Politica | Wohnbauförderung

Der Kampf um die Punkte

Einschränkung des Bodenverbrauchs contra Eigenheim auf der grünen Wiese für die fleißigen Arbeiter. Der Richtungsstreit in der SVP scheint vorerst entschieden.
Deeg, Waltraud
Foto: ASP/Fabio Brucculeri
„Wir dürfen nicht erklären, dass wir uns für leistbaren Wohnraum einsetzen wollen – und dann die Versprechen nicht einhalten“, so Soziallandesrätin Waltraud Deeg, welche die Meinung vertritt, dass Wohnen die soziale Frage der Zukunft sein wird.
Wie berichtet, war ein Richtungsstreit um die Frage entbrannt, ob im geförderten Wohnbau die derzeit gültigen 23 Punkte auf 20 herabgesetzt werden sollen. Durch die Absenkung der Punkte-Hürde würden auch Interessenten aus der unteren Mittelschicht, die über der Einkommensgrenze liegen, sowie unter 28-Jährige in den Genuss der Förderungen kommen. Vor rund eineinhalb Wochen kam es in der SVP-Fraktionssitzung zu einer Abstimmung, in welcher sich die Mehrheit (7 Nein und 6 Ja) gegen die Reduzierung der Punkte aussprach.
Am vergangenen Dienstag nun hat sich der IV. Gesetzgebungsausschuss mit dem Landesgesetzesentwurf zur Wohnbauförderung befasst, der von den Landtagsabgeordneten Helmuth Renzler, Waltraud Deeg, Mgdalena Amhof und Paula Bacher eingebracht wurde. Die wichtigste Änderung betrifft dabei die Senkung der erforderlichen Punktezahl für die Wohnbauförderung von 23 auf 20. Die 20 Punkte sollen einheitlich sowohl für den Bau, als auch den Kauf gelten. Der Ausgang ist allerdings keine große Überraschung, sind in diesem Gesetzgebungsausschuss mit Paula Bacher, Helmuth Renzler, Franz Thomas Locher und Manfred Vallazza genau jene SVP-Exponenten vertreten, die auch in der bereits erwähnten Fraktionssitzung für die Senkung der Punkte eintraten.
 
 

Keine Doppelfinanzierung

 
Wie Landesrätin Deeg erklärt, sei es nicht Aufgabe der Landesregierung, den Bürgern von oben herab zu erklären, wie sie ihre Lebensplanung zu gestalten hätten. „Wenn sich jemand den Traum von einem Eigenheim erfüllen möchte, dann sollten wir ihm diesen Weg öffnen“, so Deeg, die davon überzeugt ist, dass man den Bürgern für die kommenden Jahre Planungs- und Rechtssicherheit geben müsse. Auf den Standpunkt von Maria Hochgruber Kuenzer, Landesrätin für Raumordnung und Denkmalpflege, angesprochen, welche die Wiedergewinnung und Neu-Nutzung von Bestandskubatur in den Fokus rücken möchte, entgegnet Deeg, dass dafür bereits genügend Möglichkeiten in Form von Steuerabschreibungen zur Verfügung stehen.
 
Wenn sich jemand den Traum von einem Eigenheim erfüllen möchte, dann sollten wir ihm diesen Weg öffnen.
 
Eine gleichzeitige Absenkung der Punkte von 20 auf 17 Punkten beim Kauf einer Wohnung oder Förderungen im Falle von Sanierungsmaßnahmen käme somit einer Doppelfinanzierung gleich. „Die Frage ist jedoch, wie die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel am sinnvollsten ausgegeben werden sollen“, so Deeg. Klamme Haushaltskassen zwingen dazu, Prioritäten zu setzen – und eben nicht die Bestandsnutzung zu fördern, wo ohnehin genügend Förderungsmöglichkeiten vorhanden sind. Dass gerade von Bauernvertretern, welche Steuerabsetzbeträge nicht oder in geringerem Ausmaße nutzen können, die Strategie „Braun vor Grün“ vertreten wird, sei nachvollziehbar, so Deeg, allerdings benachteilige sie die Arbeitnehmer und all jene, welche nicht über Grund und Boden verfügten. Ziel und Inhalt des geförderten Wohnbaus sei es schließlich, ebendiesen Bürgern diese Möglichkeit zu bieten.
 

Diktat der Bauernfaktion?

 
Die Frage nach dem „leistbaren Baugrund“ ist allerdings unmittelbar an das Raumordnungsgesetz gekoppelt. Mit dem neuen Gesetz trat auch die Vorgabe in Kraft, wonach die Gemeinden Entwicklungskonzepte erstellen müssen, in deren Rahmen eine Abgrenzung der Siedlungsgrenzen vorgenommen wird. Die Gemeinde definiert damit die Grenzen, innerhalb derer sich die Siedlung im Zeitraum der nächsten zehn Jahre entwickeln wird. Im Grunde genommen bedeutet das: enge Grenzen – wenig Bauland, weite Grenzen – mehr Bauland. An dieser Frage scheiden sich mittlerweile die Geister: Einschränkung des Bodenverbauchs contra Anspruch der fleißigen Arbeiter auf ein Eigenheim. „Wenn das Angebot sehr reduziert wird, wird die Nachfrage dementsprechend steigen – diese ist bereits sehr hoch, nicht nur aus dem In-, sondern auch aus dem Ausland. Die Grunstückspreise ergeben sich immer aus dem Angebot und der Nachfrage“, erklärt Soziallandesrätin Deeg, die sich dafür ausspricht, die Siedlungsgrenzen so abzustecken, dass sowohl eine Wohnraum-, als auch Wirtschaftsperspektive gegeben sind.
 
 
 
Das Ziel müsse auf die soziale Ausgewogenheit und auf die gerechte Verteilung des Wohlstandes gelegt werden, dies beinhaltet auch, den Arbeitnehmern die Perspektive auf eine eigene Wohnung zu geben. Diese Perspektive wird jedoch kleiner, wenn sich das Angebot von Baugrund auf einen engen Radius konzentriert. „Die Auswirkungen dieser Entwicklung können wir bereits sehen, weil die Preise für Baugrund effektiv gestiegen sind“, so Deeg, die auf das Problem der Spekulationen hinweist. Es sei absehbar, dass sich Investoren, die über das nötige Kleingeld verfügen, das sogenannte Bauerwartungsland, also jenen Grund und Boden, der innerhalb der Siedlungsgrenzen liegt, sichern werden. „Viele Arbeitnehmer wie Krankenpfleger und Bauarbeiter fallen bereits heute aus den Sozialleistungen heraus, weil ihr Einkommen zu hoch ist. Sie werden ihr Eigenheim auf der grünen Wiese nicht realisieren können“, so Deeg.
Die Debatte, wie weit oder eng die Siedlungsgrenzen zu ziehen sind, läuft gerade auf Hochtouren. Diese soll nach Meinung der Soziallandesrätin jedoch in der Gemeinde geführt werden, Einschränkungen von außen und Vorgaben seien nicht sinnvoll.