Cultura | Salto Afternoon

Start V

Zum 5. Mal präsentiert "Start" junge Künstlerinnen und Künstler. Ihre Arbeiten zeigt die Galerie Prisma in Bozen. Ein Gastbeitrag von Lisa Trockner.
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Foto: Foto: SKB (Leonhard Angerer)

Nach 5 Ausgaben von Start wäre es problemlos möglich, Resümee zu ziehen und Tendenzen und Weisungen junger Kunst neu zu kategorisieren bzw. einen roten Faden nachzuzeichnen. Von 2007 – 2017 ist einiges passiert und mit über 40 Positionen ließe sich eine Standortbestimmung der lokalen Kunstszene vornehmen, doch mittlerweile bin ich überzeugt, dass das Künstlersein selbst, als Lebenseinstellung der einzige Parameter ist, der die ewige Frage nach was ist Kunst ? und was nicht? befriedigend beantwortet.

Künstlersein sollte heute mehr denn je wieder in einem Renaissancedenken als ganzheitliches Sein begriffen werden, denn nur daran kann Kunst als Schöpfung vom Produkt differenziert werden. Künstlersein oder sein wollen und werden ist ein essentieller Unterschied: Künstlersein ist heute Lifestyle, Kunst machen ist Ausdruck einer jungen orientierungslosen hippen Generation. Viele junge Menschen geben in den sozialen Netzwerken als Beruf Künstler* an. Natürlich macht sie ein cooles Profil nicht zu Künstlern und die meisten scheitern auch nach wenigen Monaten oder Jahren. Das Künstlersein trägt man in sich, man hat es oder nicht. Es bedeutet Leidenschaft, verlangt, dass das Innere nach außen gestülpt wird und man somit pausenlos und grenzenlos sich selbst stellt, denn nur so gelingt es, mit der Zeit ein eigenständiges, Moden überdauerndes Werk zu schaffen. So fordernd dieses Leben ist, so voller Opfer und Hingabe so klein ist auch die Zahl jener, die Kunst um ihrer selbst willen schaffen.

Dass sich die Spreu vom Weizen trennt, belegen auch die Statistiken der erwerbstätigen Künstler: Während proportional die Zahl der sogenannten „Kreativen“ steigt, ist in den letzten 10 Jahren, nach der Wirtschaftskrise, die Zahl der erwerbstätigen Künstler konstant geblieben. In Italien lassen sich die Statistiken schwer erfassen, da es keine Künstlersozialversicherung gibt. 1993 sind in Deutschland 81.000 Künstler in die Künstlersozialkasse eingetragen, 2008 sind es 180.000 Personen und diese Zahlen bleiben bis 2017 konstant. Das Durchschnittseinkommen ist nicht hoch und beträgt 2017 knapp 16.000 Euro brutto jährlich. In Berlin beispielsweise, wo viele junge Südtiroler Künstler studieren und arbeiten, leben nach einer Schätzung des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin (BBK) 8.000 bis 10.000 Künstler. Weniger als tausend von ihnen können von ihrem Schaffen auskömmlich leben (Ergebnis einer Untersuchung des Berliner Instituts für Strategieentwicklung). Die Mehrheit muss sich ihr Leben für die Kunst mit Nebenjobs finanzieren. Umso beeindruckender ist es für mich, immer wieder jungen Menschen zu begegnen, die Kunst um ihrer selbst willen machen, die mit Passion und Durchhaltevermögen ihr Ziel verfolgen. Die aus Überzeugung einen Weg eingeschlagen haben, der absehbar kein leichter ist, und die mit Leidenschaft ihre Ideen in Überzeugungen verwandeln und diese auf unterschiedlichste Art und Weise zum Ausdruck bringen.

Die Themenkreise und Medien, mit denen in der jungen Szene gearbeitet wird, sind so unterschiedlich, wie die einzelnen Persönlichkeiten. Im Zentrum steht der Mensch: Es wird die gesellschaftliche, politische, ökologische und künstlerische Gegenwart widerspiegelt. Die hier gezeigten 9 Künstler, davon zwei Co–Produktionen, verbindet ihre Hingabe für die Kunst und sie zeichnet ihr Selbstbewusstsein und ihre Eigenständigkeit ihres noch jungen Werkschaffens aus. Start V zeigt 9 Talente, die es wert sind, weiter verfolgt und gefördert zu werden. Interessant ist, dass zum ersten Mal 2 Positionen vertreten sind, die im Hauptfach Architektur belegen und zugleich starke künstlerische Positionen hervorbringen. AliPaloma (Alexandra Angerer) schafft starke gegenwartskritische Statements aus modifizierten Alltagsgegenständen und morbide Fotoserien, die Körper und sehr oft die Weiblichkeit ins Licht rücken. Georg Ladurner experimentiert mit digitalem Rohmaterial: Durch computergestützte Techniken lassen sich komplexe Prozesse intelligenter Phänomene beschreiben und als ästhetische Oberflächen visualisieren. Dem Medium der Malerei in knallig poppigen Farben und grafischen Formen auf großem Format widmet sich Doris Moser. Das zentrale Thema ist uneingeschränkt die Frau.

Die beiden in London lebenden Künstlerinnen Silvia De Giorgi & Lara Domeneghetti arbeiten genauso so wie Manuel Resch und Maximilian Willeit jeweils gemeinsam, sprich vielhändig, an einer Arbeit. De Giorgi und Domeneghetti schaffen in traditioneller Manier Porträts, indem angelehnt an historische Malerei zeitenverbindende fantastisch anmutende Antlitze entstehen. Parallel dazu produzieren sie kleine Bronzen, die Mutationen aus Menschen und Tieren darstellen. Resch und Willeit arbeiten großflächig an die Sprayerkunst angelehnt auf Leinwand und experimentieren mit Gegenständen wie leuchtenden Neonlampen, die auf den Bildgrund montiert werden. Lukas Messner und Alexander Wierer spielen mit Realitätsverschiebungen, demontieren und rekonstruieren neu. Messners Werke sind abstrakt und introspektiv: Mit wenigen einfachen Mitteln setzt er Dinge in neue Kontexte. Wierer recherchiert auf breitem Feld und verdichtet Gesehenes und Erlebtes auf hintersinnig witzige Weise, ohne sich dabei auf Mittel, Medien oder Stilrichtungen festzulegen.

Salto in Zusammenarbeit mit Kulturelemente und SKB