Ambiente | Obstbau

Mit Samurai gegen Wanze

Ein Schädling aus China bereitet der heimischen Obstwirtschaft Sorgen. Nun könnte ein Gegenspieler, ebenso aus Ostasien, der Marmorierten Baumwanze den Garaus machen.
Marmorierte Baumwanze
Foto: PAT

Auf einmal war sie da. Seit 2016 versetzt die Halyomorpha halys in Südtirol vor allem die Obstbauern in Angst und Schrecken. Zwölf bis 17 Millimeter groß ist das Tierchen, das unter dem Namen Marmorierte Baumwanze oder auch einfach Stinkwanze bekannt ist. Auf dem Speiseplan der Wanze, die aus China zunächst in die USA und später über Pflanzenimporte nach Europa eingeschleppt wurde, stehen über 300 Pflanzenarten: Obst, Beeren, Reben, Gemüse, aber auch Mais und Soja. Die als Schädling eingestuften Tierchen saugen sich an den Früchten und dem Gemüse fest, an den angestochenen Stellen entstehen Flecken, das darunter liegende Pflanzengewebe stirbt ab.

Laut US-amerikanischen Forschern hat die Baumwanze auf Apfel-Plantagen im Jahr 2010 Schäden in der Höhe von 37 Millionen US-Dollar verursacht. Entsprechend groß ist die Sorge in Südtirol. Hier wurde Baumwanze erstmals vor drei Jahren nachgewiesen, nachdem sie 2012 in der Emilia Romagna festgestellt worden war. Seither laufen die Forschungen auf Hochtouren, um dem Schädling wirksam den Garaus zu machen. Denn die Marmorierte Baumwanze hat in diesen Breitengraden keine natürlichen Gegenspieler und ist sehr robust – der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln hat sich als nicht besonders wirksam erwiesen. Nun könnte ein anderes, “ausländisches” Tierchen zur Bekämpfung eingesetzt werden. Trissolcus japonicus stammt, wie die Stinkwanze, aus Ostasien. Die Samurai-Wespe ist zwei Millimeter klein, für den Menschen ungefährlich und sticht nicht.

 

Ein willkommener Parasit

 

Die Samurai-Wespe legt ihre Eier in die der Marmorierten Baumwanze, die Wespenlarve frisst die Wanzeneier und verhindert so, dass sich der Schädling vermehrt.

 

Zwar sei derzeit noch nicht abschätzbar, wie groß die Gefahr der Baumwanze für den Südtiroler Obstbau tatsächlich ist, wie Klaus Marschall, Leiter des Instituts für Pflanzengesundheit am Versuchszentrum Laimburg erklärt. Doch der zuständige Landesrat will auf jeden Fall “größere Schäden in unseren Obstwiesen verhindern”. Daher liege es nahe, die Samurai-Wespe als Gegenspieler auch hierzulande einzusetzen, meint Arnold Schuler.

Die gesetzliche Basis dafür bietet ein Dekret des Staatspräsidenten vom 5. Juli 2019, das am 5. September im Amtsblatt der Republik veröffentlicht wurde. Dieses erlaubt den Einsatz nicht-autochthoner, also nicht heimischer Arten zur natürlichen Schädlingsbekämpfung. Zuvor aber muss das Umweltministerium ein Gutachten und eine Genehmigung vorlegen. Denn die Freisetzung nicht autochthoner Arten kann sich negativ auf andere, heimische Arten auswirken und die lokale Flora und Fauna gefährden.

 

Gemeinsam gegen die Stinkwanze

 

Um eine biologische Schädlingsbekämpfung durch Nützlinge – wie eben die Samurai-Wespe – zu ermöglichen, hat Schuler den Schulterschluss mit Kollegen aus sechs italienischen Provinzen und Regionen (Trentino, Emilia Romagna, Friaul-Julisch-Venetien, Lombardei, Piemont, Veneto) gesucht und einen Aktionsplan ausgearbeitet. Darin ist unter anderem vorgesehen, Einrichtungen zu schaffen, die sich um die Vermehrung dieser Nützlinge kümmern. Auch soll die Forschung dazu in den verschiedenen Regionen vernetzt und verstärkt werden.

“Die nächsten Schritte werden nun mit Landwirtschaftsministerin Teresa Bellanova und Umweltminister Sergio Costa abgestimmt”, kündigt Arnold Schuler an. Doch die Samurai-Wespe schert die Politik nicht. Bereits letztes Jahr wurde sie im Schweizer Tessin und in Norditalien nachgewiesen – eingeschleppt, wie einst die Marmorierte Baumwanze.