Società | Pflege

„Müssen den Lohn-Gap schließen“

Wird bei den Sozialberufen mit dreierlei Maß gemessen? Nein, sagt Soziallandesrätin Waltraud Deeg. Die Gelder aus dem 50-Millionen-Topf werden schwerpunktmäßig verteilt.
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Foto: Pixabay.com/Gerd Altmann
Harsche Kritik übte kürzlich der Landesverband der Sozialberufe (LVS/APPS) am Ergebnis der Vertragsverhandlungen zum Bereichsabkommen „Teilvertrag Soziales für die Seniorenwohnheime und die Sozialdienste“. Wie berichtet hat der Verband der Seniorenwohnheime (VdS) das Abkommen anlässlich des internationalen Tages der Pflege als großen Erfolg gefeiert. Neben Lohnerhöhungen für Mitarbeiter in den Seniorenwohnheimen habe man auch ein neues Ausbildungsmodell durchsetzen können.
 
 
 
„Dass der Verband der Seniorenwohnheime federführend bei den Verhandlungen war und ist, lässt sich im Entwurf unschwer erkennen“, schreibt Marta von Wohlgemuth, Geschäftsführerin des LVS/APPS. Diese ziehe sich durch den gesamten Entwurf, von den Aufgabenzulagen, über die berufsbegleitende Ausbildung im Sozialwesen, bis hin zur Dienstleiterzulage in den Seniorenwohnheimen. Wohlgemuths Kritik? Es gehe nicht um eine Vorzugsschiene des Verbandes der Seniorenwohnheime, sondern um alle Sozialberufe. Im Entwurf würden nämlich die Aufgabenzulagen und nicht Gehaltserhöhungen definiert. Beispielsweise sind die Aufgabenzulagen der Behindertenbetreuerinnen, der Behindertenerzieherinnen, der Sozialbetreuerinnen und der Fachkräfte für Soziale Dienste, welche in der Tagesbetreuung arbeiten, niedriger als in den Seniorenwohnheimen. Wenn eine Behindertenbetreuerinnen, eine Sozialbetreuerinnen, eine Altenpfleger- und Familienhelferinnen in der Hauspflege arbeitet, wird der Prozentsatz ein weiteres Mal verändert.
 
Diese Differenzierungen sind unverantwortlich und werten die Arbeit der Sozialberufe in den ambulanten und teilstationären Diensten ab.
 
Unverständlich für Wohlgemuth sind eine Reihe von weiteren Abstufungen in der Aufgabenzulage, die ihrer Ansicht nach die Behindertenbetreuerinnen, die Sozialbetreuerinnen, die Altenpfleger- und Familienhelferinnen in den Seniorenwohnheimen und auch die Pflegehelferinnen in den Seniorenwohnheimen besser stellen würden. „Diese Differenzierungen sind unverantwortlich und werten die Arbeit der Sozialberufe in den ambulanten und teilstationären Diensten ab, obwohl dort insgesamt mehr Menschen versorgt werden, als in den Seniorenwohnheimen“, so Wohlgemuth, die auch am neuen Ausbildungsmodell kein gutes Haar lässt: „Die Überlegungen, Sozialbetreuerinnen in Ausbildung in die 5. Funktionsebene einzustufen, während vollausgebildete Sozialbetreuerinnen, schon seit Jahrzehnten in dieser Funktionsebene eingestuft sind und arbeiten, ist einfach nur kontraproduktiv.“ Pflegedienstleiterinnen hätten sicher eine große Verantwortung, die honoriert werden müsse. Dies müsse aber auch für die Mitarbeiterinnen gelten, „denn eine Pflegedienstleiterin ist immer so gut, wie ihre Mitarbeiterinnen“, so die Geschäftsführerin des LVS, die betont: „Dieser Teilvertrag ist, auch wenn 50 Millionen Euro aufgeteilt auf drei Jahre nicht ausreichen, zumindest eine Möglichkeit alle Sozialberufe anzuerkennen.“
 

Ein erster Schritt

 
Dass der Bereich Soziales nicht gerade mit finanziellen Zuwendungen überschüttet wird, erklärte Landesrätin Waltraud Deeg unlängst in einem ausführlichen Interview mit Salto.bz. Deshalb seien die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel schwerpunktmäßig verteilt worden. 
 
 
 
„Ziel des Bereichsabkommens war es, die Berufe in den sozialen und den sozio-sanitären Einrichtungen an die Realität des Sanitätsbetriebes anzupassen“, erklärt Landesrätin Deeg. Wie berichtet hat die Landesregierung vor Kurzem 50 Millionen Euro für die Verhandlungen des Teilvertrags zum Bereichsvertrag der Gemeinden, Bezirksgemeinschaften und ÖBPB (Öffentliche Betriebe für Pflege- und Betreuungsdienste) genehmigt. Obwohl die Tätigkeiten im Sanitätsbetrieb und in einigen sozialen Bereichen sehr ähnlich sind, gibt es einen Lohn-Gap, der letztens dazu geführt hat, dass beispielsweise viele Fachkräfte von den Seniorenwohnheimen in den Sanitätsbetrieb gewechselt sind. Die Folge ist ein massiver Fachkräftemangel im Sozialbereich. Das bestätigt auch Soziallandesrätin Deeg und erklärt: „Im Moment müssen wir leider eine starke Abwanderung feststellen.“
 
Im Moment müssen wir leider eine starke Abwanderung feststellen.
 
Die Gründe dafür sind unter anderem auf verschiedene Zulagen zurückzuführen, welche im Sanitätsbetrieb vorgesehen sind wie beispielsweise die Zulage „plus orario“. Unterm Strich, erklärt Landesrätin Deeg, macht das am Ende des Monats zwischen 200 und 300 Euro aus. Weiters sei es Realität, dass der Personalschlüssel in den Seniorenwohnheimen während der Nachtschicht etwas niedriger sei als in einigen Krankenhausabteilungen, was wiederum eine höheren Arbeitsaufwand und eine größere Verantwortung mit sich bringt, die entsprechend vergütet werden muss. Die Gelder aus dem 50-Millionen-Topf wurden schwerpunktmäßig auf diese Berufsgruppen verteilt bzw. sind sie ein erster und wichtiger Schritt, wie Deeg erklärt und betont, dass man über weitere Maßnahmen sprechen müsse. Diesbezüglich verweist die Soziallandesrätin auf zwei neue Berufsbilder, welche mit dem Bereichsabkommen geschaffen wurden: Sozialbetreuer in Ausbildung und Pflegehelfer in Ausbildung.
 
Die angehenden Fachkräfte werden fix angestellt und erhalten den vollen Lohn sowie eine Freistellung während der Fortbildung.
 
„Damit wir die berufsbegleitende Ausbildung attraktiver gestalten können, werden die angehenden Fachkräfte fix angestellt und erhalten den vollen Lohn sowie eine Freistellung während der Fortbildung“, so Deeg, die der Kritik von Martha von Wohlgemuth vom Landesverband für Sozialberufe entgegenhält, dass die Verhandlungspartner zu einem guten Verhandlungsergebnis gelangt seien. Es sei nun wichtig, mit der Unterschrift unter den Vertrag diesen ersten wichtigen Schritt zu setzen, da ansonsten 50 Millionen Euro den Menschen in den Pflegeberufen nicht zugutekommen könnten, zudem sei der Erfolg der berufsbegleitenden Ausbildung eng damit verknüpft, hält die Landerätin fest.
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Josef Fulterer Sab, 05/21/2022 - 08:36

Wenn die Pflegeberufe schon mit recht dürftigen Aufgabenzulagen abgefertigt werden, "weil das Geld fehlt," sollte man diese Zulagen wenigstens Steuer-frei gewähren, so wie es die Politiker mit ihren "oft an den Haaren herbei gezogenen fragwürdigen Sonderaufgaben im Bereich von mehreren 1.000 € / monatlich zu tun pflegen."

Sab, 05/21/2022 - 08:36 Collegamento permanente