeinde haben wird.
Videsott kündigte an, dass er mit größter Wahrscheinlichkeit in den nächsten Monaten sein Amt als Bürgermeister niederlegen wird. Inzwischen ist aus der größten Wahrscheinlichkeit, Realität geworden. Heinrich Videsott wird sein Amt als Bürgermeister von St. Martin in Thurn mit dem 1. September niederlegen. „Ich werden Ende August mein Rücktrittsschreiben abgeben“, bestätigt Videsott auf Nachfrage von Salto.bz. Bis zu den Neuwahlen im kommenden Frühjahr wird der bisherige Vizebürgermeister Giorgio Costabiei die Bürgermeister-Agenden übernehmen.
 

Berufliche Entscheidung

 


Heinrich Videsott sitzt seit über 15 Jahren im Gemeinderat von St. Martin. 2010 wurde er zum Bürgermeister gewählt und 2015 im Amt bestätigt. Der Mittelschullehrer ist bei der Bevölkerung als Bürgermeister durchaus beliebt und sein vorzeitiges Ausscheiden aus der Gemeindepolitik hat keine politischen Gründe.
Der Rücktritt ist die Folge eines beruflichen Aufstiegs. Heinrich Videsott hat bereits 2010 an einen Wettbewerb für Schulführungskräfte teilgenommen. Als Drittplatzierter erhielt er 2015 einen Direktorenauftrag. Der Lehrer wurde Direktor des Oberschulzentrums in Stern/Abtei. Videsott hat die Stelle angenommen, aber sich für das politische Mandat freistellen lassen.
Jetzt aber habe ich eine berufliche Chance bekommen, die ich einfach ergreifen muss“, sagt Heinrich Videsott, der im Dorf eigentlich nur als Heinz bekannt ist. Der engagierte Schulmann wird mit 1. September Direktor des Schulsprengels St. Vigil-Enneberg. Zum Sprengel gehören nicht nur die Grundschulen und Mittelschulen von Campill, St. Vigil, Enneberg und Untermoj, sondern auch die Grund- und Mittelschule von St. Martin in Thurn.  
 
Durch diese Besetzung kommt es aber zu einer Unvereinbarkeit zwischen dem politischen Mandat und der beruflichen Stellung. Denn der Bürgermeister kann nicht gleichzeitig Direktor einer Schule oder eines Schulsprengels im eigenen Gemeindegebiet sein. Hier würde es zu einem klaren Interessenkonflikt kommen. Heinrich Videsott gibt zu bedenken: „Diese Unvereinbarkeit gibt es nur in Südtirol“. Doch der Bürgermeister hat sich für den Direktorenposten entschieden.
 

Die Neuwahlen

 
Weil der Bürgermeister direkt gewählt wird, wird es deshalb schon bald Neuwahlen in St. Martin in Thurn geben. Im Gemeindewahlgesetz heißt es:
 
Bei Rücktritt, dauernder Verhinderung, Absetzung, Amtsverfall oder Ableben des Bürgermeisters in den Gemeinden der Region verfällt der Gemeindeausschuss und der Gemeinderat wird aufgelöst. Der Gemeinderat und der Gemeindeausschuss bleiben bis zur Wahl des neuen Gemeinderates und des neuen Bürgermeisters im Amt. Die Befugnisse des Bürgermeisters werden vom Vizebürgermeister ausgeübt“.

Die Bürgermeisteragenden wird demnach ab September der amtierende Vize-Bürgermeister Giorgio Costabiei übernehmen. Der Gastwirt und Präsident des Sportvereins gilt als natürlicher Nachfolger von Heinrich Videsott. Costabiei hat sich als Organisationschef der Europeade, der Fußball-Europameisterschaft der autochthonen, nationalen Minderheiten im Juni 2016 in St. Vigil weit über das Tal hinaus einen Namen gemacht. In St. Martin geht man deshalb davon aus, dass Costabiei bei den anstehenden Neuwahlen auch der aussichtsreichste Bürgermeisterkandidat sein wird.
 
Noch nicht klar ist, wann die Gemeindewahlen in St. Martin über die Bühne gehen werden. Laut Gesetz müssen die Neuwahlen innerhalb von 180 Tagen nach dem Rücktritt des Bürgermeisters stattfinden. Den Termin setzt der Regionalausschuss fest.
Demnach wird in der Gadertaler Gemeinde spätestens Anfang März 2018 ein neuer Bürgermeister und Gemeinderat gewählt.