Economia | Mobilität

“Wir drohen nicht”

Markus Silbernagl spricht als Präsident des Konsortiums LiBUS, das sich mit der SAD 2018 die Buskonzessionen sichern will – über Preiskampf, Anerkennung und PPP.

salto.bz: Herr Silbernagl, was sagen Sie zur Ankündigung Ihres PPP-Partners SAD, den Busfahrern den Lohn zu kürzen, um im Falle einer europaweiten Ausschreibung der Überlandsdienste im kommenden Jahr wettbewerbsfähig zu bleiben?
Markus Silbernagl: Die Vorgehensweise der SAD möchte ich nicht kommentieren, da es ihre unternehmerische Entscheidung ist.

Müssen die LiBUS-Fahrer auch mit Gehaltskürzungen rechnen falls das PPP-Projekt von SAD und LiBUS von der Landesregierung nicht in Betracht gezogen wird?
Über uns können wir gerne sprechen. Innerhalb LiBUS ist das kein Thema. Wir sind sehr bedacht, unsere Mitarbeiter gut zu behandeln. Tatsache ist, dass es einen Fahrermangel gibt. Nicht nur unter den Busfahrern, sondern generell. Die älteren Fahrer gehen in Pension und es kommen keine Jungen nach. Nachdem wir dieses Problem kennen, sind wir natürlich bedacht, unsere Mitarbeiter so gut als möglich zu behandeln.

Dafür, dass unser PPP-Vorschlag so früh gekommen ist, hat es keinen bestimmten Grund gegeben.

Wirken sich die Lohnkosten auf die Wettbewerbsfähigkeit aus?
Tatsache ist auch, dass die Differenzierung der Kosten zwischen den Unternehmern hauptsächlich über die Mitarbeiterkosten gehen da es bei anderen Kostenträgern wie Buskauf/Treibstoff nur marginale Unterschiede zwischen denUnternehmen gibt. Da die Mitarbeiterkosten rund 45 Prozent der Gesamtkosten betragen, ist es in unseren Augen sehr wichtig – ob man sich nun für ein PPP-Projekt oder die Ausschreibung entscheidet, sei einmal dahingestellt –, dass das Land Südtirol bei der Neuvergabe Richtung Qualität gehen muss .

Warum?
Sollte es zu einer Ausschreibung kommen, darf es keine Preis-Ausschreibung sein. Nur so ist es möglich, die Löhne zu halten. Denn der Umstand, dass der Kostenanteil des Personals 45 Prozent ausmacht, könnte dazu führen, dass eine Ausschreibung auf Kosten der Mitarbeiter geht.

Dass Qualität bei der Neuvergabe der Konzessionen eine ausschlaggebende Rolle spielen soll, wird vom Landeshauptmann und dem Mobilitätslandesrat immer wieder überdeutlich betont
Uns ist das besonders wichtig. Denn wenn es zu einem reinen Preiskampf kommt, und die Lohnkosten bereits 45 Prozent ausmachen, wird es schwierig. Das gilt es unbedingt zu vermeiden!

Sie drängen also auch darauf, die Variante PPP zu wählen?
Ich will kein böses Blut machen und auch nicht drängen. Es geht um viele Busfahrer und ihre Familien – nicht nur bei LiBUS. Und es wäre angebracht, wenn man die Qualitäten der Fahrer bei einer Ausschreibung honorieren würde.

Welche zum Beispiel?
In einem touristischen Land wie Südtirol ist es durchaus von Vorteil, wenn ein Fahrer nicht nur weiß, dass er von A bis B fahren muss, sondern auch antworten kann, wenn ein Tourist zum Beispiel fragt, wo der Wanderweg verläuft. Ich sage nicht, dass ein Busfahrer Reiseleiter machen muss, das wäre übertrieben. Aber wenn ein Tourist weiß, hier finde ich einen einheimischen Fahrer, der Auskunft geben kann, sollte das bei einer Ausschreibung eben auch honoriert werden.

Ich denke, dass manchmal an den eigentlichen Themen vorbeigesprochen und die Sache zu emotional vorgetragen wird.

Statt auf Anerkennung setzt die SAD bei Ihren Fahrern auf Gehaltskürzungen. Viele sehen darin eine Drohung Richtung Landesregierung. Drohen Sie auch?
Das Schreiben, das ich übrigens nicht gesehen habe, wurde allein von der SAD verfasst und hat mit LiBUS nichts zu tun. Zu uns kann ich sagen, dass wir die Souveränität und Entscheidung der Landesregierung respektieren. Es steht ihr frei, zu entscheiden – PPP oder Ausschreibung. Zudem denke ich, dass hier manchmal an den eigentlichen Themen vorbeigesprochen und die Sache zu emotional vorgetragen wird. Man müsste sich mal in Ruhe zusammensetzen und die Dinge sachlich und objektiv diskutieren.

Sie sind sehr diplomatisch. Immerhin hat LiBUS gemeinsam mit der SAD ein PPP-Projekt eingereicht.
Wir sagen auch offen, dass unser PPP in unseren Augen der bessere Weg ist, damit einheimische Betriebe und auch einheimische Fahrer bei dem heutigen Lohnniveau überleben können.

Also doch eine Drohung?
Das ist keine Drohung. Das PPP-Projekt ist vielmehr unser Plan A, die bevorzugte Variante. Aber wir respektieren jegliche Entscheidung der Landesregierung. Schließlich ist sie unser Auftraggeber, unser Kunde. Wir als LiBUS stellen der Landesregierung sicherlich nicht die Rute ins Fenster.

Wenn es zu einem reinen Preiskampf kommt, und die Lohnkosten bereits 45 Prozent ausmachen, wird es schwierig. Das gilt es unbedingt zu vermeiden!

Eine Frage, die sich auch stellt, ist: Warum wurde das PPP-Projekt vorgelegt bevor der Landesmobilitätsplan überhaupt verabschiedet wurde? Dort werden ja die endgültigen Vorstellungen des Landes im Hinblick auf die neuen Überlandsdienste festgelegt. Der Landtag wird sich voraussichtlich erst im Oktober mit dem Entwurf befassen – das PPP-Projekt von SAD und LiBUS wurde bereits im April eingereicht. Warum wurde hier vorgeprescht?
Im Landesmobilitätsplan hat das Land natürlich seine Interessen niedergeschrieben und für 90 Tage zur Diskussion gestellt. Bis September haben die Bürger Zeit, selbst Vorschläge einzubringen. So wie wir unsere Vorschläge eingereicht haben – zeitlich eben etwas früher. Der Vorschlag der Privaten, sprich LiBUS und SAD, sieht eine Reihe von Ideen vor, die unsere Meinung nach auch im Interesse des Landes sind – und kann zusammen mit der Dienststellenkonferenz nachgebessert werden. Dafür, dass er früher gekommen ist, hat es keinen bestimmten Grund gegeben. Wir haben ihn eingereicht sobald wir so weit waren.

Das PPP-Projekt ist kein Mittel, um Druck auf die Politik auszuüben?
Nein, überhaupt nicht. Es ist legitim, dass auch ein Privater der öffentlichen Hand Vorschläge macht. Wir als Private haben das gemacht und, ich wiederhole, wir als LiBUS respektieren die Entscheidung der Landesregierung. Denn schlussendlich steht es ihr zu, zu sagen, ob unser Vorschlag gut ist oder nicht.

Haben Sie diesbezüglich bereits Bescheid bekommen?
Noch hat die Landesregierung Zeit, zu entscheiden. Bisher habe ich keinerlei Rückmeldung bekommen, weder ein Ja oder ein Nein.

Es wäre angebracht, die Qualitäten der Fahrer bei einer Ausschreibung zu honorieren.

Nehmen wir an, das PPP-Projekt überzeugt. Damit ist die Ausschreibung aber nicht vom Tisch, richtig?
Zur Ausschreibung kommt es ohnehin, ja. PPP ist keine gemähte Wiese.

Aber der entscheidende Unterschied zum europaweiten Wettbewerb ist, dass sich die Einbringer eines PPP-Projekts – in diesem Fall SAD und LiBUS – das Vorrecht sichern. Sprich, das PPP-Projekt wird ausgeschrieben, macht ein Konkurrent ein günstigeres Angebot, haben SAD und LiBUS das Recht, sich den Auftrag zu diesem Preis zu sichern.
Daher ist das PPP-Projekt ein Vorteil für einheimische Betriebe, um eine Chance gegen europäische Konzerne zu haben. Mittlerweile gibt es in Europa Busunternehmen mit 40.000 bis 50.000 Bussen. Nur um aufzuzeigen, wie klein wir Südtiroler sind und wie klein auch die SAD im europäischen Kontext ist (der Fuhrpark der 19 LiBUS-Konzessionäre umfasst ca. 200 Linienfahrzeuge, bei der SAD sind es nach eigenen Angaben mehr als 280, Anm. d. Red.). Um bei der Neuvergabe gegen solche Großkonzerne zu bestehen, ist das PPP-Projekt eine Möglichkeit für uns, um nachzubessern. Andernfalls braucht es wie gesagt eine Qualitätsausschreibung, bei der auf bestimmte Punkte Wert gelegt werden muss. Wenn es nur um den Preis geht, wird es schwierig…

Könnte es nicht auch sein, dass lokale Unternehmen im Falle eines kleinen Territoriums wie Südtirol, bereits von vornherein die Nase vorne haben? Immerhin kennen sie das Land und machen den Dienst schon lange – und auch gut, wie betont wird.
Das hängt von der Ausschreibung ab und wie man sie macht. Damit will ich nicht sagen, dass die Ausschreibung auf uns zugeschnitten werden soll. Wir sind für Wettbewerb. Doch wir wünschen uns, dass das, was die einheimischen Betriebe und ihre Fahrer ausmacht – nicht nur die Ortskenntnisse, sondern auch Straßenkenntnisse wie zum Beispiel den Umgang mit Schnee im Winter – ,dass diese Qualitätskriterien berücksichtigt werden. Bevor jemand mit einem Dumpingpreis daherkommt – das wäre schlecht.

Die Vorgehensweise der SAD möchte ich nicht kommentieren.

Nach wie vor steht auch die Möglichkeit im Raum, dass die Konzessionen für die fünf Lose, in die das Einzugsgebiet Südtirol im Landesmobilitätsplan aufgeteilt wurde, einzeln ausgeschrieben werden. Wäre eine solche Ausschreibung nicht um einiges vorteilhafter für kleine Unternehmen? Zumindest sieht der Landeshauptmann das so.
In seiner heutigen Form sieht der Landesmobilitätsplan mehrere Lose vor, die einzeln vergeben werden können. Diese Lose sind aber immer noch relativ groß. Sie umfassen zwischen 100 und 130 Busse, die für die jeweiligen Linien benötigt werden. Das ist derzeit – wenn wir die SAD ausklammern – ein viel größerer Fuhrpark als der jedes einzelnen Unternehmens, das am Südtiroler Markt ist. Außer der SAD gibt es kein Unternehmen in dieser Größenordnung. Die Lose in Nordtirol zum Beispiel sind wesentlich kleiner. Das soll nicht heißen, dass es Nordtiroler besser machen, aber sie wurden bewusst kleiner gemacht, damit auch kleinere Unternehmen alleine eine Chance haben. Ansonsten haben die Kleinen nur als Subunternehmer eine Chance – und das ist nicht Sinn der Sache.

Das erste PPP-Projekt, das der Landesregierung zur Begutachtung vorgelegt wurde, wurde abgelehnt. Wird es dem zweiten ebenso ergehen?
Das erste, das abgelehnt wurde, hat die SAD alleine gemacht. Wir haben uns dann mit der SAD zusammengesetzt, das Projekt überarbeitet und noch einmal eingereicht. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir zusammen mit der SAD einen sehr guten Vorschlag ausgearbeitet haben. Und wir hoffen auf eine wohlwollende Behandlung des PPP-Projekts, weil wir es immer noch als bessere Variante für beide Seiten – Auftraggeber und Betriebe – sehen. Aber wie gesagt, die LiBUS akzeptiert jegliche Entscheidung.

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gorgias Mer, 07/19/2017 - 05:58

Warum kann der öffentliche Verkehr nicht direkt von der öffentlichen Hand ausgeübt werden. Warum hat man jahrelang so ein Krokodil gefüttert, bis man nun angst haben muss selbst gefressen zu werden?

Hier hat die öffentliche Hand versagt. Wir sollten uns einmal die ganzen Agenturen die Privat geführt und in öffentlicher oder halböffentlicher Trägerschaft sind. In diesem Bereich läuft es weder schlüssig noch transparent ab.

Mer, 07/19/2017 - 05:58 Collegamento permanente
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rotaderga Gio, 07/20/2017 - 09:10

PPP public private partnership
früher sprach die hohe Welt Latein um nicht vom " basic" Volk durchschaut zu werden. Heute spricht man Englisch.
Übrigens, gibt es diese Bezeichnung in Süditalien in einer abweichenden Bedeutung: Mafia, Camorra, Andrangheta

Gio, 07/20/2017 - 09:10 Collegamento permanente