Politica | Russland - Medien

"Das ist Mord" (Это — убийств)

So verteidigte Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow seine Zeitung Nowaja Gaseta vor dem Obersten Gericht in Moskau. Hier seine Rede.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: nowaja gaseta

Die Zeitung Nowaja Gaseta ( (Новая газета)) wurde einst gemeinsam mit dem früheren Staatspräsidenten Michail Gorbatschow gegründet, um demokratische Leitlinien für Russland zu fördern. Am 15. September musste Chefredakteur Dmitri Muratow (( Дмитрий Муратов)) die Nowaja Gaseta vor dem Obersten Gericht in Moskau verteidigen.  
"Präventiver Mord", wählte Sergei Muratow als Titel für seine Rede. Muratow beschrieb einleitend die Leistungen, die die  Nowaja Gaseta für das Land und seine Menschen vollbrachte, auch im humanitären Bereich:
"Wissen Sie, als wir vor einem Problem standen, wie Kinder mit spinaler Muskelatrophie, die das teuerste Medikament der Welt brauchen (...) haben wir dieses Geld gesammelt".

Im Krieg in Tschetschenien rettete ein Kriegsberichterstatter der Nowaja Gaseta russische Soldaten aus tschetschenischer Gefangenschaft. Doch wurden Journalisten der Nowaja Gaseta auch ermordet: "Meine Kollegen wurden im Dienst getötet. Juri Schtschekochikhin. Anna Politkowskaja. Nastya Baburova, Rechtsanwalt Stas Markelov. Natascha Estemirowa. Igor Domnikow", erklärte Muratow.  
 

Protest gegen Urteil

Danach protestierte er deutlich gegen das Verfahren und die Entscheidungen des Gerichts:
"Ich bin nicht einverstanden mit dem, was Sie (der Vertreter der Zensurbehörde Roskomnadzor) sagten, dass dies ein präventives Verfahren ist. Das ist Mord".  Demnach werden die Leistungen der Nowaja Gaseta vernichtet, die nächstes Jahr ihr 30. Jubiläum feiern sollte.

Muratows Rede wurde auch auf Youtube veröffentlicht:
 

Верховный суд РФ постановил прекратить деятельность сайта «Новой газеты» в качестве СМИ, von НО.Медиа из России

Berufung wird eingelegt

Noch kann man Berichte und Kommentare über die Entscheidungen des russischen Gerichts auf der Website der Nowaja Gaseta lesen. Noch kann man im Internet die russische Domain der Nowaja Gaseta aufrufen: www.novayagazeta.ru

Der Text über die Rede von Chefredakteur Dmitri Muratow, der am 15. September veröffentlicht wurde, blieb aber der letzte Beitrag auf der Website.  Darin wird erklärt:
"Die Redaktion widerspricht der Entscheidung des Gerichts und wird dagegen Berufung einlegen. Während der Verhandlung kam der Richter unseren Anträgen nicht nach".

 Es kann sein, dass die Website der Nowaja Gaseta im Netz bleibt, bis das Gericht über die Berufung der Zeitung entschieden hat.

Kritik am Krieg in der Ukraine

Chefredakteur Dmitri Muratow ( Дмитрий Муратов) wurde im Dezember 2021 in Oslo noch der Friedensnobelpreis überreicht. Nur ein paar Monate später wurde Muratow mit schweren Angriffen der russischen Behörden konfrontiert.  Nach dem Beginn des aktuellen Angriffskrieges, den das Putin-Regime in der Ukraine durchführt. Die Redaktion der Nowaja Gaseta stand dabei deutlich auf der Seite der Ukraine. Schon bei der Okkupation der Krim, im März 2014, zeigte Chefredakteur Muratow offen und deutlich seine Kritik.  

In Russland dürfen die Medien nun für den Einmarsch in der Ukraine nicht mehr den Begriff "Krieg" verwenden, es soll von "spezieller militärischer Operation" (специальная военная операция) gesprochen werden. Journalisten, die sich an solche Anordnungen nicht halten, werden rasch als "ausländische Agenten" eingestuft.

Aufgrund der ausgeweiteten Zensurbestimmungen, die mit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine einsetzten, erklärte Muratow bereits im März, dass die Nowaja Gaseta ihre Tätigkeit in Russland einstellen werde. Es wurde die Nowaja Gaseta Europe gegründet, die Redaktion wurde in Lettland angesiedelt und soll weiterhin das Erscheinen kritischer Berichte sichern, die in Europa vorgelegt werden. Die erste Ausgabe  der Nowaja Gaseta Europe wurde Anfang Mai veröffentlicht.

Für die Website der europäischen Ausgabe wurde die Domain der Europäischen Union gewählt: .eu. Sie kann von den russischen Behörden nicht angegriffen werden: www.novayagazeta.eu

Links:

Nowaja Gaseta gesperrt.
Salto, 12. 9. 2022
Russisches Gericht verbietet Новая газета. Die demokratische Zeitung aus der Epoche von Gorbatschow. Chefredakteur Dmitrij Muratow erhielt 2021 den Friedensnobelpreis.

Feindpropaganda
Salto, 17. 7. 2022
Eine Desinformationskampagne soll westliche Medien überrollen. Unterstützer der Ukraine werden angegriffen. Die Europäische Union soll damit destabilisiert werden.
 

© Autor: Johannes Schütz, 2022