Cultura | Salto Return

#190218

In Salto Return geht es heute nicht um Hofer, sondern um die Minderheit der "Hofferer". Es geht aber auch um andere Minderheiten. Und um Freiheiten.
Freiheit
Foto: Foto: Salto.bz

Minder
Südtirol bringt Minderheiten aus Europa auf die Bühne, erfahre ich auf Salto.bz und in anderen (kleineren und größeren) Medien. Von überall her kommen sie angereist, sämtliche Minderheitenvertreter des Alltags. Sie erzählen dem Südtiroler Theaterpublikum zu den Befindlichkeiten in ihrem Land, über die Narben der Vergangenheit, die Gräben der Gegenwart und die Visionen für die Zukunft.

„Nicht nur mich stört der Begriff Minderheiten“, räusperte Brauni, ein farbenblinder Macchiato-Freund aus meiner Straße. Brauni, der wegen seiner Haarfarbe so genannt wird, nicht etwa wegen seiner politischen Haltung, bevorzugt den Begriff Wenigerheiten. Wie auch seine Arbeitskollegin Lenka, die Linke und professionelle Linkshänderin. Als Kind wurde Lenka von Lehrern und Lehrerinnen mit aller Strenge zurechtgewiesen und zur Rechtshänderin umerzogen, sodass sie sogar – wie sie mir mit feuchten Augen erzählte – zur Stotterin wurde: „Das war extrem traurig, ich war mit einem Schlag Linkshänderin und Stotterin, also doppelte Minderheit, oder Wenigerheit!“
„Auch ich gehöre einer doppelten Minderheit an“, prahlte ich in die Runde: „Ich bin nämlich leicht farbenblind und habe zusätzlich einen leichten Silberblick.“ 
Brauni und Lenka lächelten. Wir ließen unsere Macchiato-Tassen erklingen und schmiedeten einen teuflischen Pakt, der von nun an das in den Augen Braunis negativ behaftete Wort Minderheiten völlig neu aufpolieren sollte. Wir gründeten einen Minder-Verein für Wenigerheiten.
„Das ist super, Mind steht für Geist und in diesem Sinne wollen wir agieren!“ jubelte Lenka. Ich stimmte ihr zu, leicht links an ihr vorbeischauend und versprach Karten für den Minderheiten-Theaterabend in Bozen zu besorgen.

Minder*innen aller Länder vereinigt euch!

Mander
„Wir hatten uns mehr erwartet, sind jetzt einigermaßen delusi…“ meinten einige stramme Mander anlässlich der bescheidenen Wortspende des Festredners bei den Feierlichkeiten zum Freiheitskämpfer Andreas Hofer am gestrigen Sonntag in der Kurstadt Meran. „Womit wir aber nicht gerechnet hatten,“ sagte der Pressesprecher des Shit-zenbundes (Achtung Satire), „dass uns eine kleine Gruppe an Freiheits-Demonstranten zu schaffen machte, die sich als Hofferer ausgaben und tatsächlich behaupteten, sie seien die eigentlichen Hofer-Erben.“

In der Tat waren um 1810 einige Familien aus dem engen Tal Hofers in die weite Welt gezogen. Die Ur-Passeirer gründeten rund ein halbes Jahrhundert nach ihrer Migration im fernen Patagonien eine freiheitlich-sozialistische Gesinnung-Gemeinschaft. „Hola, wenn wir nun zurückkommen tun, hombre“, sagte einer der Hofferer, „sind wir más besturzt, no, wie sich in Hofers Land, der pueblo nicht weitentwickelt hat. Die fühlen sich ja immer noch einem Freiheitsideal historiale verbunden.“
„Nuevo vino in alte Schläuche...“ lachte eine Hoffererin und warf ein: „Ihr habt hier in tirolo del sur auch partidos die sich Freiheitliche nennen oder Sudtiroler Freiheit. Mir ist por nada claro, weshalb Freiheit? Donde?“ 

...no tiene nada que ver con el término libertad!

Uns, vom Verein der Minder*innen, waren die nach Meran angereisten Hofferer sehr sympathisch. Wir trafen uns im Anschluß in einer verrauchten Bude am Eingang des Passeiertales, in jenem Bauernhaus, wo einst die ersten Hoffer die Koffer packten.
„Houmbre, wir vernetzen uns, zu einem großen Minder*innen-Mastermind...“ war am Ende der Tenor des Abends.

„Freiheit hat nichts mit dem zu tun, was Parteien und Gruppierungen groß auf ihre Plakate schreiben...“ sang Lenka nach der Sitzung auf der Heimfahrt und verpackte ihre Gedanken in eine wunderschöne Melodie, die sie linkshändig und gleichzeitig auf ein Notenblatt notierte. Und weiter: „An einem tollen Hofferer-Abend, die Hoffnung für die Freiheit stirbt zuletzt, ja sie stirbt zuletzt..."