Cronaca | Justiz

Die Fitness des Maresciallo

Der Kommandant der Carabinieristation Brenner wurde jetzt wegen Betruges schuldig gesprochen. Gegen seinen Vorgesetzten soll wegen Amtsunterlassung vorgegangen werden.
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Foto: upi
Das Auge des Gesetzes wacht über die Bürgerinnen und Bürgern.
Doch im eigenen Haus scheint der Blick mancher Ordnungshüter deutlich getrübt. So könnte man eine Geschichte zusammenfassen, in deren Mittelpunkt der Kommandant der Carabinieristation Brenner und dessen Vorgesetzter der Kommandant der Carabinieri-Kompanie Sterzing stehen.
Seit vielen Jahren ist der gebürtige Römer Fabio Caccamo als Carabinieri in Südtirol stationiert. Der heute 53jährige Maresciallo hat unter anderem die Carabinieri-Station in Niederdorf geleitet. Weil er es dort aber mit seiner Dienstauffassung nicht allzu genau nahm, leitete die Carabinieri-Verwaltung ein Verfahren ein, dass ihn vor ein Militärgericht brachte.
Die Folge: Caccamo wurde bereits vor Jahren auf den Brenner versetzt. Dort war er zuerst als Vizekommandant und dann als Leiter der Carabinieristation am Brenner tätig.
Anscheinend legte Caccamo aber seine besonderen Verhaltensweisen keineswegs ab. Das führte dazu, dass sich gleich mehrere seiner Kollegen im vergangenen Jahr bei der Bozner Staatsanwaltschaft gemeldet haben. Der schwerwiegende Vorwurf: Caccamo würde immer wieder Arbeitszeit aufschreiben, in der er in Wirklichkeit zu Hause verbleibt. Zudem soll er während der bezahlten Arbeitszeit mehrmals in der Woche eine Turnhalle in Sterzing besuchen, wo er über eine Stunde lang trainiere.
Es beginnt eine diskrete Beschattungsaktion, bei der der Maresciallo bei seiner Ausflügen zur Fitness während der Arbeitszeit verfolgt und fotografiert wird. Über ein Jahr lang. Erschwerend dazu kommt, dass der Carabinierikommandant selbst während des Lockdown seinen Gewohnheiten ungehindert nachgegangen ist. Dabei durfte man die eigene Gemeinde nicht verlassen. Zudem war die Turnhalle offiziell gesperrt. Doch der Carabiniere ließ sich kurzerhand vom Betreiber die Schlüssel aushändigen, so dass er die geschlossene Turnhalle am Abend ungehindert betreten konnte.
 
 
 
Der ermittelnde Staatsanwalt Andrea Sacchetti konnte Fabio Caccamo am Ende über 80 dokumentierte Verfehlungen und Falschangaben vorwerfen. Der Kommandant gab in seinen Dienstberichten an, in der Kaserne „Akten bearbeitet zu haben“ oder auf Streife gewesen zu sein, in Wirklichkeit war er aber in der Turnhalle. Oder privat im Pustertal oder Sterzing. Durch die Handydaten Caccamos konnten diese „Dienstausflüge“ zusätzlich dokumentiert werden.
Da die Beweislast erdrückend ist, suspendierte der Voruntersuchungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Kommandanten bereits im vergangenen Herbst für 10 Monate vom Dienst. Jetzt hat Fabio Caccamo vor dem Landesgericht einem Schuldeingeständnis (patteggiamento) zugestimmt. Der Carabiniere wurde wegen Betruges (Art 640 Stgb - Truffa) und Falscherklärung im Amt (Art 479 Stgb - Falsità ideologica commessa dal pubblico ufficiale in atti pubblici) zu einem Jahr und sechs Monaten bedingter Haft verdonnert.
Dass der Fall damit aber noch nicht abgeschlossen ist, liegt daran, dass es noch einen zweiten noch höheren Carabinieribeamten gibt, der sich vor Gericht verantworten muss.
Mehrere Untergebene Caccamos haben das getan, was ihre Pflicht als Militärs ist. Sie haben zeitgerecht den hierarchischen Vorgesetzten von den Verfehlungen ihres Kommandanten informiert. So haben sich drei am Brenner stationierte Carabinieri mehrmals an den Kommandanten der Carabinieri-Kompanie Sterzing, Vincenzo Gardin, gewandt und diesen detaillierte über Vorgänge unterrichtet. Lange bevor sie sich an die Staatsanwaltschaft gewandt haben. Der Sinn der Aktion: Gardin sollte einschreiten und Caccamo zur Rechenschaft ziehen.
Der 57jährige Tenente Colonnello aus Padua hätte als Amtsträger unmittelbar einschreiten und diese möglichen Straftaten der Gerichtsbehörde melden müssen. Doch Vincenzo Gardin hat nichts getan.
Dieses Verhalten könnte ihm jetzt einen Strafprozess einbringen. Staatsanwalt Andrea Sacchetti hat inzwischen die Eröffnung des Haupverfahrens gegen Gardin beantragt. Dem hohen Carabinieri-Offizier werden Unterlassung der Anzeige einer strafbaren Handlung durch eine Amtsperson (Art 361 Stgb- Omessa denuncia di reato da parte del pubblico ufficiale)  Verweigerung von Amtshandlung, Unterlassung. (Art 328 Stgb - Rifiuto di atti d'ufficio. Omissione) vorgeworfen.
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Klemens Riegler Ven, 05/20/2022 - 20:27

Die einzig vernünftigen Strafe für solche Herren sind die fristlose Kündigung und der Abzug der entsprechenden Pensionsjahre. Auch als abschreckende Maßnahme für "Trittbrettfahrer". Sie können dann in der Privatwirtschaft ihre Arbeitsjahre nachholen ... aktuell wäre die Arbeitsplatzwahl sogar ziemlich groß.

Ven, 05/20/2022 - 20:27 Collegamento permanente