Economia | Genossenschaften

„Kritik wird nicht geduldet“

Der Bauer und Kurtiniger Bürgermeister Manfred Mayr über die Macht der VOG, die Ämterhäufung, die Möglichkeit der Bauern das System zu ändern und Moral unterm Apfelbaum.
mayr_manfred.jpg
Foto: SVP
Salto.bz: Herr Mayr, Sie sehen die Sachlage rund um die Wahl der Pink Lady Delegierten etwas anders als sie VOG-Geschäftsführer Gerhard Dichgans dargestellt hat?
 
Manfred Mayr: Der Verwaltungsrat der VOG ist ein gewähltes Gremium und demnach kann er natürlich diese Entscheidungen treffen. Dabei ist es sicher eine Frage des Stils ob man andere Kandidaten berücksichtigt oder nicht. Ich denke, dass diese Herren aber selbst nachdenken sollten, ob es richtig war, drei andere Kandidaten einfach zu verschweigen.
 
Ihnen hat das Rundschreiben von VOG gar nicht gefallen?
 
Ich halte es einfach für kleinkariert, dass man nicht die Größe hat hier über der Sache zu stehen. Aber die VOG ist eben ein Kampfschiff, das alles niederwalzt. Aus meiner Sicht wäre dem Kaiser sicher kein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn man auch die anderen Kandidaten namentlich angeführt hätte. Im Sinne einer demokratischen und offenen Gesellschaft. Unser Obmann Walter Pardatascher hat auch ein SMS verschickt. Er hat dabei die Empfehlung der VOG mitgeteilt, aber auch darauf hingewiesen, dass es fünf Kandidaten gibt.
Die VOG ist ein Kampfschiff, das alles niederwalzt.
Ist die Macht der VOG im Südtiroler Genossenschaftswesen zu groß?
 
Die VOG hat sicherlich eine enorme Kraft und auch eine enorme Macht. Dabei ist sie auf jeden Fall sehr änderungsresistent. Aber auch hier muss man sagen: Es handelt sich bei den VOG-Vorständen um gewählte Gremien. Wenn das den Bauern also so passt, dann muss man das zur Kenntnis nehmen. Leider ist es aber so, dass wenn jemand in diesem Kosmos sich getraut, etwas im Sinne einer demokratischen Mitbestimmung zu sagen, dann schlägt das Imperium sofort zurück. Jede Kritik wird als Blasphemie angesehen und auch nicht geduldet.
 
Ein anderes Problem ist die Ämterhäufung im Südtiroler Genossenschaftswesen?
 
Das ist sicher ein großes Problem. Ich erlaube mir hier nur einen Namen zu nennen: Harald Weis. Weis ist Multifunktionär im Genossenschaftswesen. Es ist Parttime- Angestellter des Beratungsringes und gleichzeitig Obmann der AGRIOS. Damit ist er Kontrolleur und Kontrollierter in Personalunion. Natürlich wurden alle diese Dinge von Gremien abgesegnet. Aber es gibt doch auch noch moralische und ethische Grundsätze.
 
Was meinen Sie damit?
 
Jemand kann durchaus im Recht sein, eine Sozialwohnungen zu haben und gleichzeitig einen Ferrari in der Garage stehen haben. Ob das ganze moralisch vertretbar ist, bezweifle ich aber.
 
 
Die Frage, die sich auch im Zusammenhang mit der Pink-Lady-Wahl stellt: Wen vertritt die VOG? Die Bauern oder die Genossenschaften?
 
Das ist ein Teil der leidigen Problems. Man sagt immer: Sie vertreten alle.
Der Bauer ist sehr resistent gegen das Leiden. Deshalb sind Änderungen schwierig.
Seit Jahrzehnten stehen dieselben Personen an der Spitze der VOG. Wäre es nicht an der Zeit für personelle Veränderungen?
 
Diese Herren sind gewählt worden. Wenn man eine Änderung will, dann ist das einfach. Im Genossenschaftswesen hat jedes Mitglied eine Stimme. Deshalb kann die Basis hier direkt eine Veränderungen herbeiführen. Aber echte Änderungen im Genossenschaftssystem gibt es erst, wenn die Bauern nur mehr 15 Cent für ein Kilo Äpfel bekommen. Der Bauer ist sehr resistent gegen das Leiden. Deshalb sind Änderungen schwierig. Aber - wie gesagt - es liegt in der Hand der Mitglieder.
 
Sie waren selbst jahrelang als Aufsichtsrat und Rechnungsprüfer in mehreren Genossenschaften tätig. Haben Sie keine Angst, dass Sie nach diesem Interview auswandern müssen?
 
Nein, ich erlaube mir meine Meinung zu sagen. Es funktioniert vieles sehr gut im Südtiroler Genossenschaftswesen, aber es gibt auch negative Auswüchse. Wenn die Mitglieder der Meinung sind, alles passt und wenn einer etwas sagt, dann ist das ein Nestbeschmutzer, dann muss man das in einer Demokratie zur Kenntnis nehmen.