Cultura | Salto Weekend

Rifugio

Der Sextner Felix Tschurtschenthaler trifft in der Kalterer Gefängnisgalerie auf den Wiener Felix Malnig. Sie haben Grenzen und Zelte in die alten Räumlichkeiten gehängt.
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Foto: Foto: Nora Sölva

Felix Tschurtschenthaler hat Zelte an die Wand gehängt oder gestellt. Sie stehen (und fallen) für schnelles Auf- und Abbauen, für Obdacht und Zukunft.
Mit dieser alten Form des Schutzbaus kann man sich zwar ausreichend vor Wind und Wetter schützen, der Künstler nimmt aber nicht auf hochalpine Zeltlager Bezug, sondern auf Flüchtlinge, die vor Kriegen und Dürren fliehen müssen und ebenfalls in riesigen Zeltstädten untergebracht werden. Versehen sind Tschurtschenthalers textile Architekturen mit arabischen Lettern und Schriftzeichen, die sich beim genauen Hinsehen zu Wörtern im Südtiroler Dialekt formieren.

Felix Tschurtschenthaler wurde 1980 in Innichen geboren. Nach dem Besuch der Schnitzschule im Ahrntal und der Fachschule für Holzbildhauer in Gröden folgt das Diplom an der Akademie in München. Mittlerweile lebt er wieder in Südtirol. Er arbeitet als Künstler, Bergführer und Skilehrer.

Felix Malnig ist 1967 in Nürnberg geboren und in Kanada, Deutschland und Österreich aufgewachsen. Er studierte an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien bei Maria Lassnig und Christian Ludwig Attersee. Er erhielt Stipendien und absolvierte Studienaufenthalte in Venedig, Budapest, Chicago und in China.

Malnigs Blicke sind auf Gebäude ehemaliger Staatsgrenzen gerichtet. Es sind Blicke aus einem langsam fahrenden Auto oder Zug, betont durch die spezielle Perspektive, durch Ausschnitte die keinen Anfang und kein Ende haben. Die monochrome Farbgebung vermittelt den Eindruck der Unwirklichkeit.
Hin und wieder zeigen sich verblasste Silouetten von den an den Gebäuden angebrachten Schriften.

„Es ist ein eine beklemmend schöne Ausstellung mit einer humanitären Botschaft, die beim Betrachter ein gewisses Unbehagen auslöst“ meinte die Kunsthistorikern Brigitte Matthias in der Eröffnungsrede zur Ausstellung: „Die Künstler unternehmen eine erweiterte Analyse“ und stillen in der Ausstellung den Wunsch des vielzitierten „Dach über dem Kopf.“

Die in der Galerie Gefängnis geschaffene Gesamtsituation hat eine poetische Spannung und ist reich an Assoziationen mit politischem Hintergrund. Die beiden Künstler reagieren – jeder mit seinen künstlerischen Ausgangsmitteln – auf die aktuelle konfliktreiche Lage der Welt.
Die Grenzsituationen und Zelte von Malnig und Tschurtschenthaler sind Symbole die als „Platzhalter für das Verlieren oder Verlassen der Heimat“ stehen und für „ein provisorisches Ankommen in einer temporären Unterkunft.“