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Der Motivierte

Tobia strahlt, wenn er von Peru erzählt. Das südamerikanische Land hat ihm in vielerlei Dingen die Augen geöffnet – und ihn zur ETH Zürich gebracht.
Tobia Lezuo
Foto: Anna Mayr

Tobia Lezuo ist Jahrgang 1997 und in Wengen im Gadertal aufgewachsen. Er hat 2016 am Realgymnasium in Brixen maturiert und wollte eine Auslandserfahrung machen. Nach einem Besuch bei der OEW in Brixen hat er sich für Huaraz in Peru entschieden. Im Februar 2017 hat er zuerst einen Monat lang das südamerikanische Land bereist und Spanisch gelernt. Von Anfang März bis Anfang Juli hospitierte er in Huaraz in den Anden.

 

Tobia, wie hast du dich auf das Praktikum vorbereitet?

Tobia Lezuo: Bei den zwei Vorbereitungs-Wochenenden bei der OEW konnte ich mich mit Gleichgesinnten austauschen, über Gott und die Welt philosophieren und über Inhalte diskutieren, die auch als Schulthemen wichtig gewesen wären. Mir sind die Augen aufgegangen. Ich habe viel über die Unterschiede zwischen dem Globalen Norden und Globalen Süden gelernt.

Welche Aufgaben hattest du im Projekt?

Rosario „Charo“ Figueroa war unsere Ansprechpartnerin. Sie hat uns Freiwilligen bei der montäglichen Sitzung gesagt, was gebraucht wird. Wir konnten uns nach Interessen und Fähigkeiten einbringen. Ich habe einen halben Tag pro Woche Jugendliche bei Mathematik und Englisch unterstützt, einen halben Tag lang in einer Tagesstätte für ältere Menschen gearbeitet. Die Menschen haben begeistert mitgemacht. Einmal pro Woche habe ich Donato und Luis besucht, zwei Physiotherapie-Patienten. Regelmäßig habe ich eine Blindengruppe getroffen, die politisch sehr aktiv war und unter anderem eine Radiosendung gestaltet hat. Einmal wöchentlich habe ich Nalia, eine junge Frau mit Downsyndrom, bei Fleißaufgaben, feinmotorischen Übungen und Spielen begleitet. Sie war immer begeistert bei der Sache. Einmal pro Woche war ich bei Cecilia, einem fünf Jahre alten Mädchen mit besonderen Bedürfnissen, die gerne mit uns Freiwilligen musiziert hat.

Was hast du für dich gelernt?

Ich habe verstanden, was es heißt, aus einer gesunden Familie zu kommen, habe die europäischen Verhältnisse zu schätzen gelernt und mitbekommen, was Armut ist. Von Charo habe ich besonders viel gelernt: Sie hat sich von der Not nicht überfordern lassen und oft gesagt, dass wir zwar zu den Menschen gehen und ihre Probleme erkennen, aber nur tun, was wir können und was geht. Wir müssten unsere Grenzen erkennen. Charo kann gut abschalten, ist ehrlich und authentisch, war Boss und Kollegin zugleich.

 

Du warst vier Monate im Projekt. War das ausreichend?

Drei Monate muss man mindestens bleiben. Ich bin schweren Herzens gegangen und Anfang Juli nur deshalb zurückgekommen, weil ich im Organisationskomitee von Gadersound war. Ich rate allen, die ein Praktikum planen: Nehmt euch Zeit. Die Monate sind intensiv.

Was hast du nach deiner Rückkehr am liebsten erzählt?

Das Positive. Manche Menschen glauben zum Beispiel, in Peru gebe es keine Freizeitangebote. Ich kann als Gadertaler sagen, dass Peru mich den Bergen nähergebracht hat. Ich habe in Peru begonnen, den Massentourismus kritisch zu reflektieren. Beispielsweise setzt man sich in Machu Picchu, in der von den Inka gegründeten und von Besucher*innen überfluteten Stadt, stark mit dem Schutz der Natur auseinander.

Wie weit hat das Praktikum in Peru deine Studienwahl beeinflusst?

Umwelt ist mir in jener Zeit sehr wichtig geworden: die Minen, der Müll, der Massentourismus. Bei einer Trekkingtour habe ich einen Glaziologen kennengelernt. Er hat mir erzählt, dass er öfters mit der ETH Zürich zusammenarbeitet. Weil mir die Arbeit mit Jugendlichen in Peru gut gefallen hat, bin ich zurückgekommen und habe die Betreuung eines autistischen Kindes übernommen. Dann aber habe ich mich an der ETH Zürich angemeldet. Jetzt studiere ich dort Umwelt- und Naturwissenschaften.

 


Projekt & Projektort

Un techo en los Andes (Ein Dach in den Anden)

Im Gesundheitszentrum „Un techo en los Andes“ werden Patient*innen mit alternativen Methoden wie Homöopathie oder Fußreflexzonen-Massage behandelt. Angestellte und Freiwillige besuchen Kinder und Erwachsene mit Beeinträchtigungen zu Hause, behandeln sie und begleiten sie zu Therapien. Wöchentlich trifft sich eine Gruppe von sehbeeinträchtigten Menschen, um gemeinsam zu musizieren und eine Radiosendung zu begleiten. Im Stadtviertel Pongor trifft sich eine Gruppe von Kindern regelmäßig mit einer pädagogischen Fachkraft, um gemeinsam Hausaufgaben zu machen, zu spielen, zu basteln und Zeit miteinander zu verbringen.

Huaraz, Peru

Huaraz liegt 350 km nördlich von Lima in den Anden auf 3.052 Höhenmetern und hat rund 120.000 Einwohner*innen. Peru ist reich an Bodenschätzen wie Gold, Silber und Kupfer. Doch von 1532 bis 1824 hat Spanien Peru kolonisiert und extrem ausgebeutet. Bis heute sind die meisten Minen in ausländischer Hand. Die offizielle Arbeitslosenrate ist gering, doch die meisten Peruaner*innen sind arbeitsrechtlich kaum abgesichert. Viele Familien ziehen vom Hochland nach Huaraz, um Arbeit zu finden.