Politica | Landesverwaltung

Offene Gasthäuser?

Der Landeshauptmann hat das Abschiebedekret korrigiert. Aus der Verordnung wird eine Empfehlung. Doch in das neue Dekret hat sich ein verwirrender Passus eingeschlichen.
Es sind auch für die Politik harte Zeiten. 
Noch nie waren ein Landeshauptmann, die Landesregierung und die hohen Landesbeamten im Nachkriegs-Südtirol mit einer solchen Ausnahmesituation konfrontiert. Dass man in diesen Momenten auch Fehler macht, ist verständlich.
Am Montagabend wurde die „Dringlichkeitsmaßnahme bei Gefahr im Verzug des Landeshauptmannes  Nr. 10/2020“ erlassen. Es geht dabei um „Weitere dringende Maßnahmen zur Vorbeugung und Bewältigung des epidemiologischen Notstandes aufgrund des COVID-2019“.
Das Dekret ist eine Ajournierung der bisher erlassenen Notdekrete im Land.
Einer der wichtigsten Punkte dabei war eine „Korrektur“ jener Bestimmung, mit der vergangene Woche eine Art Abschiebung landesfremder Personen verfügt wurde. In den vergangenen Tagen wurde den Zweitwohnungsbesitzern in den Gemeinden im Hochpustertal oder auch am Karerpass von der Gemeindeverwaltung polizeilich vorgeschrieben, umgehend Südtirol zu verlassen und an ihren Erstwohnsitz zurückzukehren.
Die Maßnahme, mit einer möglichen Überlastung des Sanitätssystems begründet, erregte Italienweit Aufmerksamkeit. Denn nach der Verordnung hätten auch Menschen aus Südtirol weggehen müssen, die hier einen regulären Arbeitsvertrag haben. Was vor allem im Tourismussektor – trotz der aktuellen Schließungen - zu einer absurden Situation führt. Außerdem zweifeln renommierte Juristen offen die Verfassungsmäßigkeit und Legalität dieser Bestimmung an.
Arno Kompatscher hat deshalb im neuen Dekret diesen Passus korrigiert. Aus einer Verordnung wurde eine Empfehlung.
So heißt es  jetzt im Dekret:
 
„Der Landeshauptmann empfiehlt, den Touristen, Feriengästen, Urlaubsreisenden und aus sonstigen Gründen auf dem Landesgebiet anwesenden Menschen, die in Südtirol nicht ihren Wohnsitz haben, die Rückkehr zum eigenen Wohnsitz anzutreten, damit sie im Bedarfsfall die Versorgung durch den eigenen Allgemeinarzt oder Kinderarzt freier Wahl in Anspruch nehmen können. Davon ausgenommen sind jene Personen, die sich aus Arbeitsgründen im Landesgebiet aufhalten und folglich auf dem Landesgebiet ihr Domizil haben; 
 
Aber auch in das neue Dekret hat sich ein verwirrender Passus eingeschlichen.
 
 
So steht in dem seit heute gültigen Dekret wörtlich:
 
„die Durchführung von Gasthaus- und Bartätigkeiten ist von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr erlaubt, mit der Verpflichtung des Betreibers für den Sicherheitsabstand zwischen den Kunden von mindestens einem Meter zu sorgen, wobei ein Verstoß mit der zeitweiligen Aussetzung der Tätigkeit bestraft wird;“.
 
Demnach könnten Südtirols Gasthäuser wieder umgehend aufsperren?
Doch dem ist nicht so. Beim Schreiben des Dekrets dürfte man wie üblich das Paste-Copy-Verfahren angewandt haben. Dabei scheint ein längst überholter Passus in das neue Dekret gerutscht zu sein.
"Nein, das ist kein Fehler"; reagiert Arno Kompatscher unmittelbar nach der Sitzung der Landesregierung, "sondern ein komplizierter Rechtstext, der so geschrieben sein muss".
Denn das neue Dekret ist in zwei Abschnitte unterteilt. "Dringende Maßnahmen zur Eindämmung des Virus - geltend vom 12. März 2020 bis zum 25. März 2020", sowie dringende Maßnahmen die bis zum 3. April gelten. Der Passus über die Öffnung der Gasthäuser findet sich im zweiten Abschnitt.
Das heißt: Theoretisch könnten die Gaststätten und Bars ab dem 25. März von 8 bis 18 Uhr wieder offen sein. Ob es dazu kommen wird, bezweifeln aber viele.
"Wir haben Dutzende Anfragen zu diesem Passus bekommen"; sagt der Landeshauptnann, "deshalb werden wir die Maßnahmen in den nächsten Stunden nochmals klar für die Bevölkerung erläutern."
Dabei sind Gesetze und Dekret eigentlich dazu da, dass sie die Menschen auch verstehen.
 
Update: Dieser Artikel wurde um 10.52 Uhr inhaltlich korrigiert.