Società | Bozen

Wachsames Stadtviertel

“Sollte das eine getarnte Aktion von CasaPound sein, kann ich dem nichts Positives abgewinnen”, sagt Hannes Unterhofer über die “ronde”, die sich in Bozen neu formieren.
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Foto: web

Was tun, wenn das Unsicherheitsgefühl unter den Menschen wächst, die Kleinkriminalität zunimmt und weder Legislative noch Exekutive ausreichen, um den beiden Entwicklungen entgegenzuwirken? In den Bozner Stadtvierteln Don Bosco und Europa-Neustift hat man vor Kurzem eine Antwort auf diese Frage gefunden. Seit wenigen Tagen gibt es die Facebook-Seite “Adesso Basta Bz”. Ein bisschen nach dem Vorbild der Gruppe “Iats Reichts”, wollen die Initiatoren von “Adesso Basta Bz” unter anderem durch so genannte “Spaziergänge” (“passeggiate nei quartieri”) für Sicherheit sorgen. Bereits 40 Interessierte sollen sich als Freiwillige für die “ronde” – zu deutsch “Rundgänge”, aber auch “Bürgerwehren” – gemeldet haben. Man sei friedlich, apolitisch und habe keine Gewinnabsichten beteuerte einer der Administratoren der Facebookseite, der sich (noch) hinter dem Pseudonym “Tony Rot” versteckt. So weit, so gut.

Kurz nach den ersten Medienberichten über die neue Art der Nachbarschaftshilfe in Don Bosco und Europa-Neustift am gestrigen Freitag (17. Februar) passierte allerdings etwas, das an den wahren Absichten der Gruppe zweifeln lässt. Von mehreren Gruppenmitgliedern attackiert, veröffentlicht “Tony Rot” eine Stellungnahme, in der er zugibt, Mitglied der neofaschistischen Bewegung CasaPound zu sein. Die Worte der Stellungnahme muten zugegebenermaßen etwas zweifelhaft an, doch vor Ort ist man nun alarmiert.
“Sollte es sich bei den ‘ronde’ tatsächlich um eine getarnte Aktion von CasaPound und ihren Anhängern handeln, kann ich dem Ganzen absolut nichts Positives abgewinnen”, so die klaren Worte von Hannes Unterhofer, dem SVP-Vertreter im Stadtviertelrat in Don Bosco. Wer hinter der Facebook-Initiative steckt, weiß er nicht: “Ich habe erst heute (Freitag, Anm. d. Red.) aus den Medien davon erfahren. Genaueres werde ich wohl erst wissen, sobald ich die Subjekte zum ersten Mal auf der Straße sehe.”

Sicherheit auch ohne CasaPound

Dass die Sicherheitslage in seinem Viertel, dem immerhin zweitgrößten der Landeshauptstadt, alles andere als rosig ist, bestreitet Unterhofer nicht. Im Gegenteil: “In den letzten zweieinhalb Jahren hat sich die Lage dramatisch zum Schlechten verändert, es vergeht kaum ein Tag ohne Einbruch und das starke Unsicherheitsgefühl assoziieren viele auch mit der steigenden Zahl an ausländischen Mitbürgern”, meinte der SVP-Politiker noch im Dezember. “Und das erklärt auch den starken Zulauf, den rechtsextreme Parteien im Viertel haben.” CasaPound erhielt bei den vergangenen Gemeinderatswahlen im Mai 2016 11,20 Prozent der Stimmen in Don Bosco (2015 waren es noch knapp 5 Prozent gewesen), die rechte Lega Nord kam 2016 auf 11,15 Prozent. Unterhofers Forderung daher: “Zeichen setzen.”

Rundgänge wachsamer Stadtviertelbewohner könnte ein solches Zeichen sein, bejaht Unterhofer: “Bürger, die freiwillig eine Runde im Viertel drehen und die Ordnungskräfte verständigen falls ihnen etwas auffällt, könnten eine zusätzliche Möglichkeit sein, um das Sicherheitsgefühl zu stärken. Die Polizei kann schließlich nicht 24 Stunden am Tag präsent sein.” Wer sich für die Gemeinschaft einsetzt, Nachbarschaftshilfe leistet und dabei “im Rahmen bleibt”, könne durchaus einen positiven Beitrag leisten, ist Unterhofer überzeugt. Von Selbstjustiz will er indes nichts wissen: “Es gibt bereits Beispiele von Bürgerwehren, die von der Lega Nord oder CasaPound ins Leben gerufen wurden, und früher oder später ausgeartet sind.”
Kommenden Donnerstag findet die nächste Sitzung des Stadtviertelrates Don Bosco statt. “Da wird das Thema sicher besprochen”, meint Unterhofer. Und wiederholt: “Sollte sich herausstellen, dass es sich um eine gezielte Aktion von CasaPound handelt, wollen wir diese Sache nicht.”