Ambiente | Energie

Fließende Gelder

Jede Menge Daten und Fakten zu den Umweltgeldern, die große und mittlere E-Werke entrichten müssen, und zu deren Verwendung wurden am Donnerstag präsentiert.
Kalterer Graben
Foto: Alperia

Über 160 E-Werke südtirolweit müssen sie zahlen: Umweltgelder – zum Ausgleich für die Umweltbelastungen, die den Ufergemeinden durch die Kraftwerke und die Wasserableitungen für die Energieproduktion entstehen sowie für nachhaltige Entwicklungsmaßnahmen. “Südtirol ist gemeinsam mit dem Trentino die einzige Region in Italien, in der E-Werksbetreiber solche Umweltgelder entrichten müssen”, erinnerte Umweltlandesrat Richard Theiner am gestrigen Donnerstag, als er gemeinsam mit Landeshauptmann Arno Kompatscher, Alperia-Vorstandsvorsitzender Wolfram Sparber am Kraftwerk St. Florian in Neumarkt – einem der größten Kraftwerke der Region – Daten und Fakten zu den Umweltgeldern aus dem Betrieb von E-Werken präsentierte. Anwesend waren auch die Bürgermeister von Neumarkt, Salurn und Altrei, Horst Pichler, Roland Lazzeri und Gustav Mattivi und der Präsident der Bezirksgemeinschaft Unterland Edmund Lanziner.

Zur Zahlung von Umweltgeldern sind Betreiber von großen E-Werken (mit einer jährlichen mittleren Nennleistung von über 3000 kW) sowie – seit 2015 – auch jene von mittleren E-Werken (220-3000 kW) verpflichtet. “Mit der Einführung der Umweltgelder, zunächst für die großen, dann für die mittleren Kraftwerke, wurde eine neue Ära in der hydroelektrischen Bewirtschaftung unserer Fließgewässer eingeleitet. Damit konnten wir eine gerechtere Abgeltung für die Nutzung öffentlicher Gewässer und somit eine stärkere Berücksichtigung des öffentlichen Interesses erreichen”, zog Landeshauptmann Kompatscher Bilanz. Die Versorgung mit Trinkwasser und sauberer Energie, so Kompatscher weiter, müsse für alle sichergestellt sein. Dank der Änderung des Art. 13 des Autonomiestatuts im Jahr 2017, der Südtirol die primäre Zuständigkeit in diesem Bereich zusichert, werde dies auch in Zukunft möglich sein.

 

Investition in eine nachhaltige Entwicklung

Von den 16 Großkraftwerken im Land sind bisher über drei Dreijahrespläne von 2011 bis 2019 rund 160 Millionen Euro an Umweltgeldern zur Verfügung gestellt worden. “Das entspricht Ausgleichszahlungen in Höhe von circa 18 Millionen Euro im Jahr, die 42 Gemeinden zugute kommen”, zeigte Kompatscher auf.
Im Rahmen der ersten beiden Dreijahreszeiträume (2011-2016) wurden bis Ende 2016 60 Prozent der zur Verfügung stehenden Gelder effektiv ausgegeben und damit Maßnahmen konkret umgesetzt. Weitere Projekte laufen noch oder werden in Losen ausgeführt.

Für den Zeitraum 2017-19 wurden 15 Umweltpläne bereits genehmigt, jener für das Kraftwerk Lana wird in Kürze folgen. Daraus resultieren Umweltgelder von insgesamt 62,5 Millionen Euro.
“Dazu kommen den Gemeinden aus dem Betrieb der rund 150 mittleren E-Werke im Land stufenweise innerhalb der nächsten 30 Jahre Umweltgelder von circa 3,5 Millionen Euro im Jahr zugute”, ergänzte der Landeshauptmann. Diese sind wie erwähnt für die seit 2015 neu ausgestellten Konzessionen bzw. bei Erneuerung der Konzession zu entrichten.

Die Maßnahmen, die mit den Umweltgeldern für die Aufwertung der Umwelt und die nachhaltige Entwicklung in den Gebieten der betroffenen Gemeinden finanziert werden, hätten “positive Auswirkungen auf das gesamte Land”, betonte Kompatscher.

 

Alperia generiert nicht nur Strom

“Die Umweltgelder stellen für uns einen weiteren wichtigen Mehrwert dar, den wir mit Alperia für Südtirol generieren”, pflichtete Wolfram Sparber bei. Als Beispiele für Maßnahmen, die Alperia umsetze, nannte der Vorstandsvorsitzende der landeseigenen Energiegesellschaft “Fischtreppen oder die Umweltüberwachung der Wasserstrecken für eine bestmögliche Gestaltung und Gewährleistung der Restwassermengen und Reduzierung der Wasserschwankungen”. Alperia, so Sparber, stelle für 15 Großwasserkraftwerke in Südtirol für die gesamte Konzessionsdauer von 30 Jahren mehr als 400 Millionen Euro an Umweltgeldern bereit. Seit 2011 sind es jährlich 16 bis 18 Millionen Euro, die Land, Gemeinden und Alperia als Konzessionär für die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stehen.

Die drei Bürgermeister der Ufergemeinden des Kraftwerks St. Florian zeigten sich mit den Investitionen, die durch Umweltgelder möglich gemacht werden, zufrieden: “Damit können viele Projekte umgesetzt werden, die sich langfristig positiv auf die Gemeinden auswirken, wie etwa die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, die Umstellung auf LED-Beleuchtung, die Erneuerung der Trinkwasserversorgung, die Schaffung von Naherholungszonen.”

 

Konzessionsvergabe und Umweltpläne

Bei den Großkraftwerken wird die Höhe der Umweltgelder durch das Auflagenheft der Konzession geregelt, “zudem stellt sie ein Vergabekriterium dar”, führte Landesrat Theiner aus.
Bei den mittleren Kraftwerken setzen sich die Umweltgelder hingegen aus einem fixen Anteil – abhängig vom Produktionspotenzial – und einem variablen Anteil – abhängig vom jährlichen mittleren Strompreis und der effektiven Jahresproduktion – zusammen. Der Gesamtbetrag hat Einfluss auf die Konzessionsvergabe. “Die Umweltgelder sind ein zentraler Punkt im Wettbewerb um die Konzessionen und stellen sicher, dass neben dem privaten auch das öffentliche Interesse gewahrt wird”, unterstrich Theiner.

Während die Ausgleichszahlungen der mittleren Kraftwerke zur Gänze den Gemeinden zugutekommen, gehen die Umweltgelder bei den großen Wasserkraftwerken zu zwei Dritteln an die betroffenen Ufergemeinden und zu einem Drittel an das Land. “Allerdings fließen diese Gelder nicht in das Landesbudget, sondern bleiben umweltbezogenen Maßnahmen, die in den Ufergemeinden durchzuführen sind, vorbehalten”, so der Landesrat.

Um die Umweltgelder möglichst zielgerichtet und nachhaltig einzusetzen, werden Umweltpläne ausgearbeitet. Im Falle der großen Kraftwerke erfolgt dies durch den Kraftwerksbeirat, der aus vier Vertretern des Landes, je einem Vertreter der betroffenen Ufergemeinden und einem Vertreter des Konzessionärs besteht. Das vom Beirat erarbeitete Maßnahmenprogramm muss von den Gemeinden, dem Konzessionär und der Landesregierung beschlossen werden. Bei den mittleren Kraftwerken sind die Gemeinden selbst für die Erarbeitung der Umweltpläne in Form eines Dreijahresprogramms verantwortlich. Sind mehrere Gemeinden von einer Wasserableitung betroffen, erfolgt die Aufteilung der Ausgleichszahlungen auf Vorschlag der Gemeinden.

 

Richtlinien für Ausgleichsmaßnahmen

In welche Umweltbereiche die Ausgleichszahlungen von mittleren und großen Wasserkraftwerken investiert werden können, hat die Landesregierung mit Beschluss Nr. 199/2017 festgelegt. Demnach können die Umweltgelder für Maßnahmen zugunsten der betroffenen Gewässerökosysteme und Landschaften verwendet werden (z.B. Aufwertung von Biotopen und Förderung der Artenvielfalt, Sanierung von Wegen und Schaffung von Naherholungszonen) ebenso wie für eine umweltverträglichere und sozialere Energieversorgung (z.B. Erweiterung des Fernwärmenetzes, Strompreisermäßigungen für die Einwohner der Ufergemeinden). Weiters können die Umweltgelder für Maßnahmen zur Vorbeugung von Naturgefahren (z. B. Erstellung von Gefahrenzonenplänen, Wiederaufforstungsprojekte) und zur Sicherung der ländlichen Infrastruktur verwendet werden.

Weitere mögliche Maßnahmen betreffen die Verringerung des motorisierten Verkehrs (z.B. Pendlerparkplätze, Förderung der Elektro-Mobilität, Ausbau des Radwegenetzes und Radverleihstationen) und die Steigerung der Energieeffizienz (z.B. energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, Erneuerung der öffentlichen Beleuchtung) sowie die Maßnahmen im Bereich des technischen Umweltschutzes (Sanierung von Trinkwasserleitungen und Kanalisationen, Ausbau von Recyclinghöfen etc.). “Allein die 15 neu genehmigten Umweltpläne 2017-2019 der Großkraftwerke enthalten 455 Maßnahmenvorschläge von Land und Gemeinden”, kündigte Landesrat Theiner am Ende an.