Politica | Covid-19

Südtirols schärfere Regeln

Der Landeshauptmann hat die neuen staatlichen Verbote für Südtirol weiter verschärft. Die Intensivbetten wurden verdoppelt, für lokale Abgaben kommen neue Fälligkeiten.
Bank Bozen
Foto: Salto.bz

Infolge des Ministerialdekrets, das Gesundheitsminister Roberto Speranza am Freitag erlassen hat, hat auch Landeshauptmann Arno Kompatscher eine neue Verordnung unterzeichnet. In Südtirol gelten nun zum Teil noch restriktivere Einschränkungen als die weiter verschärften Maßnahmen auf Staatsebene.

  • So dürfen etwa jene Geschäfte, die noch offen sind – jene zur Deckung der Grundversorgung wie Supermärkte, Apotheken, Zeitungshändler u.a. –, bis maximal 19 Uhr geöffnet halten.
  • Diese Woche haben sich beinahe alle großen Supermarktketten darauf geeinigt, zumindest am morgigen Sonntag (22. März) nicht aufzusperren. Laut der neuen Verordnung des Landeshauptmannes müssen bis auf weiteres sämtliche Läden sonntags geschlossen bleiben, auch alle Lebensmittelgeschäfte.
  • Laut dem neuesten Ministerialdekret war der Barbetrieb zumindest in Krankenhäusern und Bahnhöfen noch gestattet. In Südtirol müssen alle Barbetriebe schließen. Einzige Ausnahme: jene Autobahnraststätten, die nur Produkte zum Mitnehmen verkaufen können – diese müssen aber außerhalb des Geländes konsumiert werden.
  • Das Verbot, Spiel- und Freizeitaktivitäten im Freien durchzuführen, gilt so wie vom Ministerialdekret vorgesehen auch in Südtirol. Weiterhin erlaubt ist es, alleine körperliche Aktivität in der Nähe der eigenen Wohnung durchzuführen – mit der Auflage, dass ein Mindestabstand von drei Metern zu jeder anderen Person eingehalten wird.
  • Es gilt ein Verbot, öffentliche Bänke zu nutzen. Die gemeindlichen und übergemeindlichen Rad- und Radtourenwege sind für den Verkehr geschlossen – ausgenommen sind die Bewegungen, die aufgrund von Arbeitserfordernissen notwendig sind.
  • Der öffentliche Transport wird auf das minimal Notwendige reduziert. Ab Montag (23. März) tritt ein neuer, weiter reduzierter Fahrplan in Kraft. An Bord werden keine Fahrttickets verkauft.
  • Außerdem hat Arno Kompatscher verfügt, dass sämtliche Produktionstätigkeiten in Betrieben, die nicht systemrelevant sind, ausgesetzt werden.
  • Auch im medizinischen Bereich hat der Landeshauptmann nachgeschärft: Für Personen mit Symptome einer Atemwegsinfektion und Fieber über 37,5° ist es verboten, das Haus zu verlassen. Sie müssen sich umgehend selbst isolieren, soziale Kontakte meiden und ihren Hausarzt kontaktieren. Auf staatlicher Ebene ist dieses Verhalten empfohlen – in Südtirol vorgeschrieben.

Weiters kündigt Kompatscher am Samstag an, dass die Fälligkeiten zur Zahlung von lokalen Abgaben wie die Gemeindeimmobiliensteuer GIS oder Tarife auf Gemeindeebene (z.B. Trinkwasser- oder Müllgebühren) bis Ende des Jahres bzw. Herbst verlängert werden.

 

Neue Tote und neue Intensivbetten

 

Am Montag findet zudem eine außerordentliche Sitzung des Euregio-Vorstandes statt, um über aktuelle Entwicklungen und Strategien in der Corona-Krise zu beraten. “Es wird eine virtuelle Sitzung per Videokonferenz sein”, präzisiert Kompatscher. Er tausche sich täglich mit dem Trentiner und dem Tiroler Landeshauptmann aus. Tirol registriert aktuell – Stand Samstagfrüh – 720 Infizierte. Im Trentino wurden bislang 1.306 Personen positiv getestet. 27 verstarben, 15 davon alleine am heutigen Samstag.

In Südtirol ist Zahl der Toten, die mit dem Coronavirus infiziert waren, ist im Laufe des Samstages auf 26 angestiegen. Die Gesamtzahl der in Südtirol infizierten Personen beläuft sich auf 623. Insgesamt 5.179 Abstriche von 3.501 Personen wurden bislang untersucht. Italienweit sind in den vergangenen 24 Stunden weitere 793 Personen verstorben. Die Gesamtzahl der Corona-Toten steigt damit auf 4.825. 42.681 sind derzeit nachgewiesen mit dem Virus infiziert.

Auch die Zahl der in den Südtiroler Krankenhäusern behandelten Patienten steigt: Derzeit werden 173 Personen mit Covid-19-Infektion stationär behandelt; in den Intensivstationen der Krankenhäuser liegen 32 Patienten mit Covid-19-Infektion. Damit gibt es genauso viele Covid-19-Intensivpatienten wie es im Durchschnitt Intensivbetten in den vergangenen Jahren südtirolweit gab. Was hat sich getan seit offensichtlich wurde, dass Südtirol von der Corona-Krise nicht verschont bleiben wird?

“Aufgrund der herrschenden Ausnahmesituation haben wir einen dynamischen Bettenplan erstellt, um bestimmte Abteilungen zu entlasten und die Kapazität an Intensivbetten auszuweiten”, erinnert Gesundheitslandesrat Thomas Widmann auf Nachfrage von salto.bz am Samstag Nachmittag. “Momentan gibt es 60 Intensivbetten. Wir haben die Anzahl also verdoppelt.” Gelungen sei das unter anderem, indem man die Reha-Abteilung des Bozner Krankenhauses in zwei private Strukturen – die Kliniken Bonvicini und Villa Melitta – verlegt habe. “Dadurch haben wir 12 Intensivbetten dazu gewonnen”, so Widmann. Und es gebe weitere Kapazitäten, die man noch ausschöpfen könne. Wo und wann neue Intensivbetten entstehen, kann der Landesrat zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Sein Appell bleibt derselbe wie seit Tagen: “Bleiben Sie so weit als möglich zu Hause!” Kommende Woche werden die ersten Auswirkungen der massiven Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens zu sehen sein – “wenn sich die Bevölkerung daran gehalten hat, wird sich die Kurve der neu Infizierten senken; wenn nicht, wird die Notfallmedizin, die Patienten- und die Grundversorgung im Sanitätssystem an die Grenzen stoßen”.